Ursprüngliche Akkumulation.

Wie das Kapital entstand.


❲Das 3te Moment, das zu entwickeln ist in der Formung des Begriffs des Capitals, ist die ursprüngliche Accumula-tion der Arbeit gegenüber, also auch die gegenstandslose Arbeit der Accumulation gegenüber. Das erste Moment ging aus vom Werth, als aus der Circulation herkommend und sie voraussetzend. Es war der einfache Begriff des Capitals; das Geld, wie es unmittelbar zum Capital fortbestimmt wird; das zweite Moment ging vom Capital als Voraussetzung der Production und Resultat derselben aus; das dritte Moment sezt das Capital als bestimmte Einheit der Circulation und Production. 

Es ist zu unterscheiden zwischen der Accumulation der Capitalien; diese sezt voraus Capitalien; das Verhältniß des Capitals als daseiend und unterstellt also auch seine Beziehungen zur Arbeit, Preissen (capital fixe und circulant), Zins und Profit. Aber das Capital, um zu werden, sezt eine gewisse Accumulation voraus; die schon im selbstständigen / Gegensatz der vergegenständlichten Arbeit gegen die lebendige liegt; im selbstständigen Be-stehn dieses Gegensatzes. Diese Accumulation, die zum Werden des Capitals nöthig, die also schon als Voraussetzung – als ein Moment – in seinen Begriff aufgenommen ist, ist zu unterscheiden wesentlich von der Accumulation des als Capital gewordnen Capitals, wo schon Capitalien vorhanden sein müssen.❳ 
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Grundrisse, MEGA II/1.1  S. 236f.  [MEW 42, S. 239] 



Wie das Kapital auf eigne Füße kam.

The Swamp Thing emerging

I. Das Geheimnis der ursprüngliche Akkumulation

Man hat gesehn, wie Geld in Kapital verwandelt, durch Kapital Mehrwert und aus Mehrtwert mehr Kapital gemacht wird. Indes setzt die Akkumulation des Kapitals den Mehrwert, der Mehrwert die kapitalistische Pro- duktion, diese aber das Vorhandensein größerer Massen von Kapital und Arbeitskraft in den Händen von Warenproduzenten voraus. 


Diese ganze Bewegung scheint sich also in einem fehlerhaften Kreislauf herumzudrehn, aus dem wir nur hin- auskommen, indem wir eine der kapitalistischen Akkumulation vorausgehende "ursprüngliche" Akkumulation ("previous accumulation" bei Adam Smith) unterstellen, eine Akkumulation, welche nicht das Resultat der kapi- talistischen Produktionsweise ist, sondern ihr Ausgangspunkt. ... /

Das Kapitalverhältnis setzt die Scheidung zwischen den Arbeitern und dem Eigentum an den Verwirklichungs- bedingungen der Arbeit voraus. Sobald die kapitalistische Produktion einmal auf eignen Füßen steht, erhält sie nicht nur diese Scheidung, sondern reproduziert sie auf stets wachsenden Stufenleiter. 

Der Prozess, der das Kapitalverhältnis schafft, kann also nichts andres sein, als der Scheidungsprozess des Ar- beiters vom Eigentum an seinen Arbeitsbedingungen, ein Prozess, der einerseits die gesellschaftlichen Lebens- und Produktionsbedingungen in Kapital verwandelt, andrerseit die unmittelbaren Produzenten in Lohnarbeiter. Die sog. ursprüngliche Akkumulation ist also nichts als der historische Scheidungsprozess von Produzent und Produktionsmittel. Er erscheint als "ursprüngleich", weil er die Vorgeschichte des Kapitals und der ihm ent- sprechenden Produktionsweise bildet.
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Das Kapital III, MEW 25, S. 741f.




Das Kapital muss zum System erst werden...

 Spektrum der Wissenschaft

Es ist zu bedenken, daß die neuen Productivkräfte und Productionsverhältnisse sich nicht aus Nichts entwickeln, noch aus der Luft, noch aus dem Schooß der sich selbst setzenden Idee; sondern innerhalb und gegensätzlich gegen vorhandne Entwicklung der Production und überlieferte, traditionelle Eigenthumsverhältnisse. 

Wenn im vollendeten bürgerlichen System, jedes ökonomische Verhältniß das andre in der bürgerlich-ökonomischen Form voraussezt und so jedes Gesezte zugleich Voraussetzung ist, so ist das mit jedem organischen System der Fall. Dieß organische System selbst als Totalität hat seine Voraussetzungen und seine Entwicklung zur Totalität besteht eben [darin]alle Elemente der Gesellschaft sich unterzuordnen, oder die ihm noch fehlenden Organe aus ihr heraus zu schaffen. Es wird so historisch zur Totalität. Das Werden zu dieser Totalität bildet ein Moment seines Prozesses, seiner Entwicklung. 
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Grundrisse, MEGA II/1.1, S. 201 [MEW 42, S. 203] 


Nota I.  Die bürgerliche Gesellschaft aufzufassen als System, zumal in Analogie zu einem organischen Gebilde, war eigentlich das Ausgangsdogma der Politischen Ökonomie (Quesnay, Blutkreislauf); eine Mystifikation, die die Kritik eigentlich zu zerstreuen hätte. 

Wir sind hier aber noch in Heft II des Manuskripts, noch ist sich Marx gar nicht im Klaren, dass er an einer Kritik arbeitet, er meint noch, die Politische Ökonomie lediglich darstellen (und vollenden) zu sollen. Aber er tut schon mehr als das: Dass die bürgerliche Wirtschaftsweise zum System erst werden muss, war eben der Schamteil der Politischen Ökonomie, über den sie nur hinter vorgehaltener Hand ein paar undeutliche Worte raunte. Das Kapital muss sich die sachliche Voraussetzung, auf der es beruht, selber erst schaffen.

M. ist auch schon nahe am springenden Punkt: Die Stelle steht in dem Abschnitt, wo er das Grundeigentum behandelt und die Notwendigkeit für das Kapital, die Landbevölkerung von Grund und Boden und ihren natürlichen Arbeitsmitteln zu trennen; es muss also das Grundeigentum zuerst in bürgerliches Grundeigentum verwandeln. – Bis er darin aber das Geheimnis der "sogenannten ursprünglichen Akkumulation" erkennt, wird es noch ein paar weitere Manuskripthefte brauchen.

Nota II. - Wir sind hier noch in Heft II des Ms.; noch ist Marx weit entfernt von der Einsicht in die "ursprüngli che Akkumulation des Kapitals", die in Wahrheit nur die Enteignung des werktätigen Landvolks von seinem Grund und Boden war. Noch meint er auch, mit einer  womöglichen kritischen  Vollendung des Klassischen Systems der Politische Ökonomie befasst zu sein, statt mit seiner Sprengung

System  das ist das Schlüsselwort. Die Klassische Politische Ökonomie gerierte sich als ein (theoretisches) 'System', weil sie behauptete, das treue gedankliche Abbild eines realen Systems zu sein: der auf dem Wertgesetz beruhenden bürgerlichen Gesellschaft. 

Das ist die Grundmystifikation: Lässt sich die bürgerliche Gesellschaft theoretisch darstellen als eine um den Äquivalententausch kreisende Totalität, dann erscheint sie nicht nur logisch begründet, sondern auch politisch-moralisch gerechtfertigt. Denn dies war das Ziel der Politischen Ökonomen seit den Physiokraten: die bürgerliche Gesellschaft darzustellen als die endlich gefundene 'organische' Form der Arbeitsteilung, der das menschliche Zusammenleben "von Natur aus" zustrebt, wenn es nur einmal von seinen feudalen und klerikalen Schlacken befreit sein würde. Der  buchstäblich  springende Punkt ist aber gerade das "Werden zu dieser Totalität", das Marx (im sog. Formenkapitel) schließlich wird darstellen müssen. 
JE 





Die Bedingungen für die Entstehung des Systems sind nicht die Regeln seines Fortbestands.


