Mittwoch, 30. November 2016

Arbeit ist nicht Formation, sondern Okkupation.


Arbeit ist nicht an und für sich "Formation" - wie sie Rousseau auffasst, nämlich als Begründung von Eigen- tum -, sondern Aneignung, Okkupation - nämlich ursprünglich des Bodens (so wie Fichte, 'Naturrecht', das Eigen- tum auffasst); der Akt des Aneignens der Naturdinge an ein Bedürfnis

8. 7. 87 

Es ist völliger Quatsch, dass bei Hegel die Arbeit "Entäußerung" des "Wesens" wäre - sie ist vielmehr und ganz richtig Vermittlung zwischen den Bedürfnissen und den 'Natur'-Gegenständen; siehe § Arbeit in der 'Rechtslehre'.

4. 6. 88


Nachtrag. Von Arbeit in einem ökonomischen Sinn kann überhaupt erst seit Aufkommen des Ackerbaus und eo ipso der "Arbeitsgesellschaft" gesprochen werden. Dass der Lebensmittelerwerb von Jägern und Sammlern An- eignung ist und nicht Formierung, springt ins Auge.




Dienstag, 29. November 2016

Poiesis, nicht Praxis.



Arbeit ist nicht Tätigkeit "überhaupt", nicht 'Produktion' "überhaupt", sondern zweck mäßige Tätigkeit - im Begriff des Zwecks liegt eben schon ihre objektivierende Dimension - nicht umgekehrt.

24. 9. 85

Eine Spinne verrichtet Operationen, die denen des Webers ähneln, und eine Biene beschämt durch den Bau ihrer Wachszellen manchen menschlichen Baumeister. Was aber von vorn herein den schlechtesten Baumeister vor der besten Biene auszeichnet, ist, daß er die Zelle in seinem Kopf gebaut hat, bevor er sie in Wachs baut. Am Ende des Arbeitsprozesses kommt ein Resultat heraus, das beim Beginn desselben schon in der Vorstel- lung des Arbeiters, also schon ideell vorhanden war. 
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Das Kapital I, MEGA II/5, S. 129f.





Montag, 28. November 2016

Wertgesetz und gesellschaftliche Anerkennung.


Barter

Es ist eine ungeschickte Formulierung: "Verteilung der verfügbaren Zeit" auf die "gesellschaftlich geltenden"  oder "geltend sollenden" Bedürfnisse: Die Entscheidung über die Verteilung der Zeit ist eben die Entscheidung über das "Gelten-Sollen" der jeweiligen Bedürfnisse: Das Allgemein-Gelten ist nichts anderes als die Anerkennung - für die Wissenschaftslehre konstitutiv, nämlich für deren reelle Grundlage - im 'Naturrecht' -, wo die Existenz des Anderen die Aufforderung an das empirische Individuum richtet, sich "als" Vernunftwesen zu konstiuieren: zum "Ich", nämlich dem Selbst-Bewusstsein...

Fichte kann im 'Naturrecht' den Akt der gegenseitigen, d. h. "wechselwirkenden" Anerkennung nur darstellen - insofern die Darstellung empirisch erscheint - als zwischen Zwei Individuen, "du und ich", was in der Tat eine subjektivistische Auffassung der Sache nahelegt; 'du und ich' als Paradigma, wovon "das Allgemeine" nur eine empirische, nämlich quantitative Ausweitung ist; Addition von cases, Häufung von "Fällen"; obwohl es aber doch 'logisch' umgekehrt gemeint sein muss!

Erst im Wertproblem ist die 'Anerkennung' allegemein gefasst: ist die Gesetztheit des Allgemeinen Voraussetzung für So-Gesetztheit (=als gleiche!) der Individuen.

Gelten ist natürlich immer gelten für..., nämlich für Anderes. Aber 'das Andere' - der Andere - 'ist' überhaupt nur als anderer, sofern er (mir) als solcher gilt. Mein Gelten ist "nichts als" mein Wirksam-Sein für Andere - und das setzt ipso facto dessen Gelten (=Wirksam-Sein) für mich; also beides "in einem einzigen Akt". Die 'Wechselwir- kung' ist nur die "Erscheinung" dieses 'einen Akts' in der Reflexion, für den Verstand, der vereinzeln und hernach addieren muss, in Raum und Zeit...

Der Markt ist die Lösung des Geltungs-, Anerkennungs-, Wert problems, weil er auch dessen realer historischer Grund ist. Er ist das reell Allgemeine,* das in die Vorstellung zuerst als logisch Allgemeines aufgenommen wird: Das Individuum wird jetzt, in der bürgerlichen Gesellschaft, "Subjekt": civis, der bourgeois wird citoyen, "Mensch"; zuvor war jeder das, was er eben war; jetzt sind sie alle dasselbe, "Mensch", "Gattung"; früher hatte jeder sein Recht, als privilegium, das ihm unter Ausschluss aller andern zugesprochen war; jetzt haben alle 'von Natur aus' dasselbe Recht, "Naturrecht". Der Vertrag als abstrakte Form des Tauschs wird zum Paradigma aller gesell- schaftlichen Verhältnisse, bis zum Exzess in Fichtes Revolutionsschriften!

Die Ware macht sie wirklich zu Gleichen - als Besitzer, d. h. sofern sie besitzen - des Arbeitsvermögens und der Bedingungen seiner Realisierung,** also insofern sie die wirkliche lebendige Arbeit "besitzen", d. h. kommandieren; und das tut der Arbeiter nicht.

Und hier kommen wir der Sache auf den Grund: Es handelt sich nämlich nicht um "Anerkennung überhaupt" - was eine rein formale Bestimmung wäre, d. h. gar keine; sondern um die Anerkennung als Gleiche; welche indes unter der bürgerlichen Form der Vergesellschsftung ebenfalls noch eine nur formale Bestimmung ist...

*) Die Konkurrenz ist die Verallgemeinerung actu, "prozessierend".
**) [Produktionsmittel] 

3. 8. 87 



Sonntag, 27. November 2016

Eine Neuerfindung der Wissenschaftslehre.



