Sonntag, 30. September 2018

Fixes Kapital.

Dampfmaschine
 
Es hat sich bereits gezeigt, daß das Capital seiner Natur nach circulirendes und fixirtes Capital ist, beständig in diesen beiden Zuständen sich befindet, so daß aber der eine immer der Umschlag in sein Gegentheil ist. Das Capital ist circulirend, so weit es successive einen Kreis durchläuft, aus der Productionsphase in die eigentliche Umlaufphase, hier successive durch zwei entgegengesetzte Phasen läuft, und dann wieder in die Productions- phase eingeht u. s. w. Es ist aber zugleich fixirt in jeder dieser Phasen. Es bewegt sich nur durch dieselben, in- dem es sich in jeder derselben aufhält, also in ihr fixirt, und es hält sich nur in ihr auf, um sie zu verlassen. 

Zweitens aber stellt sich der Unterschied von circulirendem Capital und productivem Capital dar; das erstre, näher bestimmt, in der Doppelgestalt von Waarencapital und Geldcapital. Als productives Capital befindet es sich im Proceß, dem Arbeitsproceß; als Waarencapital oder Geldcapital tauscht es sich aus, wechselt die Hände, und nimmt in diesem Stoffwechsel abwechselnd die Form von Waare und Geld an. 

Der erste Unterschied ist dasselbe Capital einerseits als Einheit des Reproductionsprocesses, andrerseits in den verschiednen flüssigen Phasen dieses Processes, in seinen besondren Momenten betrachtet. 

Der zweite Unterschied fixirt nur den Gegensatz, die unterscheidenden Formen, die das Capital in der einen Phase – dem Productionsproceß – im Gegensatz zur andren – der Umlaufphase – annimmt. 

In beiden Unterscheidungen ist es dasselbe Capital, das in verschiednen Functionen und ihnen entsprechenden Formen erscheint. 

Jetzt haben wir jedoch einen neuen Unterschied zwischen fixem und circulirendem Capital zu entwickeln, oder zwischen Anlagecapital und flüssigem Capital.  

Bei der Analyse des Verwerthungsprocesses zeigte es sich, daß, abgesehn /246/ von den matières instrumentales und dem eigentlichen Rohmaterial, die Arbeitsmittel – sowohl die allgemeinen Bedingungen für den Vorgang des Pro- cesses, Baulichkeiten, Gefässe, u. s. w., wie die eigentlichen Arbeitsmittel, Instrumente, Maschinen u. s. w., kür- zer oder länger in ihrer Function ausharren, so daß, nachdem sie in einem Arbeitsproceß oder einer bestimm- ten Periode des Arbeitsprocesses gedient, sie für öfter oder weniger oft wiederholte Arbeitsprocesse dienen kön- nen. 

Sie fahren fort während einer grössren oder geringren Reihe von Arbeitsprocessen in ihrer ursprünglichen Na- turalform als Arbeitsfactoren, Productionsfactoren, zu functioniren. Wir sehen daher, daß sie nur allmählich ihren Werth an die Producte der wiederholten Arbeitsprocesse, worin sie functioniren, abgeben, im Verhältnis- se, wie sie mit ihrem Gebrauchswerth ihren Tauschwerth verlieren, und daß diese Werthabgabe, oder Ueber- gehn ihres Werths an den des Products nach einer idealen Durchschnittsrechnung, gemessen durch die average Dauer ihrer Function, bemessen wird. 

Es findet also das Eigenthümliche bei diesem Theil des Capitals statt, erstens daß sein Werth sich in einer grössren oder längren Periode über die Masse der Producte vertheilt, die aus einer Reihe wiederholter Arbeitsprocesse hervorgehn. Zweitens, daß es in seiner Naturalform (wenigstens so lange es seine Function verrichtet; Vieh mag ausnahmsweise erst als Arbeitsinstrument dienen und nachher gefressen werden, als Product der Viehzucht, statt als ihr Instrument ver- zehrt werden) nie aus der Productionsphase heraustritt (und daher in der Hand des Capitalisten bleibt, nicht, wie das Product, veräussert wird.) 