Wenn z. B. das Weglaufen der Leibeignen in die Städte eine der historischen Bedingungen und Voraussetzungen des Städtewesens ist, so ist es keine Bedingung, kein Moment der Wirklichkeit des ausgebildeten Städtewesens, sondern gehört zu seinen vergangnen Voraussetzungen, den Voraussetzungen seines Werdens, die in seinem Dasein aufgehoben sind. Die Bedingungen und Voraussetzungen des Werdens, des Entstehns des Capitals unterstellen eben, daß es noch nicht ist, sondern erst wird; sie verschwinden also mit dem wirklichen Capital, mit dem Capital das selbst, von seiner Wirklichkeit ausgehend, die Bedingungen seiner Verwirklichung sezt. 

So z. B. wenn bei dem ursprünglichen Werden des Geldes oder des für sich seienden Werths zu Capital eine Accumulation – sei es durch Ersparung an den durch eigne Arbeit geschaffnen Producten und Werthen etc – auf Seiten des Capitalisten vorausgesezt ist, die er als Nichtcapitalist vollbracht hat – wenn also die Voraus- setzungen des Werdens des Geldes zu Capital als gegebne äussere Voraussetzungen für die Entstehung des Capitals erscheinen – so, sobald das Capital als solches geworden ist, schafft es seine eignen Voraussetzungen, nämlich den Besitz der realen Bedingungen für Schöpfung von Neuwerthen ohne Austausch – durch seinen eignen Productionsprocess. 

Diese Voraussetzungen, die ursprünglich als Bedingungen seines Werdens erschienen – und daher noch nicht von seiner Action als Capital entspringen konnten – erscheinen jezt als Resultate seiner eignen Verwirklichung, Wirklichkeit, als gesezt von ihm – nicht als Bedingungen seines Entstehens, sondern als Resultate seines Daseins. Es geht nicht mehr von Voraussetzungen aus, um zu werden, sondern ist selbst vorausgesezt, und von sich ausgehend, schafft die Voraussetzungen seiner Erhaltung und Wachsthums selbst. 
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Grundrisse, MEGA II/1.2,  S. 368 [MEW 42, S. 372]


Nota.  Der 'Grund' eines Systems liegt außerhalb seiner und kommt in ihm nicht vor, und die immanente, "logische" Analyse kann ihn nicht ergründen Dieser Gedanke kommt in der ontologischen Dialektik Hegels natürlich nicht vor: Da ist durchgehend das Eine, als Substanz gefasste Große Subjekt am Wirken. Nun ist Hegels Dialektik eine dogmatische Parodie der kritischen, analytisch-synthetischen Methode Fichtes. Der Gedanke, dass der Grund eines Systems nur außerhalb seiner gefunden werden kann, ist dort ein durchgängiges Denkmotiv. Wer das, was an Hegel allenfalls brauchbar ist, vom Kopf auf die Füße stellen will, wird sich bei Fichte wiederfinden.
JE



Auf der Suche nach der ursprünglichen Akkumulation.

businessblogs

Was uns zunächst hier angeht, ist dieß: der Auflösungsprocess, der eine Masse Individuen einer Nation etc in δυνάμει freie Lohnarbeiter, – nur durch ihre Eigenthumslosigkeit zur Arbeit und zum Verkauf ihrer Arbeit gezwungne Individuen – verwandelt, unterstellt auf der andren Seite, nicht daß die bisherigen Einkommenquellen und zum Theil Eigenthumsbedingungen dieser Individuen verschwunden sind, sondern umgekehrt daßnur ihre Verwendung eine andre geworden, die Art ihres Daseins sich verwandelt hat, als freier fonds in andre Hände übergegangen oder auch zum Theil in denselben geblieben ist. 