So kann man das sagen: die Kritik der Politischen Ökonomie ist eine selbständige Neu-Erfindung der Wissen- schaftslehre; ausgehend von einer reellen Wissenschaft, der reellen Wissenschaft: nämlich der Grundlage, mate- rialen Basis der Kultur-Geschichte schlechterdings... - zurückgeführt auf deren praktischen Grund; wobei daber eben ernstgemacht ist mit "dem Praktischen" als reellem wie logischen Grund: indem das gesellschaftliche Leben - und nicht, wie noch bei Fichte, lediglich "das" Leben" - als das Praktische schlechthin, als das, was aus Freiheit möglich war, aufgefasst wird.

Und aus diesem Gesichtspunkt heraus gelingt es Marx auch, die Fichtesche Darstellung zu übertreffen ("vollen- den"), indem er "die Vernunft" bzw. "das schlechthin setzende Vermögen" in seiner Entstehung darstellen kann, der "Tathandlung" ein empirisches Substrat, einen realen Prozess zugrundelegen kann; zeigt nicht nur, dass, son- dern auch, wie aus der "Unvernunft" "Vernunft" hervorgehen kann, d. h. gegangen ist, ohne auf Platos Ideen- olympp oder eben auf Fichtes "Normalvolk" zurückgreifen zu müssen. Den realen Grund vom Sinn: den reellen Prozess, "Begebenheit", wie empirisch Sinn in die Geschichte gekommen ist!


Denn wenn zwar auch bei Fichte "das Praktische" zugleich realer und logischer Grund der Phänomenalität ist, so ist doch Fichtes "Praktisches" in der Tat nur ideal Praktisches; d. h. nur als ideales Setzen (Wirken) kann er es fassen. Wenn es also zwar als "das Absolute" der Einheitsgrund des "Seienden", nämlich des "Wirksamen" ist, so trägt es doch seinen Zwiespalt schon auf die Stirn geschrieben.

Es muss "das Praktische" wirklich als die indifferente Einheit von reeller und ideeller Produktion=Setzung auf- gefasst und dargestellt werden. Insofern wäre es terminoligisch durchaus treffend, das Praktische, den Grund der Geschichte, das sich selbsterzeugende Bedürfnis, als gesellschaftliche Praxis zu umschreiben; wenn der Aus- druck nicht durch msytifizierenden Missbrquch versumpft und verseichtet wäre: alles und zugleich nichts bedeutet...

Freilich auch bei Fichte kommt der "Verkehr", die gesellschaftliche Praxis, als reeller Grund der Vernunft vor; aber nicht in der Wissenschaftslehre selbst, sondern "erst" - sozusagen retroaktiv - in der Praktischen Philosophie selbst: Naturrecht von 1797: als wechselseitige "Aufforderung"...!

17. 6. 87


Nachtrag. Von der Wissenschaftslehre kannte ich zu diesem Zeitpunkt nur die Grundlage und die Ausarbeitungen nach 1800 in den Sämmtlichen Werken. Weder kannte ich die WL nova methodo, noch war mir damals Fichtes dog- matische Wendung schon bewusst; bewusst, dass man die späteren Darstelllungen nicht mehr als Transzenden- talphilosophie verstehen kann.

JE




Samstag, 26. November 2016

Die Nachfrage ist der materielle Inhalt des Verkehrs.



Die welthistorische Entwicklung der Nachfrage - ihre universelle Ausbildung - hängt zunächst ab vom Bekanntwerden der Produkte der verschiednen Länder der Erde unter sich. Wenn in der weiteren Entwickung die Nachfrage den Verkehr schafft, so schafft ursprünglich der Verkehr die Nachfrage. Sie ist der materielle Inhalt des Verkehrs - die Gesammtheit der Gegenstände des Austauschs, der in den Tausch und Handel kommenden Waaren.

Kriege, Entdeckungsreisen u.s.w., alle historischen Ereignisse, wodurch die Verbindung miteinenader gebracht werden, sind ebenso viele Bedingungen der Erweiterung der Nachfrage - der Bildung des Weltmarkts. Das Wachstum der Nachfrage besteht unmittelbar, zunächst darin, daß schon vorhandne Producte verschiedener Länder gegeneinandere getauscht werden. Die Nachfrage verliert allmählig den lokalen u.s.w. Charakter und wird kosmopolitisch. In diese Consumtionm der Invividuen eines Landes geht so immer die Production aller Länder ein.

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K. Marx, Nachfrage, MEGA IV/6, S. 974 


Nota. - Nachfrage ist Bedürfnis; allerdings nur das durch Tauschwert - Geld - zertifizierte, "geltend gemachte" Bedürfnis. Die ihm als Nachfrage gegenüberstehende Geldmenge macht die angebotenen Gebrauchswerte als solche 'gültig' - indem sie ipso facto Tauschwert erhalten. Alles geht restlos auf. 

Es gäbe gar kein Problem, wenn nicht das Geld ungleich verteilt wäre. Die einen haben grad soviel, dass sie ihren täglichen Lebensunterhalt daggen eintuschen können, die andern haben genug, um es als Kapital fungie- ren zu lassen. Die Folge ist, dass eine Menge Bedürfnisse unbefriedigt bleiben und eine Menge Gebrauchswerte ins Meer gekippt werden. [Die obige Notiz wurde in 1846-47 niedergeschrieden. (Gülich-Exzerpt).]
JE


Freitag, 25. November 2016

Die Unbestimmtheit der Zwecke, oder: Nicht die Lösungen sind durch Freiheit möglich, sondern die Probleme.



Wenngleich es "normal" ist, dass Dächer zweifach geneigt, dass Äxte mit einem Stiel versehen sind, dass der Schwepunkt eines Pfeils auf einem Drittel seiner Länge liegt, so ist es weder "normal" noch "anormal", dass es Häuser, Äxte, Pfeile gibt, sondern "willkürlich". Unstreitig wird dabei jedesmal die Rationalität des Realen ge- nutzt. Aber damit sie in solch brauchbarer Weise hervortreten kann, bedarf sie einer "absoluten Setzung" des Hauses, der Axt und des Pfeils. Sicher, es mag "obligatorische Lösungen" geben, aber zugleich gilt, dass es für den Menschen keine absoluten Probleme gibt. 

