Freitag, 7. September 2018
Die Gleichgültigkeit des Arbeiters gegen die Arbeit.
Ebenso gleichgiltig wie dem Capital, als sich verwerthendem Werth, die besondre stoffliche Gestalt, worin es im Arbeitsprocesse erscheint, ob als Dampfmaschine, Misthaufen oder Seide, ebenso gleichgiltig ist dem Arbei- ter der besondre Inhalt seiner Arbeit. Seine Arbeit gehört dem Capital, und sie ist nur der Gebrauchswerth der Waare, die er verkauft hat und er hat sie nur verkauft, um sich Geld, und mit dem Geld Lebensmittel anzueig- nen.
Der Wechsel in der Art der Arbeit interessirt ihn nur deßwegen, weil jede besondre Art der Arbeit eine andre Entwicklung des Arbeitsvermögens verlangt, wenn seine Gleichgültigkeit gegen den besondren Inhalt der Ar- beit ihm nicht die Fähigkeit verschafft sein Arbeitsvermögen auf Commando zu variiren, zeigt er diese Gleich- gültigkeit darin, daß er seine Ersatzmänner, die nachwachsende Generation, je nach dem Gebot des Markts aus einem Arbeitszweig in den andren wirft. Je entwickelter die capitalistische Production in einem Lande, um so grösser die Forderung der Variabilität an das Arbeitsvermögen, um so gleichgiltiger der Arbeiter gegen den be- sondren Inhalt seiner Arbeit und um so flüssiger die Bewegung des Capitals aus einer Productionssphäre in die andre.
Die klassische Oekonomie sezt die Variabilität des Arbeitsvermögens und die Flüssigkeit des Capitals als Axiome voraus, und so weit mit Recht, als dieß die Tendenz der capitalistischen Productionsweise, die sich trotz aller Hindernisse, die sie grossentheils selbst schafft, rücksichtslos durchsetzt. Um die Gesetze der politischen Oeko- nomie rein darzustellen wird von den Frictionen abstrahirt, wie in der reinen Mechanik, abstrahirt wird von den besondren Frictionen, die in jedem besondren Fall ihrer Anwendung zu überwältigen sind.
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Ökonomisches Manuskript 1863-1865, MEGA II/4.1, S. 88
Nota. - Der Gebrauchswert, nämlich die Qualität seiner Arbeit, geht den Arbeiter selbst nichts an. Anders als der selbstständige Handwerker muss er die Ware nicht selber vermarkten, er weiß nicht einmal, wieviel am Produkt 'sein Werk' ist. Der Kapitalist muss es vermarkten, für die Qualtät muss er sorgen, denn zwar inte- essiert auch ihn hier nur der Tauschwert; den aber kann er nicht realisieren, wenn seine Ware nicht den vom Markt erforderten Gebrauchschswert aufweist.
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Wachsende Produktivität war für Adam Smith identisch mit höherer Arbeitsteilung. Höhere Arbeitsteilung hieß in der ersten, mechanischen industriellen Revolution, mit der Marx zu tun hatte, 'analytische' Zerteilung der Ar- beitsgänge in einzelne einfache Handbewegungen, deren Verteilung auf einzelne Arbeiter, sowie ihre nachträgli- che Kombination unter Aufsicht eines Agenten des Kapitals. Taylorismus und das Ford'sche Fließbandsystem waren die Höhepunkte.
Doch gerade die einfachsten Handgriffe sind es, die als erste mechanisiert werden, und schließlich werden auch kombinierte Operationen an Maschinen übertragen. Die lebendige Arbeitskraft bekommt neue Geltung, weil ihr die komplexesten Arbeiten übrigbleiben. Wie aufmerksam und sorgfältig sie ausgeführt werden, entscheidet darüber, ob sie überhaupt nachträglich kombinierbar sind. Schließlich ging man vor einem halben Jahrhundert - zuerst in der Autoindustrie - dazu über, Gruppen von Arbeitern ihre Arbeit unmittelbar am Produkt selber kom- binieren zu lassen, das steigerte das Tempo, verminderte den Leerlauf und verringerte den Ausschuss!
Da steckte die Kybernetik in ihren Kinderschuhen. Mit der digitalen Revolution eröffnen sich ihr neue, noch unabsehbare Dimensionen. Es läuft darauf hinaus, am Ende nicht nur die Handgriffe, sondern auch die Kom- binatorik den denkenden Maschinen zu übertragen. Theoretisch bleiben dem lebendingen Arbeiter nur das Be-stimmen der Zwecke und das Erfinden der Technik übrig; also die Unternehmerfunktion selbst. Was mag aus den Kapitalisten werden, wenn der Tauschwert gegen Null geht und er keinen mehr zum Ausbeuten hat?
Ich glaube, sie werden sich lange vorher schon aus der Produktion auf ihr garantiertes Grundeinkommen zu- rückgezogen haben und ihre Tage mit der Frage verbringen, wie sie ihre Zeit am besten und erlebnisreichsten verbringen können.
JE
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