Aber so viel ist klar: derselbe Process der eine / Menge Individuen von ihren bisherigen – d'une manière ou d'une autre – affirmativen Beziehungen zu den objectiven Bedingungen der Arbeit geschieden, diese Beziehungen negirt, und diese Individuen dadurch in freie Arbeiter verwandelt hat, derselbe Process hat diese objectiven Bedin-gungen der Arbeit – Grund und Boden, Rohmaterial, Lebensmittel, Arbeitsinstrumente, Geld oder alles dieß – δυνάμει frei gemacht von ihrem bisherigen Gebundensein an die nun von ihnen losgelösten Individuen. Sie sind noch vorhanden, aber in andrer Form vorhanden: als freier fonds, an dem alle alten politischen etc relations aus-gelöscht, und die nur noch in der Form von Werthen, an sich festhaltenden Werthen, jenen losgelösten Eigenthumslosen Individuen gegenüberstehn. 

Derselbe Process der die Masse als freie Arbeiter den objektiven Arbeitsbedingungen gegenübergestellt, hat auch diese Bedingungen als Capital den freien Arbeitern gegenübergestellt. Der historische Process war die Scheidung bisher verbundner Elemente – sein Resultat ist daher nicht, daß eins der Elemente verschwindet, sondern daß jedes derselben in negativer Beziehung auf das andre erscheint – der freie Arbeiter (der Möglichkeit nach) auf der einen Seite, das Capital (der Möglichkeit nach) auf der andren. Die Scheidung der objektiven Bedingungen von Seiten der Klassen, die in freie Arbeiter verwandelt worden, muß ebenso sehr als eine Verselbstständi-gung dieser selben Bedingungen am entgegengesezten Pol erscheinen. 
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Grundrisse, MEGA II/1.2  S. 405f. [MEW 42, S. 411f.]


Nota.  Schon an der Häufung der Unterstreichungen wird deutlich, wie schwer M. ums Verstehen ringt: auf der einen Seite das Hegel'sche Dogma vom "Umschlagen" der Begriffe, von dem er offenbar nicht loskommt, und auf der andern Seite die selbst auferlegte Erfordernis, das wirkliche Geschehen in seiner sinnlichen, materiellen Erscheinung darzustellen. 

Stofflich sind noch alle Elemente da: "objektive Arbeitsbedingungen", jedesmal unterstrichen. Zuerst gehören sie dem Arbeiter, freilich in der spezifischen Weise, dass auch er ihnen gehört: Sie sind einander-Angehörige. Dann sind dieselben objektiven Arbeitsbedingungen von den arbeitenden Individuen losgelöst und werden monopolisiert in den Händen einer andern Klasse; werden zu Kapital. Es hilft kein dialektisches Räsonnieren über die Abenteuer des Begriffs Arbeitsbedingung; zu erklären ist ihr ganz realer Übergang aus den Händen der einen in die Hände der andern: Die werden dabei andere.

– Wir befinden uns hier im V. Heft, in dem Abschnitt, der von den Herausgebern mit Formen, die der kapitalistischen Produktion vorhergehen überschrieben wurde; er schließt unmittelbar an den Abschnitt Ursprüngliche Akkumulation des Kapitals an. Diese Überschriften stammen auch wirklich von Marx. Sie waren aber nie als Kapitelüberschriften gemeint! Marx hat die Grundrisse (auch dieser Titel ist mehr als bedenklich, darüber gelegentlich mehrnicht als Ausarbeitung eines zu druckenden Buches – "meine Ökonomie" – niedergeschrieben, sondern zwecks Sichtung und Zusammenstellung des Materials, das er inzwischen zusammengetragen hatte. Diese Sammlung sollte ihm später bei der Ausarbeitung eines druckreifen Textes als stofflicher Fundus dienen. Zu diesem Zweck: um es später ausschlachten zu können, hat Marx das ganze Konvolut nachträglich mit Zwischenüberschriften versehen – damit er bei der Ausarbeitung des Buchs wüsste, wo er in seinem Manuskript das dazugehörige Material fände. Die Zwischenüberschriften sind also gar nicht für das 'Grundrisse'-Manuskript gedacht, sondern bezeichnen lediglich die Stellen, an denen sie im späteren Buch weiterbearbeitet werden sollten.