Damit berühren wir wiederum einen wesentlichen Punkt der technischen Schöpfung: Der Mensch steht nicht einigen ein für allemal festgelegten Problemen gegenüber, zu denen er im Laufe der Zeitalter "obligatorische" oder immer bessere Lösungen liefert; es gibt keinen Fixpunkt der menschlichen "Bedürfnisse". Der tiefe Gra- ben, der die Lebensbedürfnisse der Menschen als einer biologischen Art von den Bedürfnissen der Menschen als geschichtlichen Wesen scheidet, wird von der menschlichen Imagination gezogen, und die Hacke, die sie dazu braucht, ist die Technik.
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Cornelius Castoriadis, Durchs Labyrinth; Seele, Vernunft, Gesellschaft. Frankfurt/M., 1981, S. 204f.


Nota. - Da ließe sich manches zu sagen; vor allem dies: Mit der 'Rationalität des Realen' hat er dem Objektivis- mus mehr zugestandem, als ihm zukommt. Bei der Bewältigung der Probleme, die sie sich stellen, bedienen sich die Menschen der technischen Mittel, die sich bewährt haben, und das ist eben: die durch unsere Gattungsge- schichte angestammte pp. Vernunft, die sich im Lauf der Jahrhunderttausende in unserer Technik niedergeschla- gen hat: der Ökonomie von Ursachen und Wirkungen. Nicht die Realität ist rational, sondern das Verfahren, durch das wir sie uns aneignen.
JE


Donnerstag, 24. November 2016

Nicht die Not ist die Triebkraft der Geschichte, sondern der Überfluss.


Adriaen van Utrecht 1644 

Es ist nicht wahr, dass der Mangel der "Motor der Entwicklung" ist, dass also 'das Negative' 'das Treibende' sei: Es ist im Gegenteil der Überfluss der Motor, das "sonntägliche Bedürfnis", denn er hat den Mangel allererst kreiiert - als "Notdurft", Bedürfnis nach... dem Plus ultra.*

Das Setzen selbst ist das Prinzip des Setzens; das Entgegenetzen ist dessen "Prinzipat": die Bestimmung des Setzens.

*) "Der Mensch, in dem seine eigne Verwirklichung als innere Notwendigkeit, als Not existiert"! 
in Pariser Manuskripte, MEW-EB I, S. 544 

"Der Witz ist vielmehr, daß die zur Fristung der absoluten Bedürfnisse nothwendige Arbeitszeit freie Zeit läßt (verschieden auf den verschiednen Stufen der Entwicklung der Productivkräfte) und daher Surplusproduce geschaffen werden kann, wenn Surplusarbeit ge- arbeitet wird. Das Verhältniß selbst aufzuheben ist der Zweck; so daß das Surplusproduce selbst als nothwendiges erscheint. Schließlich die materielle Production jedem Menschen Surpluszeit zu andrer Thätigkeit läßt. Darin nun nichts Mystisches mehr. Ursprünglich die freiwilligen Gaben der Natur reich, oder wenigstens nur anzueignen. Von vornherein naturwüchsig Association (Familie) und ihr entsprechende Theilung der Arbeit und Cooperation. Denn ebenso ursprünglich die Bedürfnisse arm. Sie entwickeln sich selbst erst mit den Productivkräften." 
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Grundrisse, MEGA II/1.2  S. 500 [MEW 42, S. 513]  
  


14. 2. 87 





Dienstag, 22. November 2016

Bedürfnis = Absicht.


Lothar Sauer

"Geist = Absicht", heißt es bei Fr. Schlegel; das ganze Mysterium der "materialistischen Geschichtsauffassung" erhellt auf einen Schlag, wenn wir, dieses Satzes eingedenkt, generell das 'selbsterzeugte Bedürfnis' - die 'Tat- handlung', "erste geschichtliche Tat" - mit "Absicht" übersetzen. 

3. 8. 89



 

Montag, 21. November 2016

Bedürfnis und Vorstellung (Setzen und bestimmen).



Aber die Menschen beginnen keineswegs damit, "in diesem theoretischen Verhältnis zu Dingen deer Außenwelt zu stehen". Sie fangen, wie jedes Tier, damit an, zu essen, zu trinken etc., also nicht in einem Verhältnis zu "stehen", sondern sich akriv zu verhalten, sich gewisser Dinge der Außenwelt zu bemächtigen durch die Tat, und so ihr / Befürfnis zu befriedigen. (Sie beginnen also mit der Produktion.)

Durch die Wiederholung dieses Prozesses prägt sich die Eigenschaft dieser Dinge, ihre "Bedürfnisse zu befriedigen", ihrem Hirn ein, die Menschen wie Tiere lernen auch "theoretisch" die äußern Dinge, die zur Befriedungung ihrer Bedürfnisse dienen, vor [sic] allen andern zu unterscheiden. Auf gewissem Grad der Fortentwicklung, nachdem unterdes auch ihre Bedürfnisse und die Tätigkeiten, wodurch sie befriedigt werden, sich vermehrt und weiterentwickelt haben, werden sie auch bei der ganzen Klasse dieser erfahrungsmäßig von der übrigen Außenwelt unterschiednen Dinge sprachlich taufen. Dies tritt notwendig ein, da sie im Produktionsprozess - i. e. Aneignungsprozess dieser Dinge - fortdauernd in einem werktätigen Umgang unter sich und mit den Dingen stehen und bald im Kampf mit andern um diese Dinge zu ringen haben.

Aber diese sprachliche Bezeichnung drückt durchaus nur aus als Vorstellung, was wiederholte Bestätigung zur Erfahrung gemacht hat, nämlcih dass den in einem gewissen gesellschaftlichen Zusammenhang bereits lebenden Menschen (dies der Sprache wegen notwendige Vorausssetzung) gewisse äußere Dinge zur Befriedigung ihrer Bedprfnisse dienen. Die Menschen legen diesen Dingen nur einen besondern (generic) Namen bei, weil sie bereits wissen, dass dieselben zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse dienen, weil sie ihrer durch mehr oder miner oft wiederholte Tätigkeit habhaft zu werden und sie daher auch in ihrem Besitz zu erhalten suchen; sie nennen sie vielleicht "Gut" oder sonst etwas, was ausdrückt, dass diese Dinge ihnen nützhlich [sind], und geben dem Ding diesen Nützlichkeitscharakter als von ihnen besessen, obgleich es einem Schaf schwerlich als eine seiner "nützlichen" Eigenschaften vorkäme, dass es vom Menschen essbar ist.

