Montag, 4. Juni 2018

Die Schranke des Fortschritts.


Eine Entwicklung der Produktivkräfte, welche die absolute Anzahl der Arbeiter verminderte, d. h., in der That die ganze Nation befähigte, in einem geringern Zeittheil ihre Gesammtproduktion zu vollziehn, würde Revolu-tion herbeiführen, weil sie die Mehrzahl der Bevölkerung außer Kurs setzen würde. Hierin erscheint wieder die specifische Schranke der kapitalistischen Produktion, und daß sie keineswegs eine absolute Form für die Ent-wicklung der Produktivkräfte und Erzeugung des Reichthums ist, vielmehr mit dieser auf einem gewissen Punkt in Kollision tritt. 

Partiell erscheint diese Kollision in periodischen Krisen, die aus der Ueberflüssigmachung bald dieses bald je-nes Theils der Arbeiterbevölkerung in ihrer alten Beschäftigungsweise hervorgehn. Ihre Schranke ist die über-schüssige Zeit der Arbeiter. Die absolute Ueberschußzeit, die die Gesellschaft gewinnt, geht sie nichts an. Die Entwicklung der Produktivkraft ist ihr nur wichtig, sofern sie die Mehrarbeitszeit der Arbeiterklasse vermehrt, nicht die Arbeitszeit für die materielle Produktion überhaupt vermindert; sie bewegt sich so im Gegensatze. 
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Das Kapital III, MEGA II.15; S. 260 [MEW 25, S. 274]  



Nota I. - Einstweilen sieht es immer noch so aus, als könne das kapitalistische System die Erübrigung menschli-cher Arbeit, die die digitale Revolution mit sich bringt, nicht verkraften. Überschüssige Zeit bedeutet auch wei- terhin nur Arbeitslosigkeit; statt Reichtum wird Mangel erzeugt.

7. 12. 15

Nota II. - Der letzhin diskutierte Vorschlag eines allgemeinen bedarfsunabhängigen Grundeinkommens würde das historisch neue Phänomen der absolut überschüssigen Zeit auf sozial und kulturell produktive Weise bewäl- tigen. Dass es mit Marktwirtschaft und bürgerlicher Eigentumsordnung unvereinbar wäre, ist nicht zu erkennen. Immerhin findet der Vorschlag bei Vertreter des großem Kapitals mehr Gegenliebe als - beispielsweise - bei Ge- werkschaftsfunktionären. 

Ob er unmittelbar finanzierbar wäre, ist eine entscheidende Frage, aber sie ist rein faktisch und in keiner Weise prinzipiell. Man wird es genau berechnen müssen, was nicht leicht sein wird, denn er würde eine ganze Reihe von Pämissen, die dem gegenwärtigen ökonomischen Denken selbstverständlich scheinen, außer Kraft setzen. Aber es gibt keinen systematischen Grund, weshalb das Grundeinkommen nicht möglich sein sollte. 

Es reduziert sich am Ende alles auf die Frage, ob es gewollt wird.

Und wenn nicht - warum nicht?
JE

 

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