Samstag, 8. September 2018
Die Ungleichheit geht dem Tausch voraus.
Obgleich sich Capitalist und Arbeiter nur als Käufer, Geld, und Verkäufer, Waare, auf dem Markt gegenüber- treten, so ist dieses Verhältniß durch den eigenthümlichen Inhalt ihres Handels von vorn herein eigen gefärbt, um so mehr, da bei der capitalistischen Productionsweise vorausgesezt ist, daß das Auftreten beider Seiten auf dem Markt in derselben entgegengesezten Bestimmung sich beständig wiederholt oder ein beständiges ist.
Betrachten wir das Verhältniß von Waarenbesitzern überhaupt auf dem Markt, so tritt derselbe Waarenbesitzer abwechselnd als Verkäufer und Käufer von Waare auf. Daß sich zwei Waarenbesitzer als Käufer und Verkäufer von einander unterscheiden, ist nur ein beständig verschwindender Unterschied, indem alle dieselben Rollen ab- wechselnd gegen einander in der Circulationssphäre spielen. Nun wird zwar auch der Arbeiter, nachdem er sein Arbeitsvermögen verkauft, in Geld verwandelt hat, Käufer, und treten ihm die Capitalisten als blosse Waaren- verkäufer gegenüber. Aber Geld in seiner Hand ist nur Circulationsmittel.
Auf dem eigentlichen Waarenmarkt unterscheidet sich der Arbeiter in der That, wie jeder andre Geldbesitzer, nur als Käufer von dem Waarenbesitzer als Verkäufer. Aber auf dem Arbeitsmarkt dagegen tritt ihm das Geld stets als Geldform des Capitals gegenüber und daher der Geldbesitzer als personnificirtes Capital, Capitalist, wie er seinerseits dem Geldbesitzer als blosse Personnification des Arbeitsvermögens und daher der Arbeit, als Ar- beiter gegenübertritt. „Das Verhältniß des Fabrikanten zum Arbeiter ist … ein rein ökonomisches. Der Fabri- kant ist ‚das Kapital‘, der Arbeiter ist die ‚ Arbeit‘.“ [F. Engels. Lage der arbeit. Klasse etc p. 329.]
Es ist nicht ein blosser Käufer und ein blosser Verkäufer, die sich gegenüberstehn, sondern es sind Capitalist und Arbeiter, die sich in der Circulationssphäre, auf dem Markt, als Käufer und Verkäufer gegenübertreten. Ihr Verhältniß als Capitalist und Arbeiter ist die Voraussetzung für ihr Verhältniß als Käufer und Verkäufer. Es ist nicht wie bei andren Waaren-Verkäufern ein Verhältniß, das schlechthin aus der Natur der Waare selbst ent- springt, daß näm-/ lich Keiner unmittelbar die Producte für seinen Lebensbedarf producirt, sondern Jeder ein bestimmtes Product als Waare producirt, durch deren Verkauf er sich die Producte des andren aneignet.
Es ist nicht diese gesellschaftliche Theilung der Arbeit und Verselbstständigung der verschiednen Arbeitszweige ge- gen einander, wie sie z. B. den Schuster zum Verkäufer von Stiefeln und zum Käufer von Leder oder Brod macht. Sondern es ist die Theilung der zusammengehörigen Elemente des Productionsprocesses selbst und ihre bis zur wechselseitigen Personnification fortgehende Verselbstständigung gegen einander, wodurch Geld als allgemeine Form der vergegenständlichten Arbeit zum Käufer von Arbeitsvermögen, der lebendigen Quelle des Tauschwerths und daher des Reichthums wird. Der wirkliche Reichthum, dem Tauschwerth nach betrachtet, Geld, dem Gebrauchs- werth nach betrachtet, Lebensmittel und Productionsmittel – tritt als Person dem Arbeiter, der Möglichkeit des Reich- thums, d. h. dem Arbeitsvermögen, einer andren Person gegenüber.
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Ökonomisches Manuskript 1863-1865, MEGA II/4.1, S. 89f.
Nota. - Arbeiter und Fabrikant begegnen sich nicht zuerst als Käufer und Verkäufer von Arbeitskraft und ent- puppen sich dann im Arbeitsprozess als Proletarier und Kapitalist, sondern gehören zwei einander entgegenge- setzten Klassen an, bevor sie Arbeitsvermögen kaufen und verkaufen. Ihre Ungleichheit ist vorab historisch ge- setzt, denn der Produktionsprozess ist bereits Verwertungsprozess. Sie ist im Prozess schlechterdings nicht er- fahrbar, weil sie ihm zugrunde liegt.
JE
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