Also: die Menschen fingen tatsächlich damit an, gewisse Dinge der Außenwelt als Befriedigungsmittel ihrer eignen Bedürfnisse sich anzueignen etc. etc.; später kommen sie dazu, sie auch sprachlich als das, was sie in praktischer Erfahrung für sie sind, nämlich als Befriedigungsmittel ihrer Bedürfnisse zu bezeichnen, als Dinge, die sie "befriedigen". Nennt man nun diesen Umstand, dass die Menschen soclhe Dinge nicht nur praktisch als Befriedigungsmittel ihrerBedürfnisse behandeln, sondern sie auch in ihrer Vorstellung und, weiter, sprachlich, als ihre Bedürfnisse, als sie selbst "befriedigende" Dinge bezeichnen (solange das Bedürfnis des Menschen  nicht befriedigt ist, ist er im Unfrieden mit seinem Bedürfnis, also mit sich selbst), nennt man dies, "nach dem deutchen Sprachgebrauch", ihnen einen "Wert" beileen.

So hat man bewiesen, dass der allgemeine  Begriff "Wert" entspringt aus dem Verhalten des Menschen zu den in ihrer Außenwelt vor-/gefundenen Dingen, welche ihre Bedüfnisse befriedigen, und mithin, dass dies der Gattungsbegriff von "Wert" ist und alle andern Weertsorten, wie z. B. der chemische Wert der Elementenur eine Abart davon.

Es ist "das natürliche Bestreben" eines deutschen Ökonomieprofessors, die ökonomische Kategorie "Wert" aus einem "Begriff" abzuleiten, und das erreicht er dadurch, dass, was in der politischen Ökonomie vulgo "Gebrauchswert" heißt, "nach deutschen Sprachgebrauch" in "Wert" schlechthin umgetauft wird. ...
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K. Marx, Randglosssen zu A. Wagners 'Lehrbuch der politiwchen Ökonomie', in MEW 19, S. 362ff.



Sonntag, 20. November 2016

Reale und ideale Tätigkeit.


Beate Güldner

Die Erzeugung der Bedürfnisse ist der "Grund", das Materiale der reellen Geschichte; der "Grund", das Materia- le, der 'Stoff' der ökonomischen Formbestimmung ist hingegen die Entscheidung darüber, welches Bedürfnis gelten soll: nämlich in der Gesellschaft. 

Das ist ein faktisches Ereignis, das der "Formbestimmung" zu Grunde liegt: und der "Grund" kommt als solcher im Prozess der Formbestimmung nicht vor - weil er sie ja eben "begründet"; kommt also in der Darstellung der Formbestimmung ebenfalls nicht vor; Formbestimmung = Kategorien.

Also kann der "Stoff" des ökonomischen Prozesses in der "dialektischen", nämlich kategorialen Darstellung gar nicht auftreten: Er liegt außerhalb ihrer "Grenzen".

Das Erzeugen des Bedürfnisses ist die "reale" Tätigkeit; das Bestimmen, 'was', bzw. 'wieviel' das Befürfnis gelten soll - also nach dem "an-sich"-Setzen des Bedürfnisses sein Bestimmen als ein solches - das ist die reflektierende, die "ideale" Tätigkeit.  

Und in dieser "materialistischen" Darstellung liegt es unterm Auge, dass es sich "in Wirklichkeit" nur um ein und dieselbe Tätigleit handelt: Bedürfnis ist "Wert"-Bestimmung, "Wert"-Setzung: 'was' ('wieviel') das 'Ding' mir, näm- lich meinem Zweck,"wert" ist, aber sobald ich in Gesellschaft existiere, 'setze' ich nicht allein: Die "Dinge" sind nun nicht schon "meine"; ich kann sie nur in Gesellschaft aneignen, und meine Zeit ist nicht nur "meine": Auch sie muss ich mir in der und durh die Gesellschaft erst aneignen; ich bin nur mittelbar Eigentümer sowohl der 'Dinge' als auch meiner selbst, d. h. meiner Zeit. D. h. ich bin beherrscht - sei es durch Personen, sei es durch den allgemeinen Zusammenhang zwischen den Personen.

14. 9. 87


Nachtrag. - Der Versuch, die Begriffe des einen philosophischen Systems wörtlich und unvermittelt in ein anderes philosophisches System zu übersetzen, wird immer ein wenig belustigen. Aber wie soll man anders anfangen, wenn man die Vermutung einer logischen Verwandtschaft überprüfen will? Es ist ja klar, dass auch die größte Passgenauigkeit gegebenenfalls nur sozusagen gilt; aber das wäre die Spur, die weiter zu verfolgen ist.



Samstag, 19. November 2016

Empirisch erscheint die "erste geschichtliche Tat" als Schaffung von disposable time.


Barberini Faun

Empirisch, in der realen Geschichte, ist das "neue Bedürfnis", die "Tathandlung", "causa sui", "generatio aequivoca" usw. nichts als der Überschuss über das "ursprünglich gegebene" Naturbedürfnis, und zwar unter Umständen, unter denen der Überschuss nicht aleatorisch, sondern systematisch entsteht; empirisch: Beginn des Ackerbaus, notamment Getreidebau.

Wenn also das "Bedürfnis" in der Kritik der politischen Ökonomie nicht in derselben systematischen Bedeu- tung erscheint wie die Tathandlung in der Wissenschaftslehre, so darum, weil es seine systematische Bedeutung hat, seine Schlüsselrolle, in seiner empirisch greifbaren Gestalt als Überschuss... an Arbeitszeit. 

Disposable time im Unterschied zur notwendigen Arbeit - das ist allerdings der Schlüssel zur Wertform; denn nur, weil (Arbeits-)Zeit disponibel ist, stellt sich überhaupt das Problem (!), auf welche Bedürfnisse sie verteilt werden soll: also was die jeweiligen Bedürfnisse gegeneinander gelten sollen. (Unter den Bedingungen des Naturzustan- des stellt sich so ein 'Problem' nicht: Da gibt es nichts zu entscheiden, also gibt es auch keine Zwecke, nämlich keine gewollten.)

22. 4. 87


Nachtrag.  

Auch in Jäger- und Sammler-Zeiten kamen Überschüsse vor: zufällig, unvorhersehbar, nicht einzuplanen. Da man sie weder konservieren noch auf Wanderungen mitführen konnte, blieb nur eines übrig: Sie verprassen im Fest. Das Fest ist die Grundform aller Kultur und ist älter als Arbeit und Ackerbau.