Tatsächlich enthalten die beiden Kapitel den Stoff, den Marx schließlich zum Kapitel über Die sogenannte ursprüngliche Akkumulation des Kapitals im Kapital I ausgearbeitet hat. Es ist der Kern der Kritik der Politischen Ökonomie.
JE




Wie das Kapital auf eigne Füße kam.

The Swamp Thing emerging

I. Das Geheimnis der ursprüngliche Akkumulation

Man hat gesehn, wie Geld in Kapital verwandelt, durch Kapital Mehrwert und aus Mehrtwert mehr Kapital gemacht wird. Indes setzt die Akkumulation des Kapitals den Mehrwert, der Mehrwert die kapitalistische Pro- duktion, diese aber das Vorhandensein größerer Massen von Kapital und Arbeitskraft in den Händen von Warenproduzenten voraus. 


Diese ganze Bewegung scheint sich also in einem fehlerhaften Kreislauf herumzudrehn, aus dem wir nur hin- auskommen, indem wir eine der kapitalistischen Akkumulation vorausgehende "ursprüngliche" Akkumulation ("previous accumulation" bei Adam Smith) unterstellen, eine Akkumulation, welche nicht das Resultat der kapi- talistischen Produktionsweise ist, sondern ihr Ausgangspunkt. ... /

Das Kapitalverhältnis setzt die Scheidung zwischen den Arbeitern und dem Eigentum an den Verwirklichungs- bedingungen der Arbeit voraus. Sobald die kapitalistische Produktion einmal auf eignen Füßen steht, erhält sie nicht nur diese Scheidung, sondern reproduziert sie auf stets wachsenden Stufenleiter. 

Der Prozess, der das Kapitalverhältnis schafft, kann also nichts andres sein, als der Scheidungsprozess des Ar- beiters vom Eigentum an seinen Arbeitsbedingungen, ein Prozess, der einerseits die gesellschaftlichen Lebens- und Produktionsbedingungen in Kapital verwandelt, andrerseit die unmittelbaren Produzenten in Lohnarbeiter. Die sog. ursprüngliche Akkumulation ist also nichts als der historische Scheidungsprozess von Produzent und Produktionsmittel. Er erscheint als "ursprüngleich", weil er die Vorgeschichte des Kapitals und der ihm ent- sprechenden Produktionsweise bildet.
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Das Kapital III, MEW 25, S. 741f.



Ursprüngliche Akkumulation, II.

einfachtierisch

Wenn das Verhältniß von Capital und Lohnarbeit nicht als selbst schon Maaßgebend und übergreifend über das Ganze der Production betrachtet wird, {denn in diesem Fall ist das als Bedingung der Lohnarbeit voraus gesezte Capital ihr eignes Product und als Bedingung von ihr sich selbst voraus gesezt, als Voraussetzung für sie selbst von ihr selbst geschaffen} sondern als historisch entstehend – d. h. wenn die ursprüngliche Verwand-lung von Geld in Capital betrachtet wird, der Austauschprocess zwischen dem nur nach der δυνάμει existiren-den Capital auf der einen Seite mit den der δυνάμει existirenden freien Arbeitern auf der andren – so drängt sich natürlich die einfache Bemerkung auf, aus der die Oekonomen grosses Wesen machen, daß die Seite, die als Capital auftritt: im Besitz sein muß von Rohstoffen, Arbeitsinstrumenten und Lebensmitteln, damit der Arbeiter während der Production leben kann, bevor die Production vollendet ist. 

Es erscheint dieß ferner so, daß eine Accumulation – eine der Arbeit vorhergegangne und nicht aus ihr ent-sproßne Accumulation – auf Seiten des Capitalisten vorgegangen sein muß, die ihn befähigt den Arbeiter ans Werk zu setzen und wirksam zu erhalten, als lebendiges Arbeitsvermögen zu erhalten. 
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Grundrisse, MEGA II/1.2  S. 406 [MEW 42, S. 411]


