Samstag, 21. Juli 2018

Produktivkräfte des Kapitals.

 
Die Produktivität des Kapitals besteht zunächst, die formelle Subsumtion betrachtet, bloss in dem Zwang zur Sur- plusarbeit; ein Zwang, den die kapitalistische Produktionsweise mit frühern Produktionsweisen teilt, aber in einer der Produktion günstigeren Form ausübt.

Selbst das bloss formelle Verhältnis betrachtet, die allgemeine Form der kapitalistischen Produktion, die ihre min- der mit ihrer mehr entwickelten Weise teilt, erscheinen die Produktionsmittel, die sachlichen Arbeitsbedingungen, nicht als dem Arbeiter, sondern er ihnen subsumiert. Capital employs labour. Schon dies Verhältnis in seiner |80| Ein- fachheit Personifizierung der Sachen und Versachlichung der Personen.

Komplizierter aber und scheinbar mysteriöser wird das Verhältnis, indem mit der Entwicklung der spezifisch kapitalistischen Produktionsweise, nicht nur diese Dinge – diese Produkte der Arbeit, als Gebrauchswerte wie als Tauschwerte – sich dem Arbeiter gegenüber auf die Füsse stellen und ihm als „Kapital“ gegenübertreten, sondern der gesellschaftlichen Form der Arbeit sich als Entwicklungsformen des Kapitals darstellen und daher die so entwickelten Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit als Produktivkräfte des Kapitals. Als solche gesell- schaftliche Kräfte sind sie der Arbeit gegenüber „kapitalisiert“


In der Tat ist die gemeinschaftliche Einheit in der Kooperation, die Kombination in der Teilung der Arbeit, die Anwendung der Naturkräfte und Wissenschaften, der Produkte der Arbeit als Maschinerie – alles dies tritt den einzelnen Arbeitern als fremd, sachlich, vorgefunden, ohne und oft gegen ihr Zutun da, selbständig gegenüber, als blosse Daseinsformen der von ihnen unabhängigen und sie beherrschenden Arbeitsmittel, soweit sie sachlich, und den im Kapitalisten oder seinen understrappers (Repräsentanten) inkarnierten Einsicht und Willen des Gesamt- ateliers, soweit dies durch ihre eigne Kombination gebildet – als Funktionen des Kapitals, das im Kapitalisten lebt. 

Die gesellschaftlichen Formen ihrer eignen Arbeit – subjektiv-objektiv – oder die Form ihrer eignen gesell- schaftlichen Arbeit sind von den einzelnen Arbeitern ganz unabhängig gebildete Verhältnisse; die Arbeiter als unter das Kapital subsumiert, werden Elemente dieser gesellschaftlichen Bildungen, aber diese gesellschaftli- chen Bildungen gehören nicht ihnen. Sie treten ihnen daher gegenüber als Gestalten des Kapitals selbst, als im Unterschied von ihrem vereinzelten Arbeitsvermögen dem Kapital gehörige, aus ihm entspringende und ihm einverleibte Kombinationen. 

Und dies nimmt um so realere Form an, je mehr einerseits ihr Arbeitsvermögen selbst durch diese Formen so modifiziert wird, dass es in seiner Selbständigkeit, also ausser diesem kapitalistischen Zusammenhang ohnmäch- tig wird, seine selbständige Produktionsfähigkeit gebrochen wird, andrerseits mit der Entwicklung der Maschi- nerie auch technologisch die Bedingungen der Arbeit als die Arbeit beherrschend erscheinen und zugleich sie ersetzen, unterdrücken, überflüssig machen in ihren selbständigen Formen. 

In diesem Prozess, worin die gesellschaftlichen Charaktere ihrer Arbeit ihnen gewissermassen kapitalisiert gegen- übertreten – wie z.B. in der Maschinerie die sichtbaren Produkte der Arbeit als Beherrscher der Arbeit er- scheinen – findet natürlich dasselbe statt für die Naturkräfte |81| und die Wissenschaft, das Produkt der allge- meinen geschichtlichen Entwicklung in ihrer abstrakten Quintessenz – sie treten ihnen als Mächte des Kapitals gegenüber. Sie trennen sich in der Tat von dem Geschick und der Kenntnis des einzelnen Arbeiters – und ob- gleich sie an ihrer Quelle betrachtet wieder das Produkt der Arbeit sind – erscheinen sie überall, wo sie in den Arbeitsprozess eintreten, als dem Kapital einverleibt

Der Kapitalist, der eine Maschine anwendet, braucht sie nicht zu verstehn. (Sieh Ure). Aber in der Maschine er- scheint die realisierte Wissenschaft als Kapital den Arbeitern gegenüber. Und in der Tat erscheinen alle diese auf gesellschaftliche Arbeit begründete Anwendung von Wissenschaft, Naturkraft und Produkte der Arbeit in grossen Massen, ja selbst nur als Exploitationsmittel der Arbeit, als Mittel Surplusarbeit anzueignen, daher als dem Kapital angehörige Kräfte gegenüber der Arbeit. Das Kapital wendet natürlich alle diese Mittel nur an, um die Arbeit zu exploitieren, aber, um sie zu exploitieren, muss es sie auf die Produktion anwenden. Und so erscheint die Ent- wicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit und die Bedingungen dieser Entwicklungen, als Tat des Kapitals, zu der sich der einzelne Arbeiter nicht nur passiv verhält, sondern die im Gegensatz zu ihm vorgehn. 
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aus Karl Marx, Resultate des unmittelbaren Produktionsprozesses, Archiv sozialistischer Literatur 17, Neue Kritik, Frankfurt a.M. 1968, S. 79ff. 



Nota. - Natürlich scheint es nur so, als seien die allgemein gesellschaftlichen Pruktivkräfte von Teilung und Kom- bination des Arbeit Leistungen des Kapitals selbst; doch scheint es so, weil es das Kapital ist, das sie hervorruft; ein anderer hätte und hat es nicht getan. Der Fischer hat den Fisch, der auf meinen Tisch kommt, nicht selbst gemacht. Aber er hat ihn an Land gezogen.
JE 


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