Freitag, 18. November 2016

Krisis und Aktualität der Revolution.


John Martin, The Great Day of His Wrath

Bis hierhin mag man in den mannigfachen Parallelitäten zwischen Wissenschaftslehre und Kritik der Politischen Ökonomie bloße strukturelle Ähnelichkeiten erkennen, die auf ebenso mannigfachen Einzelursachen und also auch auf Zufall beruhen könnten. Für beide Denker aber - für Fichte ausdrücklich, für Marx bewährt durch seine Biographie - war die praktische Philosophie die Urbeberin der theoretischen. Eine wesentliche Überein- stimmung beider Lehren müsste auf einer Entsprechung der postulierten praktischen Zwecke beruhen - in specie in ihrer politischen Geschichtsphilosophie.

C
Primat des Praktischen: die Aktualität der Revolution

Nachdem ich also die Übereinstimmung zwischen der ‘Kritik der politischen Ökonomie’ und der ‘Wissen- schaftslehre’ nach ihrem  P r i n z i p  (‘Standpunkt’) sowohl als nach ihrer  M e t h o d e dargelegt habe, bleiben zwei Fragen:

E r s t e n s, ist es ein reiner  Z u f a l l,  daß Marx ‘zurück zu Fichte’ gegangen ist – ohne es zu ahnen, ohne die ‘Wissenschaftslehre’ überhaupt zu kennen ((von letzterem bin ich überzeugt))?!

Z w e i t e n s, ist es ein noch größerer Zufall, daß  i c h,  nach einem Jahrhundert Marx-Philologie, diesen ’Zufall’  e n t d e c k t  habe, der doch so vielen klugen Köpfen verborgen geblieben war?!

Ein ‘Zufall’ ist es, solange man im Gebiet der theoretischen Philosophie bleibt; tritt man in die praktische Philosophie hinüber, die doch, nach Marx wie nach Fichte, die theoretische erst  b e g r ü n d e n  muß, dann bekommt der ‘Zufall’ Methode: Die theoretische Übereinstimmung beruht nämlich auf einer Übereinstim- mung in der praktischen Stellungnahme Beider zu ihrer Zeit: der  p o l i t i s c h e n  Stellungnahme zur Ak- tualität der Revolution – und kann darum auch nur im Licht dieser Stellungnahme wahrgenommen werden; will sagen, man muß diese praktische Stellungnahme  s e l b e r  vollziehen – in der bloßen Theorie stößt man nie drauf…

Mit ‘Übereinstimmung der praktischen Stellungnahme“ meine ich freilich nicht die rein biographische Ko- inzidenz, daß beide zur ihrer Zeit Propagandisten der Revolution gewesen sind; es ist vielmehr eine Überein- stimmung in ihrer praktischen Philosophie par excellence, nämlich der  G e s c h i c h t s a u f f a s s u n g.

Und in der Tat liegt hier der Schlüssel zu M.’s Bruch mit dem Hegelschen Emanatismus: Die wirkliche Ge- schichte ist ihm nicht jenes Epiphänomen, durch welches die ewig-unvordenkliche Heimkunft der ‘Idee‘ zu sich selber in unsere verkehrte Endlichkeit hinüber wetterleuchtet: nicht ‘Fortschritt im  B e w u ß t s e i n  der Freiheit, sondern die Herstellung  e f f e k t i v e r  Freiheit durch die und für die  e m p i r i s c h e n   I n d i v i d u e n. Die Geschichte erscheint bei Marx wie bei Fichte nicht als eine zyklische Abfolge von  S t u f e n  (wo die letzte zugleich die erste ist, so daß sich eigentlich alles im Kreise dreht und der ‘Fortschnitt‘ nur  S c h e i n  ist), sondern das Zusammenfließen allen individuellen Geschehens in einen  P u n k t,  den Kno- tenpunkt, die Alles entscheidende Krisis: es ist der Moment, an dem die Menschen heraustreten aus ihrer Naturgesetztheit und deren Repräsentationen innerhalb der menschlichen Gesellschaft selbst, in die Selbst- bestimmung; Freiheit ist nicht die  E i n s i c h t  in die Notwendigkeit, sondern deren  E n d e.

Und die  S c h w e l l e,  die das Reich der Freiheit vom Reich der Notwendigkeit trennt — oder wo sie an einander stoßen… —, das ist für Marx wie für Fichte die  b ü r g e r l i c h e   G e s e l l s c h a f t.*  Hier muß sich entscheiden, ob die empirischen Menschen in der Tat  S u b j e k t e  der Geschichte werden sollen oder nicht – und erst von hier  aus läßt sich — rückwirkend — entscheiden,  o b  sie sich ‘immer schon’ auf die- sem Weg befunden haben: Die bürgerliche Gesellschaft ist die  K r i s i s,  die erst das  U r t e i l  darüber fällt, ob die ganze Geschichte ein  F o r t s c h r i t t  war oder nicht.

Für Marx wie für Fichte ist die bürgerliche Gesellschaft die revolutionäre ‘Situation’ par excellence, und nur als solche gibt sie der Vergangenheit Sinn. Die praktische Philosophie von Marx wie von Fichte steht unterm Postulat der  R e v o l u t i o n   i n   P e r m a n e n z  — und in diesem praktischen Motiv ist ihrerseits die ‚Tathandlung‘ als theoretisches Prinzip begründet 

*) vgl. Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters.




 

Donnerstag, 17. November 2016

Kritik der Waffen.


   
Horace Vernet, Juniinsurrektion; Barrikade in der Rue Soufflot

Sache der Kritik war es, die wissenschftlichen Mystifikationen der Politischen Ökonomie aufzudecken. Doch war ihr Zweck kein wissenschaftlich-theoretischer, sondern ein politisch-praktischer. Nämlich der, die tatsäch- lich stattfindende Arbeiterbewegung zu rechtfertigen. Rechtfertigen nicht in engen Sinn als Entschuldigen durch das Leiden, sondern im weiten Sinn als Legitimieren durch ihren Zweck. Die Waffe der Kritik konnte die Kritik der Waffen nicht ersetzen. 
 