Nota. - 
Dass der Großgrundbesitzer die Arbeiter vom Boden vertrieben hat, reicht natürlich nicht. Es muss auf der andern Seite genügend Reichtum angesammelt sein, um die freigewordenen Arbeiter anstellen zu können. Beides ist nicht zufällig, sondern sachlich miteinander verbunden, allerdings durch keinen Begriff, sondern historisch-faktisch: Es ist die Ausweitung der Geldwirtschaft, die auf der einen Seite die Anhäufung von Han-delskapital ermöglicht, und auf der andern Seite bei der grundbesitzenden Aristokratie das Bedürfnis nach Barem schafft, das sie veranlasst, auf ihren Ländereien kapitalistische Wirtschaftsweisen einzuführen. Dieses tatsächliche Bedingungsverhältnis könnte ein Obskurant Dialektik nennen wollen.
JE



Logische und historische Darstellung: Die ursprüngliche Akkumulation.

Daumier, Vertriebene

Trennung des Eigenthums von der Arbeit erscheint als nothwendiges Gesetz dieses Austauschs zwischen Capital und Arbeit. Die Arbeit als das Nicht-Capital als solches gesezt, ist: 1) Nicht-vergegenständlichte Arbeit, negativ gefaßt (selbst noch gegenständlich; das Nichtgegenständliche selbst in objectiver Form). Als solche ist sie Nicht-Rohstoff, Nicht-Arbeitsinstrument, Nicht-Rohproduct: die von allen Arbeitsmitteln und Arbeitsgegenständen, von ihrer ganzen Objectivität getrennte Arbeit. 

Die lebendige als Abstraction von diesen Momenten ihrer realen Wirklichkeit existirende Arbeit (ebenso Nicht-Werth); diese völlige Entblösung, aller Objektivität baare, rein subjektive Existenz der Arbeit. Die Arbeit als die absolute Armuth: die Armuth, nicht als Mangel, sondern als völliges Ausschliessen des gegenständlichen Reichthums. 

Oder auch als der existirende Nicht-Werth und daher rein gegenständliche Gebrauchswerth, ohne Vermittlung existirend, kann diese Gegenständlichkeit nur eine nicht von der Person getrennte: nur eine mit ihrer unmittelbaren Leiblichkeit zusammenfallende sein. Indem die Gegenständlichkeit rein unmittelbar ist, ist sie ebenso unmittelbar Nicht-Gegenständlichkeit. In andren Worten keine ausser dem unmittelbaren Dasein des Individuums selbst fallende Gegenständlichkeit. 
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Grundrisse, MEGA II/1.1, S. 216, [MEW 42, S. 217]


Die Exakte Entwicklung des Capitalbegriffs nöthig, da er der Grundbegriff der modernen Oekonomie, wie das Capital selbst, dessen abstraktes Gegenbild sein Begriff, die Grundlage der bürgerlichen Gesellschaft. Aus der scharfen Auffassung der Grundvoraussetzung des Verhältnisses müssen sich alle Widersprüche der bürgerlichen Production ergeben, wie die Grenze, an der es über sich selbst hinaus treibt. 
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Grundrisse, MEGA II/1.1, S. 246 [MEW 42, S. 250]



Ein Zustand in dem blos Arbeit gegen Arbeit ausgetauscht wird – sei es in der Form unmittelbarer Lebendigkeit, sei es in der Form des Products – unterstellt die Loslösung der Arbeit von ihrem ursprünglichen Zusammengewachsensein mit ihren objektiven Bedingungen, weßwegen sie auf der einen Seite als blose Arbeit erscheint, andrerseits ihr Product als vergegenständlichte Arbeit ihr gegenüber ein durchaus selbstständiges Dasein als Werth erhält. Der Austausch von Arbeit gegen Arbeit – scheinbar die Bedingung des Eigenthums des Arbeiters – beruht auf der Eigenthumslosigkeit des Arbeiters als ihrer Basis.
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Grundrisse, MEGA II/1.2, S. 414 [MEW 42, S. 422]


Nicht so, daß das Capital die objektiven Bedingungen der Arbeit schafft. Sondern seine Urbildung geschieht einfach dadurch, daß der als Geldvermögen existirende Werth durch den historischen Prozeß der Auflösung der alten Productionsweise befähigt wird einerseits zu kaufen die objektiven Bedingungen der Arbeit, anderseits die lebendige Arbeit selbst gegen Geld von den freigewordnen Arbeitern einzutauschen. 

