Samstag, 22. September 2018

Persönliche Dienste.


St. Kubrick

Die Sucht, die productive und unproductive Arbeit durch ihren stofflichen Inhalt zu bestimmen, rührt aus 3 Quellen her:

1) Die der capitalistischen Productionsweise eigenthümliche, und aus / ihrem Wesen entspringende fetischisti- sche Anschauung, welche ökonomische Formbestimmtheiten, wie Waare zu sein, productive Arbeit zu sein etc, als den stofflichen Trägern dieser Formbestimmtheiten oder Categorien an und für sich zukommende Eigenschaft betrachtet.

2) Daß den Arbeitsproceß als solchen betrachtet, die Arbeit nur productiv ist, die in einem Product (materiellen Product, da es sich hier nur um materiellen Reichthum handelt) resultirt;

3) Daß im wirklichen Reproductionsproceß – seine realen Momente betrachtet, ein grosser Unterschied mit Be- zug auf die Bildung etc des Reichthums, zwischen der Arbeit, die sich in reproductiven Artikeln und andrer, die sich in blossen luxuries darstellt.

(Beispiel: Ob ich eine Hose kaufe oder ob ich Tuch kaufe und einen Schneidergesellen ins Haus nehme, dem ich seinen Dienst (i. e. seine Schneiderarbeit) zahle, ist für mich völlig gleichgiltig. Ich kaufe sie vom merchant tai- lor, weil sie so wohlfeiler. In beiden Fällen verwandle ich das Geld, das ich ausgebe, in einen Gebrauchswerth, der meiner individuellen Consumtion anheimfallen, mein individuelles Bedürfniß befriedigen soll, nicht in Capi- tal. Der Schneidergeselle leistet mir denselben Dienst, ob er bei dem merchant tailor für mich arbeitet oder in meinem Hause. 


Dagegen besteht der Dienst, den derselbe Schneidergeselle, von einem merchant tailor verwandt, diesem Capita- listen leistet, darin daß er 12 Stunden arbeitet und nur 6 etc bezahlt erhält. Der Dienst, den er ihm leistet, besteht also darin, daß er 6 Stunden umsonst arbeitet. Daß dieß in der Form von Hosenmacherei geschieht, versteckt nur die wirkliche Transaction. Sobald der merchant tailor kann, sucht er die Hosen daher wieder in Geld zu verwan- deln, d. h. in eine Form, worin der bestimmte Charakter der Schneiderarbeit völlig verschwunden ist, und der geleistete Dienst sich darin ausdrückt, daß aus einem Thaler zwei geworden sind.

Dienst ist überhaupt nur Ausdruck für den besondren Gebrauchswerth der Arbeit, soweit diese nicht als Sache, son- dern als Thätigkeit nützlich ist. Do ut facias, facio ut facias, facio ut des, do ut des, sind hier ganz gleichgültige Formen desselben Verhältnisses, während in der capitalistischen Production das do ut facias ein sehr spezifi- sches Verhältniß zwischen dem gegenständlichen Reichthum und der lebendigen Arbeit ausdrückt. Weil also in diesem Kaufen von Diensten das spezifische Verhältniß von Arbeit und Capital gar nicht enthalten, entweder völlig ausgelöscht, oder gar nicht vorhanden ist, ist es natürlich die Lieblingsform von Say, Bastiat et Consorten, um das Verhältniß von Capital und Arbeit auszudrücken.)

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Ökonomisches Manuskript 1863-1865,
MEGA II/4.1, S. 114f. 
 
 



Nota. - Später, in den Theorien über den Mehrwert, die als 4. Band des Ms. von 63-65 niedergeschrieben wurden, heißt es, die Arbeit müsse sich in einem materiellen Produkt niedergeschlagen haben, um 'produktiv', nämlich wieder zu Kapital werden zu können. Da war an virtuelle Realitäten noch nicht zu denken. Heute, da Software als Ware verkauft wird, muss man spezifizieren: Nicht darauf, dass die Arbeit selbst 'Stoff geworden' ist, kommt es an; sondern darauf, dass sie den Fluss der Zeit übersteht, sonst könnte sie nicht weiter von Käufer zu Käufer wandern und zwischendurch zu Geld und in dieser Gestalt zu Kapital werden. Ein Datensatz ist im Internet überall und nirgends gespeichert. Verkauft wird auch nicht er, sondern der Zugangsschlüssel.

Diese neue Warensorte hat aber die Eigenart, dass der, der sie verkauft, sie trotzdem behält und nicht aus der Hand gibt. Und dass ihre Re produktion keine neue Arbeit kostet! Was also wäre die zu ihrer Reproduktion gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit? Was geschieht, wenn der Handel mit Daten so vorherrschend geworden sein wird, dass er den andern Handelsweisen die Form vorgibt, ist auf ökonomischen Wegen, wenn ich nicht irre, gar nicht vorherzusehen.
JE




 

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