III. Historischer Materialismus‘ oder: die „Metakritik“ der politischen Ökonomie 

Die spezifische Arbeit der Kritik ist es, „eine Wissenschaft erst auf den Punkt zu bringen, um sie dialektisch darstellen zu können“ — das bedeutet: die Aufdeckung des „dialektischen Scheins“ (Kant), wonach die kate- gorialen (‚Sinn‘-) Bestimmungen an oder in dem Faktischen (‘Sein’, ‘Material’) selbst gegeben seien; Dar- stellung, daß — und  w i e  — sie ‘in Wirklichkeit’ in den Stellungnahmen des (interessierten) Subjekts, also praktisch, begründet sind.

Die dialektische Darstellung selbst, nämlich „das  R a t i o n e l l e  an [dieser] Methode“, ist gerade Dar- stellung  d e r   K r i t i k:  das Material jener Wissenschaft aus seiner Gebundenheit in die gegebenen Form- bestimmtheiten zu lösen, um den  P r o z e ß  der Form b e s t i m m u n g  als solchen zu rekonstruieren, ‘vor unseren Augen erstehen zu lassen’ — als „Wechselwirkung“ der Kategorien. Aber da das Material sich ja eben  n i c h t  ‚als solches‘, ‚unabhängig‘ von jeder Form darstellen läßt, ist dies nur zu bewerkstelligen, in- dem die — ‘immer schon’ vorauszusetzenden — Formbestimmungen  a l s   v e r s c h w i n d e n d  darge- stellt; indem also „die Grenzen“ der dialektischen Begriffsbewegung nicht bloß„gekannt“, sondern selber als solche zur Darstellung gebracht werden.

Dieser Punkt ist erreicht, wo die Begriffsdialektik sich ad absurdum führt, weil sie sich „in einem fehlerhaf- ten Kreislauf herumdreht“, im  L e e r e n  sich dreht: beim Übergang vom „Geld als Geld“ zum „Geld als Kapital“ bzw. von der einfachen Zirkulation zur Verwertung; denn da zeigt sich, daß „die dialektische Form der Darstellung“ des kapitalistischen Reproduktionsprozesses das Wertgesetz immer schon voraussetzen muß, und es eben nicht e r k l ä r e n, geschweige denn begründen kann.

Darum ist „die sogenannte ursprüngliche Akkumulation“ der logische Dreh- und Angelpunkt der Marx’schen Darstellung: der tatsächliche Vorgang der Trennung der Arbeiter von ihrem Arbeits-, d.h. Lebensmittel (dem B o d e n),  der sich eben nicht ’aus Begriffen entwickeln’, sondern nur    e m p i r i s c h    b e s c h r e i b e n läßt (vgl.  'Formen'-Kapitel der Grundrisse).

Wie am ‘Anfang’ der Kapitalentwicklung, so an ihrem ‘Ende’: Der „reale Prozeß“ erweist sich als der logi- schen Entwicklung inkommensurabel; in dem Moment, wo die Gebrauchswerte faktisch immer weniger durch „lebendige Arbeit“ erzeugt werden, sondern stattdessen von der aufgehäuften “toten Arbeit“, die als „Geschicklichkeit + Wissenschaft“ in der  M a s c h i n e  objektiviert ist, wird deren Wertbestimmung durch die („menschliche Arbeits-“) Z e i t  hinfällig (vgl. Abschnitt „Fixes Kapital“ in den Grundrissen). (Dies die allgemeinste Formulierung des  Z u s a m m e n b r u c h s g e s e t z e s …)

Es ist dies die  B e h a u p t u n g   des  G e b r a u c h s wertseite des (f i x e n) Kapitals — „tote Arbeit“ – gegen die  F o r m bestimmtheit der lebendigen Arbeit; es ist dies der  S t o f f,  das Faktische, das sich gegen die gesellschaftlich-allgemeinen Geltungen  s e l b s t   z u r   G e l t u n g   b r i n g t;  und der „Gebrauchs- wert“ ist ja nichts anderes als die gegenständliche Form des (selbsterzeugten)  B e d ü r f n i s s e s. 

Von hier aus läßt sich nun des „Wertproblem“ rationell darstellen, nachdem das selbsterzeugte Bedürfnis als dessen reeller wie logischer  G r u n d  aufgefunden ist (‘reell’ und  z u g l e i c h  ‘logisch’, weil  p r a k t i s c h…):  Der ”Wert“ ist die Form, in der sich unter historisch-bestimmten,  t a t s ä c h l i c h e n Bedingungen die Frage der gesellschaftlichen  G e l t u n g  wirklich stellt: als die Verteilung der gesellschaftlichen  Z e i t  auf die zu realisierenden Bedürfnisse:

1) Im ‘Anfang’ ist die Zeit reichlich, weil die Bedürfnisse  a r m:  das praktische Problem, die individuellen Bedürfnisse gegen einander zu  w ä g e n,  zu „schätzen“, zu  w e r t e n  als solche, die ‘gelten’ sollen oder nicht…, ist gar nicht gestellt; denn die Bedürfnisse sind ‘naturgegeben’ und als solche einander gleich-gültig, weil sie zugleich auch a priori befriedigt sind: von der ‘Natur’; ‘Ökonomie’ findet nicht statt, sondern ökolo- gische Homöostase: Naturbedürfnis und Aneignung vorgefundener Lebensmittel gleichen sich gegenein- ander aus durch das Naturgesetz von Anpassung und Selektion.

Zeit ist eo ipso  f r e i e  Zeit (also gar keine!)

2) ‘Beginn’ der  G e s c h i c h t e  durch Erzeugung neuer,  k u l t u r e l l e r  Bedürfnisse; empirisch: Erzeu- gung von  Ü b e r s c h u ß  über den „Konsumtionsfonds“ der “naturwüchsigen Gemeinwesen“ hinaus; und das Bedürfnis  d a n a c h.  Die Zeit wird jetzt  k n a p p,  indem die Bedürfnisse  r e i c h e r  werden. Die (gemeinsame) Zeit muß auf die (individuellen) Bedürfnisse  v e r t e i l t  werden; die Bedürfnisse müssen  g e s e l l s c h a f t l i c h   g e w e r t e t  werden.

Die Scheidung der ‘höheren’ Bedürfnisse von den ‘niederen’ stellt sich dar in der Ausbildung ‘höherer‘ K l a s s e n,  die, indem ihre Existenz die beständige Erzeugung von Überschuß als gesellschaftliche   N o t w e n d i g k e i t  setzt, Motor der  A k k u m u l a t i o n  werden: Akkumulation der Bedürfnisse, Anhäufung und Monopolisierung der Produktivkräfte  (H e r r s c h a f t  über das Arbeitsvermögen).

