Montag, 27. August 2018

Der Verbrauch des Arbeitsvermögens ist die Arbeit selbst.

 

Wir haben gesehn, daß die Verwandlung von Geld in Capital in zwei selbstständige, ganz verschiednen Sphären angehörige und getrennt von einander existirende Processe zerfällt. Der erste Proceß gehört der Sphäre der Waarencirculation an und geht daher auf dem Waarenmarkt vor. Es ist der Kauf und Verkauf des Arbeitsvermögens. Der zweite Prozeß ist der Consum des gekauften Arbeitsvermögens oder der Productionsproceß selbst. 

In dem ersten Proceß stehn sich Capitalist und Arbeiter nur als Geldbesitzer und Waarenbesitzer gegenüber und ihre Transaction ist, wie die zwischen allen Käufern und Verkäufern, ein Austausch von Equivalenten. Im zweiten Proceß erscheint der Arbeiter pro tempore als lebendiger Bestandtheil des Capitals selbst und die Cate- gorie des Austauschs ist hier gänzlich ausgeschlossen, da der Capitalist alle Faktoren des Productionsprocesses, sachliche wie persönliche, sich durch Kauf angeeignet hat, bevor dieser Proceß beginnt. 

Obgleich aber beide Processe selbstständig neben einander / existiren, bedingen sie sich wechselseitig. Der erste leitet den zweiten ein, und der zweite führt den ersten aus. 

Der erste Proceß, der Kauf und Verkauf des Arbeitsvermögens, zeigt uns Capitalist und Arbeiter nur als Käufer und Verkäufer von Waare. Was den Arbeiter von andren Waarenverkäufern unterscheidet, ist nur die spezifische Na- tur, der spezifische Gebrauchswerth der von ihm verkauften Waare. Aber der besondre Gebrauchswerth der Waaren ändert durchaus nichts an der ökonomischen Formbestimmtheit der Transaction, nichts daran daß der Käufer Geld und der Verkäufer Waare vorstellt. 

Um also zu beweisen, daß das Verhältniß zwischen Capitalist und Arbeiter durchaus nichts als ein Verhältniß zwi- schen Waarenbesitzern ist, die zu ihrem wechselseitigen Vortheil und durch einen freien Contract Geld und Waare mit einander austauschen, genügt es den ersten Prozeß zu isoliren und an seinem formellen Charakter fortzuhalten. Dieß einfache Kunststück ist keine Hexerei, aber es bildet den ganzen Weisheitsvorrath der Vul- gärökonomie. 
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Ökonomisches Manuskript 1863-1865,
MEGA II/4.1, S. 77
f.   



Nota. - Der 'zweite Prozess' geht in der ganzen Politischen Ökonomie unter, nicht bloß der vulgären. Unter geht, dass der Kapitalist die Arbeitskraft gewissermaßen als ein Samenkorn gekauft hat, das sich, sobald es die Werkstatt erreicht, als lebendige Arbeit zu einer reifen Frucht entfaltet. Doch die gehört ihm rechtens, weil er das Samenkorn bezahlt hat.

Der Doppelcharakter der Arbeit, der nicht-formale, sondern substanzielle Unterschied zwischen ihrem Tausch- und ihrem Gebrauchswert ist Marxens eigentliche Entdeckung und der Kern der Kritik der Politischen Ökono- mie. Es wundert nicht, dass die Politischen Ökonomen dazu neigten, vom Gebrauchswert zu schweigen.
JE





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