Alle diese Momente sind vorhanden; ihre Scheidung selbst ist ein historischer Prozeß, ein Auflösungsprocess und es ist dieser, der das Geld befähigt sich in Capital zu verwandeln. Das Geld selbst, so weit es mit bei der Geschichte thätig ist, ist es nur insofern es selbst als ein höchst energisches Scheidungsmittel in diesen Process eingreift und insofern zur Herstellung der gerupften, objektivlosen freien Arbeiter mitwirkt; sicher aber nicht dadurch, daß es für sie die objektiven Bedingungen ihrer Existenz schafft; sondern indem es ihre Trennung von denselben – ihre Eigenthumslosigkeit – beschleunigen hilft. 

Wenn z. B. die grossen englischen Grundeigenthümer ihre retainers entliessen, die mit ihnen das surplus produce des Landes aufzehrten; ferner ihre Pächter die kleinen Häusler verjagten etc, so war damit erstens eine Masse lebendiger Arbeitskräfte auf den Arbeitsmarkt geworfen, eine Masse, die in doppeltem Sinn frei war, frei von den alten Clientel- oder Hörigkeitsverhältnissen und Dienstverhältnissen, und zweitens frei von allem Hab und Gut und jeder objektiven, sachlichen Daseinsform, frei von allem Eigenthum; auf den Verkauf ihres Arbeitsvermögens oder auf Bettel, Vagabundage und Raub als die einzige Erwerbsquelle angewiesen. Daß sie das leztere zuerst versuchten, von diesem Wege aber durch Galgen, Pranger, Peitsche auf den schmalen Weg zum Arbeitsmarkt getrieben wurden... 
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Grundrisse, MEGA II/1.2S. 409f. [MEW 42, S. 414]


Nota. - Die reelle, historisch unumgängliche Bedingung des Kapitalverhältnisses ist die Trennung der Arbeit vom Eigentum 
 an Grund und Boden zuerst, der die Grundlage der agrarischen Gesellschaften ist, und von Rohstoffen und Werkzeugen, die die Voraussetzung von Handwerk und kleiner Industrie sind. Dem Begriff des Kapitals sieht man nichts davon an. Er larviert sich im Gegenteil mit Äquivalententausch und Wertgesetz. Erst die Kritik, die die in den Begriffen verborgenen wirklichen Handlungsweisen historischer Subjekte bloßlegt, vermag sein Geheimnis zu ergründen: Sie geht unversehens in positive Geschichtsschreibung über. 

Das Geheimnis des Kapitals ist seine Entstehung, in der Klassischen Politischen Ökonomie mystifiziert als die "ursprüngliche Akkumulation", die sich der näheren Betrachtung erweist als die Vertreibung der Landbevölkerung vom Boden; sie war nur mittelbar eine Tat des Kapitals selbst, doch unmittelbar das Werk der großen Feudalen, deren explodierender Geldbedarf sie zu blutdürstigen Hyänen werden ließ. Es war ein Gewaltakt und ein Unrecht, und dass es nicht unmittelbar auf die Rechnung des Kapitals ging, heißt nur, dass es der Klasse der Feudalen viel mehr schuldet, als seine Apologeten je zugeben mochten.

Marx untersucht diesen Vorgang gleich anschließend in Heft IV und V seines Manuskripts in dem Abschnitt, der  irreführend  unter dem Namen Formenkapitel* den Rang einer selbstständigen Artbeit erlangt hat. Das verwischt aber gerade die  'logische'  Stellung, die ihm im Fortgang der Kritik zukam. Um es klipp und klar zu sagen: Das sog. Formenkapitel ist die Urform jenes Kapitels, das im 'Kapital' "Die sogenannte ursprüngliche Akkumulation" heißen wird.

*)ebd.,  MEGA II/1.2 378-415 [MEW 42, S. 383-421]


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