Die Verknappung der Zeit erzwingt  Ö k o n o m i e  (= Zeitersparnis): Arbeitsteilung und Kooperation. Objektivierung der akkumulierten Bedürfnisse in der Qualifizierung der Produktivkräfte: Arbeitsmittel und Arbeitsvermögen.

Die Zeit erscheint eo ipso gesetzt als  A r b e i t s zeit.

Der Austausch (nb. zunächst Austausch der Überschüsse!) vermittelt die naturwüchsigen Gemeinwesen zur geschichtlichen  G e s e l l s c h a f t;  die Menschen werden zu (privaten)  I n d i v i d u e n,  die durch den  M a r k t  in allgemeinen Verkehr miteinander gebracht werden: Verallgemeinerung von Arbeitsteilung und Kooperation. Der Arbeitsprozeß wird selbst gesellschaftlicher, reell allgemeiner Prozeß.

Verallgemeinerung des Austauschs, Verallgemeinerung der Bedürfnisse: das ‘höhere’ Bedürfnis wird zum  g e m e i n e n  Bedürfnis (die privilegierten Bedürfnisse der monopol1isierenden Klassen hören auf, Trieb- feder  (und also notwendig für die Akkumulation [Kulturation] zu sein.)

Akkumulation bedeutet: fortschreitende Verschiebung der Produktivkraft von der „lebendigen“ Arbeit (der Menschen) auf die angehäufte „tote“: das Arbeitsmittel; als  M a s c h i n e  =  f i x e s   K a p i t a l ; Verlage- rung der Produktivkraft aus dem lebendigen Subjekt ins unbelebte Objekt – und das  heißt  j e n s e i t s  der  Z e i t!

3) Nun können die Bedürfnisse (soweit sie auf Gegenstände [!] gerichtet sind) als durch das selbsttätige Arbeitsmittel virtuell   i m m e r   s c h o n   r e a l i s i e r t  gelten; indem die Zeit aufhört, a priori als  A r b e i t s zeit  bestimmt zu sein, hört sie auch auf, mögliches Maß der Werte zu sein: die Notwendigkeit des Wertens selbst entfällt! Die Wertproduktion ‘entfällt’, das Kapitalverhältnis bricht zusammen. —

Derart arbeitet die kapitalistische Weise der Verteilung der disponiblen Zeit auf die sich geltend machenden Bedürfnisse auf ihren eigenen Zusammenbruch hin. Aber das Untergehn der  F o r m bestimmung   a k t u a l i s i e r t   eben die Frage nach ihrem  G r u n d:  ’Soll’ der Zusammenbruch stattfinden als  D e s a k k u m u l a t i o n  (letzten Endes: der Bedürfnisse selbst!) = ‘Untergang in der Barbarei’? Oder als  f r e i – Setzung der Bedürfnisses  ’a l s’  sich selbst erzeugende; ‘schlechthin’-Setzung des Bedürfnisses als „freie Tätigkeit“ — d.h. „Leben“ nicht mehr als  A r b e i t,  sondern als… "S p i e l ".

Summa: ‘Kritik’ bedeutet, allgemein gesprochen, nichts anderes als die Zurückführung des theoretischen Wissens auf seinen praktischen Grund. Dieser  G r u n d  ist bei Marx das selbsterzeugte, sich selbst erzeugende Bedürfnis. Dessen Darstellung als ‘Stoff’, als das  M a t e r i a l e  der Geschichte, wird treffend ‘historischer  M a t e r i a l i s m u s‘  genannt. Und diese Handhabung der Dialektik als — wie Kant sie nennt — „Katharktikon des Verstandes“ zur  D a r s t e l l u n g  jenes Grundes ist, ebenso wie Fichtes ‘Wissenschaftslehre’,  M e t a - Kritik.


Mittwoch, 16. November 2016

Der dialektische Schein.


Pankration

Marx hat die Hegel'sche Dialektik, wie er sagte, "vom Kopf auf die Füße" gestellt: Während bei Hegel das 'Ganze' von seinem inneren (begrifflichen) Widerspruch in Bewegung  - These-Antithese-Synthese - gehalten wird, ist es bei Marx das verstehende Subjekt, das seine Vorstellungen nur durch Entgegensetzen bestimmen kann. Also nicht die Geschichte selbst 'verfährt dialektisch', sondern der kritische Wissenschaftler muss dialek- tisch verfahren, wenn er sie reale Entwicklungsdynamik durchschauen will. 

Die reale Entwicklungsdynamik wird dominiert nicht von logischen Widersprüchen, sondern von realen Anta- gonismen, und die lösen sich nicht "synthetisch" in einer Höheren Einheit, sondern praktisch durch Kampf, Sieg und Niederlage.

7) Kein Realsubjekt, keine Realdialektik

— Zwischen dem Arbeitsvermögen als transzendentalem Begriff und seinem Gegensetz: dem ‘Arbeits- mitttel‘,  (bzw. ’Kapital’) waltet allerdings eine ’Dialektik’: nämlich Wechselbestimmung durch Entgegen- setzung; aber eben nur zwischen den Begriffen, wo sie auch hingehört;

— zwischen den empirisch gegebnen Proletariern und den ebenso empirisch gegebnen Kapitalisten herrscht keine ‘Dialektik’, nicht einmal begrifflich: denn selbst begrifflich sind erstere lediglich  O b j e k t e  der letzteren, ‘Leiden’ ohne ‚Tätigkeit‘,  Rezeptivität ohne Spontaneität;

— und schließlich zwischen der ‘Arbeiterklasse‘ als politischem Begriff, praktischem Postulat — nämlich immer unter der Voraussetzung, daß sie wirklich als solche handelt — und der Kapitalistenklasse (nicht: “dem Kapital”!) herrscht keine ‘Dialektik’ (=Wechselbestimmung), sondern — ggf. — ein  r e a l e r   A n t a g o n i s m u s,  alias “Klassenkampf”: endend nicht in der ‘Synthese’, “Aufhebung” beider in eine “höhere Kategorie”, sondern…  S i e g  der einen über die andre…

Was sich in der Vorstellung nun wieder so ausdrücken läßt, daß ‘das Arbeitsvermögen’ mit ‚dem Arbeits- mittel‘ wieder ‘vereinigt’ wird (“Aufhebung der Teilung der Arbeit durch ihre Vollendung“), wobei man allerdings die (“idealistische”) Vorstellung fernzuhalten hat, als ob das, was durch die Wechselbestimmung der  B e g r i f f e  als logische Notwendigkeit erscheint, in der wirklichen Geschichte der empirischen Individuen eine real wirkende  K r a f t (“Entwicklungsgesetz”) wäre.