Letztres hat es gemein z. B. mit den matières instrumentales, die nachdem sie einmal in den Productionsproceß eingetreten, ihn nicht wieder verlassen, sondern je nach ihrer Natur entweder blos als Werthbestandtheile oder als Ingredienzen in das Product eingehn (Eigentlich gilt die Sache, um die es sich hier handelt, nur von den matières instrumentales, wie Kohlen, Gas etc, die nicht als materielle Ingredienzen in das Product eingehn). Es verharrt, bis es aufgenutzt, in seiner Naturalform neben dem Product, als Factor der Production. 

Wir hatten diesen Unterschied nach der Seite hin, worin es die Verwerthung betrifft, beim Verwerthungsproceß zu entwickeln. 

Dieser Theil des Capitals verhält sich so eigenthümlich im Productionproceß und stellt sich in spezifischen Ge- brauchswerthen, in seinen Functionen entsprechenden spezifisch dinglichen Gestalten dar, als Gebäude, Maschi- ne, Instrument, Schienenbahn, Schiff u. s. w. Er besteht aus den Arbeitsmitteln im Unterschied zum Arbeitsmateri- al, worin hier die matières instrumentales eingerechnet sind. Seine dingliche Gestalt ist bedingt durch die begriffs- mässige Rolle, die er im wirklichen Arbeitsproceß zu spielen hat. Die eigenthümliche Form seiner Verwerthung ergab sich als /249 [sic]/ Folge dieser seiner dinglichen Gestalt, der Gestalt, die er als dieser bestimmte Productions- factor hat und haben muß. 

Es ergiebt sich daraus auch eine eigenthümliche Gestalt, Formbestimmtheit, die dieser Theil des Capitals im Un- terschied von den andren Bestandtheilen des Capitals, innerhalb des gesammten Circulationsprocesses des Capitals annimmt. Und in dieser Formbestimmtheit, mit Bezug auf den Circulationsproceß, heißt es fixes Capital. Das fixe Capital ist nicht, wie vorher das fixirte Capital, obgleich es im eigentlichen Sinn des Worts für die ganze Dauer seines Daseins in der Productionsphase fixirtes Capital bleibt, nur eine der abwechselnden Formbestimmt- heiten, die das Capital in seinem Umschlag annimmt. Es ist ein besondrer schon durch seine materielle Existenz- weise im Arbeitsproceß von den übrigen Bestandtheilen des Capitals, gesonderter Theil desselben. Es ist ein Be- standtheil des constanten Capitals, aber nur ein Theil des constanten Capitals functionirt, ist vorhanden als fixes Capital. 
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Ökonomisches Manuskript 1863-1865,
MEGA II/4.1, S. 245-249



Nota. - Die ganze dialektische Wirrsal wird nur darum nötig, weil er denselben Prozess in seiner Doppelgestalt, einmal in seiner Natural form, das andre Mal in seiner ökonomischen Form, nicht parallel und neben einander, son- dern ungeschieden ineinander verwoben darstellt: einmal die Gebrauchswert-, ein andermal die Tauschwert- seite. Die Trennung und Gegenüberstellung beider ist freilich erst das Resultat der Analyse, das er nicht vorweg- nehmen kann, bevor er die Analyse geliefert hat. Denn dann erschiene es als dogmatische Voraussetzung. Die dialektische Wirrsal ließe sich daher auch im Nachhinein - in der Endredaktion - nicht erübrigen.

Durchaus erübrigen ließen sich aber semantische Schnitzer wie die 'dingliche Gestalt, die bedingt ist durch die begriffsmäßige Rolle, die er im wirklichen Arbeitsprozess zu spielen hat'. Mit Begriff ist hier ja nur gemeint der Zweck, den die Agenten des Prozesses tatsächlich verfolgen, ohne womöglich sich seiner bewusst zu sein; des- sen aber der analytische Schriftsteller bewusst ist.
JE







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