Samstag, 28. Juli 2018

Nachtrag zu gestern.


Die Dritte-Welt-Enthusiasten des sechziger, siebziege Jahren war nicht alle Neophyten. Ein paar waren darun- ter, die von der Kritik der Politischen Ökonomie schon einiges studiert hatten. Die wussten natürlich, dass in einem ökonomischem Sinn von einer Beteiligung der westlichen Arbeiter an der Ausbeutung der Dritten Welt nicht die Rede sein konnte - nämlich was deren eigenen Ausbeutungsgrad betraf.

Nun stellt der Ausbeutungsgrad ein Verhältnis zu einer Basisgröße dar: nämlich den Reproduktionskosten der jeweiligen Arbeitskraft. Und die liegen in den westlichen Ländern unvergleichlich höher. Sie würden also vom Weltkapital gegenüber den Werktätigen der Dritten Welt privilegiert.

Doch sind die Reproduktionskosten der Arbeitskraft im Westen nicht darum hoch, weil hier die Arbeiter aus christlicher Nächstenliebe traditionell
mit Hühnchen und erlesenen Weinen verwöhnt würden, sondern weil die Technologie der hiesigen Maschinerien von den Arbeitern in verstärktem Maße das verlangt, was im Jargon der einschlägigen OECD-Bonzen Kompetenzen heißt. Darauf müssen sie getrimmt werden und das braucht seine Zeit; störrische Leute kann man nicht brauchen. Die Arbeitskraft reproduzieren heißt in erster Linie die Ar- beitskraft ausbilden.

Auf die Idee sind die Vertreter des Kapitals nicht aus Philanthropie gekommen, sondern weil eine politische Arbeiterbewegung seit Mitte des 19. Jahrhunderts (am Ende erfolgreich) darum gekämpft hat, den wachsenden Anforderungn mit besserer Bildung zu begegnen - und zuerst einmal mit einer Beschränkung der Kinderarbeit. Die ihm daraus erwachsenen Kosten hat das Kapital wie immer kompensiert, indem es den relativen Mehrwert gesteigert und die Arbeit intensiviert hat. Und so weiter...


Dass aus alldem ein Transfer von Mehrwert aus der Dritten Welt in den Westen entstanden sei, ist nicht zu erkennen.

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