Samstag, 13. Mai 2017

Wird die Logik wie der Wert im verallgemeinerten Verkehr ermittelt?



Einigen unter den Kennern und Liebhabern ist aber aufgefallen: Im reellen Prozess des Warenverkehrs wird als Tauschwert schließlich und endlich eine reelle Größe ermittelt - nämlich der Anteil am gesellschaftlichen Gesamt- arbeitstag, der in der Ware jeweils vergegenständlicht ist. Das ist ein tatsächliches, historisches Verhältnis, das aber außerhalb dieses reellen Vermittlungsprozesses nie und nirgends in Erscheinung tritt.

Gibt es eine ähnliche feste Größe, um die kreisend die Logik sich aus dem geistigen Verkehr der Menschen ausgemittelt hätte? Die also der Logik logisch vorausgeht? Das könnte doch nur das Projekt eines intelligenten Designers sein! Dem läge wiederum gar nichts irgend Zwingendes zu Grunde; es wäre ein reiner Willkürakt ohne alle Logik.

Aber so ist es nicht. Der Tauschwert - Wert - der Ware ist etwas Sachliches: das wirkliche, tätige Verhältnis lebendiger Menschen, die ihre Produkte tauschen unter der Bedingung prinzipiell knapper Ressourcen - und unter der Bedingung, dass der Stoffwechsel der Menschen mit der Natur und miteinander in ganz überwiegen- der Weise in der Nutzung und dem Verzehr von Gegenständen geschieht, die (nur) durch menschliche Arbeit erzeugt werden können. Ob das der Fall ist oder nicht, ist ausschließlich historisch bedingt und muss wie jedes historische Datum empirisch überprüfbar sein.

Was der Logik 'zugrunde liegt', ist aber nicht eine Wirkursache, sondern eine Zweckursache. Sie soll es möglich machen, dass ein gedankliches Argument jederzeit einem jeden so mitteilbar ist, dass es ihm so einleuchtet, wie es dem Absender eingeleuchtet hat (ohne Informationsverlust, clare et distincte, usw. usw. ...) Das kann sich nur erweisen, indem man es versucht. 

Ein solches Verfahren heißt problematisch. Der Zweck ist gegeben, aber als reine Form: Es soll Übereinstimmung hergestellt werden. Er ist Postulat; Projekt.  

Ob das Argument Übereinstimmung erlaubt, ist immer noch eine materiale Frage, die geprüft wird im Akt des Mitteilens selbst: Hält das Material den Mühsalen der Mitteilung stand? Das ist an vielen Materialen und vielen Übermittlungsweisen auszuprobieren, man kann nicht das eine überprüfen ohne das andere: Es ist ein unun- terbrochener, sich ständing erneuernder Prozess; der niemals endende geistige Verkehr eben.

Dass er schließlich zu einem ('einstweilen definitiven') Ergebnis kommt, liegt daran, dass sie 'letzten Ende beide aus demselben Stoff' gemacht sind: der Intentio, der Absicht der miteinander verkehrenden Subjekte. Wobei sich das einstweilen definitive, aber konkrete Ergebnis an dem absoluten, aber als solchem unbestimmten End- zweck, der Endzweck wiederum
an den konkret-vermittelten Zwischenzwecken bewährt; diese an jenem for- mal, jener an ihnen material.

im Herbst 2015 



Die Analogie zum Wertgesetz springt ins Auge. Dabei ist dieses im engsten Sinne materiell, die Logik aber rein... logisch und ideell. Beide beruhen auf Voraussetzungen. Dieses auf materiellen, jene auf ideellen.

Die materiellen Voraussetzungen des Wertgesetzes sind, dass das gesellschaftliche Leben von einer Knappheit an Lebensmitteln bestimmt wird, die ihrerseits durch Arbeit jederzeit vermehrt werden können; und dass das Material und die Instrumente der Arbeit bei einer bestimmten Gruppe von Individuen monopolisiert ist, so- dass alle Gesellschaftsangehörigen auf gegenseitigen Austausch angewiesen sind, weil das Arbeitsprodukt stets als Ware erscheint. Daraus ergeben sich alle andern Bestimmungen, die unterm Strich das Wertgesetz ausma- chen.

Die Voraussetzung der Logik ist - was sie nicht ahnt - eine pragmatische: Es soll absolute Geltung geben. Damit es sie gibt, werden die Bedingungen herausgefunden, unter denen ein logisches Datum - ein Satz - gilt. Sind die Bedingungen gegeben, ist die Geltung absolut. Nur so ist ein verallgemeinerter Austausch von Gedachtem mög- lich.

Ist er aber nötig? Die Waren müssen vom Produzenten an die Konsumenten gelangen, das ist notwendig, damit die Gesellschaftsangehörigen Mittel zum Leben finden. In gewissem Maß ist dazu freilich ein Austausch von Gedachtem unerlässlich. Tatsächlich befasst sich aber der Austausch von Gedachtem in allen Gesellschaften, von den primitivsten Jäger- und Sammlerstämmen bis zu den postindustriellen Gemeinwesen der digitalen Re- volution, mit weit mehr als der Produktion und Verteilung materieller Güter. Letzteres wird in den kommenden Generationen immer mehr zur Angelegenheit intelligenter Maschinen werden. Wüssten wir uns nur um unsere materiellen Belange zu verständigen, stünden wir dann dumm da, aber zum Glück wissen wir viel mehr.

Ein Glück ist es, denn eine Gesetzmäßigkeit ist darin nicht zu erkennen. Es ist eine augenfällige Selbstverständ- lichkeit - das ja -, dass die Menschen, wenn sie das Denken schonmal erfunden haben, damit alles Mögliche ver- suchen und schaffen würden: So sind wir eben. Aber notwendig war es ja gerade nicht. Möglich wird dieses oder jenes, weil wir... die Freiheit haben, es zu versuchen, und selbstverständlich ist uns nur, dass wir diese Freiheit haben und immer hatten. Denn wenn sich der Philosoph gelegentlich auch fragt, ob die Freiheit nicht unser Fluch ist, muss er doch dem Faktum ins Auge schauen, dass wir ihrer Versuchung immer und immer wieder erliegen. Und dass wir das Beste, was man über unsre Auftritte in der Geschichte sagen kann, ihr verdanken.