Dienstag, 24. Juli 2018

Die Mutter aller Waren.

 
Die eigenthümliche Natur dieser spezifischen Waare, des Arbeitsvermögens, bringt es mit sich, daß mit der Ab- schliessung des Contracts zwischen Käufer und Verkäufer die verkaufte Waare nicht wirklich als Gebrauchs- werth in die Hände des Käufers übergegangen ist. Der Tauschwerth dieser Waare, gleich dem jeder andren Waare, ist bestimmt, bevor sie in Circulation tritt, weil sie als Vermögen, als Kraft verkauft wird und eine be- stimmte Arbeitszeit erheischt war, um dieses Vermögen, diese Kraft zu produciren. 

Der Tauschwerth dieser Waare existirt daher vor ihrem Verkauf, aber ihr Gebrauchswerth besteht erst in der nachträglichen Kraftäusserung. Die Veräusserung der Kraft und ihre wirkliche Aeusserung, d. h. ihr Dasein als Gebrauchswerth fallen daher der Zeit nach aus einander. Es verhält sich wie mit einem Hause, dessen Ge- brauch mir für einen Monat verkauft ist. Der Gebrauchswerth ist mir hier erst geliefert, nachdem ich das Haus einen Monat bewohnt habe. So ist mir der Gebrauchswerth des Arbeitsvermögens erst geliefert, nachdem ich es verbraucht habe, in der That für mich habe arbeiten lassen. 

Bei solchen Gebrauchswerthen aber, wo die formelle Entäusserung der Waare durch den Verkauf und das wirkliche Ueberlassen ihres Gebrauchswerths an den Käufer der Zeit nach aus einander fallen, wirkt, wie wir früher gesehn, das Geld des Käufers meist als Zahlungsmittel. Das Arbeitsvermögen wird für den Tag, die Woche u. s. w. verkauft, aber es wird erst bezahlt, nachdem es während eines Tags, einer Woche u. s. w. consu- mirt worden ist. In allen Ländern von entwickeltem Capitalverhältniß wird das Arbeitsvermögen erst bezahlt, nachdem es functionirt hat. Ueberall schießt daher der Arbeiter dem Capitalisten den Gebrauch seiner Waare vor, läßt sie vom Käufer consumiren, bevor er / ihren Tauschwerth bezahlt erhält, creditirt sie. 

In Zeiten von Crisen und selbst bei einzelnen Bankerutten zeigt sich daß dieß beständige Creditiren der Ar- beiter an die Capitalisten, das aus der besondren Natur des verkauften Gebrauchswerths entspringt, kein leerer Wahn ist. Indeß ändert es an der Natur des Waarenaustauschs selbst nichts, ob Geld als Kaufmittel oder als Zahlungsmittel functionirt. Der Preiß des Arbeitsvermögens wird im Kauf contraktlich festgesetzt, obgleich er erst später realisirt wird. Diese Form der Zahlung ändert ebenso wenig daran, daß diese Preißbestimmung sich auf den Werth des Arbeitsvermögens bezieht und weder auf den Werth des Products, noch auf den Werth der Arbeit, die als solche überhaupt nicht Waare ist. 
______________________________________________
Ökonomisches Manuskript 1863-1865, MEGA II/4.1, S. 6f.


 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen