Schmied, 14. Jhdt.
Das mittelaltrige Zunftverhältniß, das sich in analoger Form
auch in Athen und Rom in engen Kreisen entwickelt hat, und das so entscheidend wichtig war in Europa für Bildung der Capitalisten einerseits,
für Bildung eines freien Arbeiterstandes andrerseits, ist eine beschränkte,
noch nicht adaequate Form des Capital- und Lohnarbeit- verhältnisses. Es
existirt hier einerseits das Verhältniß von Käufer und Verkäufer. Es wird
Lohn gezahlt und Meister, Gesell und Lehrling stehn sich als freie Personen gegenüber.
Die technologische Basis dieses Verhältnisses ist der handwerksmässige Betrieb, worin die mehr oder minder kunst- mässige Handhabung des Arbeitsinstruments der entscheidende Factor der Production ist.
Die selbstständige per- sönliche Arbeit und daher ihre professionelle Entwicklung, die grössere oder kürzre Lehrzeit erheischt, bestimmt hier das /
Resultat der Arbeit. Der Meister befindet sich hier zwar im Besitz der Productionsbedingungen, Hand- werkszeugs, Arbeitsmaterials (obgleich das
Handwerkszeug auch dem Gesellen gehören kann), ihm gehört das Product. Insofern ist er Capitalist. Aber als Capitalist ist er nicht Meister. Er ist
erstens zunächst selbst Handwer- ker und is supposed Meister zu sein in seinem Handwerk.
Innerhalb des Productionsprocesses selbst figurirt er ebensowohl als Handwerker wie seine Gesellen und er weiht erst seine Lehrlinge in das Geheimniß des Handwerks ein. Er hat zu seinen Lehrlingen
ganz dasselbe Verhältniß wie ein Professor zu seinen Schülern. Sein Verhältniß zu Lehrlingen und Gesellen ist daher nicht das des Capitalisten als
solchen, sondern des Meisters im Handwerk, der als solcher in der Corporation und daher ihnen gegenüber eine hierarchische Stellung einnimmt, die
is supposed auf seiner eignen Meisterschaft im Hand- werk zu beruhn. Sein
Capital ist daher auch sowohl seiner stofflichen Gestalt nach als seinem
Werthumfang nach gebundenes Capital, das keineswegs noch die freie Gestalt des Capitals erhalten hat.
Es ist nicht ein bestimmtes Quantum vergegenständlichter Arbeit, Werth überhaupt, die diese oder jene Form von Arbeitsbedingungen annehmen kann, beliebig annimmt, je nachdem es, um sich
Surplusarbeit anzueignen, sich beliebig gegen diese oder jene Form der lebendigen Arbeit austauscht. Nur nachdem er die vorgeschriebnen Stufen
von Lehrling, Gesell durchgemacht, u. s. w., selbst sein Meisterstück geliefert hat, kann er Geld in diesem bestimmten Arbeitszweig, in seinem eignen
Handwerk, theils in die objektiven Bedingungen des Handwerks um- setzen,
theils Gesellen damit kaufen und Lehrlinge halten. Nur in seinem eignen
Handwerk kann er sein Geld in Capital verwandeln, d. h. nicht nur als Mittel seiner eignen Arbeit, sondern auch als Exploitationsmittel frem- der Arbeit verwenden. Sein Capital ist an eine bestimmte Form des Gebrauchswerths gebunden und tritt daher ebenso wenig als Capital seinen Arbeitern
gegenüber.
Die Methoden der Arbeit, die er anwendet, sind nicht nur erfahrungsmässige, sondern zunftmässig vorge- schriebne – gelten als die
nothwendigen, und so erscheint auch nach dieser Seite nicht der Tauschwerth, son- dern der Gebrauchswerth der Arbeit als der letzte Endzweck. Es
hängt nicht von seinem Belieben ab, Arbeit von dieser oder jener Qualität
zu liefern, sondern der ganze Zunftbetrieb darauf eingerichtet, daß bestimmte Qualität geliefert wird. So wenig wie die Arbeitsmethode steht der
Preiß der Arbeit seinem Belieben anheim. Die beschränkte Form, die sein
Vermögen hindert, als Capital zu functioniren, zeigt sich ferner darin, daß
in der That ein Maximum für den Werthumfang seines Capitals vorgeschrieben ist. Ueber eine gewisse Zahl Gesellen hinaus darf er nicht halten,
da durch die Zunft sämmtlichen Meistern eine Aliquote am Verdienst
ihres Hand- werks gesichert werden soll.
Endlich das Verhältniß des Mei-/sters zu andren Meistern als Mitglied derselben Zunft; als solcher gehörte
er einer Corporation an, die gewisse gemeinschaftliche Productionsbedingungen (Zunftlade etc), politische Rech- te, Antheil an der städtischen Verwaltung u. s. w. Er arbeitete auf Bestellung – mit Ausnahme seiner Arbeiten für Kaufleute – für den unmittelbaren Gebrauchswerth und demgemäß
auch die Zahl der Meister geregelt. Er tritt nicht als blosser Kaufmann seinen Arbeitern gegenüber. Noch weniger kann der Kaufmann sein Geld in
pro- ductives Capital verwandeln; er kann nur die Waaren „verlegen“, nicht
sie selbst produciren.
Standesmässige Existenz – nicht der Tauschwerth als
solcher, nicht Bereichrung als solche erscheint hier als Zweck und Resultat
der Exploitation fremder Arbeit. Das Entscheidende ist hier das Instrument.
Der Rohstoff wird hier in vielen Arbeitszweigen (z. B. der Schneiderei) dem
Meister selbst von seinen Kunden geliefert. Die Schranke der Production
innerhalb des Ganzen der vorgefundnen Consumtion ist hier Gesetz. Sie
ist also kei- neswegs geregelt durch die Schranken des Capitals selbst. Im capitalistischen Verhältniß verschwinden die Schranken mit den politisch socialen Banden, in denen hier noch das Capital sich bewegt, daher noch
nicht als Capital erscheint.
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Ökonomisches Manuskript
1863-1865, MEGA II/4.1, S. 99ff.
Nota. - Auch der Gesellenlohn ist zünftig geregelt, auch dabei geht es um "zünftige Existenz". Das ist nur möglich, weil der Arbeitsmarkt so wenig frei ist wie der Warenmarkt; andernfalls entstünde Konkurrenz zwischen den Gesellen und würde den Lohn drücken. Was hier als 'gesellschaftliche notwendige' Arbeit gilt, hat nicht der Markt ausgemittelt, sondern haben die Zünfte bestimmt. Wenn aber nicht auf dem Arbeitsmarkt 'das Wertgesetz gilt', wie sollte es da in den andern Sektoren des Marktes gelten?
JE
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