Denn in dem wissenschaftlichen Modell, das die ‘Kritik der politischen Ökonomie’ vom Gesamtprozeß der kapitalistischen Reproduktion entwirft, nämlich wo die ‘Kritik’ selber  T h e o r i e  ist, die das tatsächliche Geschehen ‘erkennen’ will; also in der ökonomischen Theorie geht die kapitalistisch Produktionsweise  n i c h t  an der Aktion der Verkäufer von Arbeitskraft zugrunde, sondern… am Fall der Profitrate! Und dies allerdings ‘notwendig‘, d.h. mit realer Kausalität; aber der kapitalistische  Z u s a m m e n b r u c h,  den die Theorie als empirisch unausweichlich darstellt,* ist ganz und gar nicht das “Aufgehen in die höhere Kate- gorie” (=”Kommunismus”); sondern kann, als rein negativ bestimmt, sehr wohl als “Untergang in der Bar- barei” stattfinden.

Das ‘Aufheben’ der durch den Kapitalismus herbeigeführten Verallgemeinerung der Bedürfnisse und Univer- salisierung des Verkehrs in eine ‘höhere‘ Form muß ein besonderer empirischer  A k t  sein (der weder fak- tisch noch logisch durch den “automatischen Zusammenbruch” bedingt ist, jedenfalls nicht notwendig), näm- lich die “proletarische Revolution”, eine  p r a k t i s c h e  Kategorie: eine ‘Idee’ insofern, als sie als Vorstel- lung konstitutiv ist bei der Bildung der Proletarier zur Klasse ‘für  sich für sich‘…; und die ‘Arbeiterklasse muß nach dieser ‘Idee’  h a n d e l n,  um zu  ’s e i n’.

*) Zugleich zählt Marx aber alle Faktoren auf, die im tatsächlichen Verlauf der kapitalistischen Reproduktion dem Fall der Profitrate tagtäglich entgegenwirken – Kapitalvernichtung durch Krisen und Kriege, Kapitalent- wertung durch technische  Revolution… Sie alle können die Tendenz zum Sinken der Profitrate nicht aufhe- ben; aber sie können das Sinken der Profitrate im gegebenen Moment verhindern. So dass das Sinken der Profitrate einmal eintreten muss; man kann nur nicht wissen, wann, und vielleicht… werden wir es nie erleben. 

Dienstag, 15. November 2016

Durchschnitt und Subjektität.


Ike B.

Was immer sich generisch über 'die bürgerliche Gesellschaft' aussagen lässt, gilt jeweils nur im Durchschnitt. 'Begriffe' sind Abstraktionen von je individuellen Aktionen und Interaktionen zum Zweck der Reflexion. Die Durchschnittsgrößen, die im Verlauf des Marktgeschehens ausgemittelt werden, sind keine Ganzheiten, son- dern Verallgemeinerung. Verallgemeinerung ist auch 'das Arbeitsvermögen'. Ein Ganzes kann es nur werden durch 'Bildung zur Partei'.
6) Das Ganze oder das Allgemeine

‘Wirklich’, d.h. wirkend, ist das ‘allgemeine Arbeitsvermögen’ nur auf dem Standpunkt des gesellschaftli- chen  G a n z e n. Jedoch ist ‚die Gesellschaft‘ ein ’Ganzes’ n u r  in der V o r s t e l l u n g (als ein  V e r h ä l t n i s ); empirisch ist sie dagegen nur ein endloser  Strom individueller Austauschakte, vermittelt durch die  K o n k u r r e n z:  diese  r e d u z i e r t  qua ‚allgemeines Äquivalent‘ die verschiedenen Arbeiten auf ‚Ar- beit überhaupt‘ „abstrakt allgemeine Arbeit”, und diese Abstraktion vollzieht sie  r e a l:  nämlich als  D u r c h s c h n i t t. Also was im Begriff ‘Arbeitsvermögen’ dargestellt ist, existiert empirisch nur als ein Durch- schnitt von vielen Arbeiten, und dieser Durchschnitt ist wiederum das Medium des gesellschaftlichen Zu- sammenhangs — als Parameter der individuellen Austauschakte. Aber ein Durchschnitt ist eben kein ‚Gan- zes’, sondern ein Allgemeines; d.h. empirisch real ist nur die (unbestimmte) Menge — “unendliche Mannig- faltigkeit”— von individuellen Anbietern bestimmter Arbeitskräfte: das ist die “Klasse an sich” der marxolo- gischen Literatur, reines Ausbeutungsmaterial, das ein ’Ganzes’ darstellt  f ü r  das ihr gegenüberstehende Kapital — also gerade  n i c h t  ‘an sich’.

‘Klasse’ wird diese empirische Menge nur, insofern sie sich wirklich, d.h. wirkend dem Kapital entgegen-     s e t z t , “sich zur Klasse  b i l d e t”  (und sei es nur ‘an sich für sich‘, faktisch, noch ohne das bestimmte Bewußtsein davon: ‘für sich für sich’; ‘zur Klasse bilden’ heißt: “zur politischen Partei”.

Und hier stoßen wir auf die dritte Gestalt des ‘Arbeitsvermögens’ bei K. M.: die “Arbeiterklasse” als trans- zendentale ‘Idee’, sowohl erkenntnisleitendes, ‘regulatives’ Prinzip als auch — sofern die Erkenntnis näm- lich praktisch, d. h. politisch,  m o t i v i e r t  ist — als “praktisches Postulat”, nicht Bestimmtheit, sondern Bestimmung, d.h. nicht  S e i n, sondern  S o l l e n.

In keiner der drei Gestalten, in denen das Arbeitsvermögen in der ‘Kritik der politischen Ökonomie‘ vor- kommt, handelt es sich um ein substantes Subjekt: als bloßes ‘Vermögen’ ist es logisches Konstrukt, ledig- lich Erklärungsgrund eines empirisch Wirklichen; transzendentale Voraussetzung, keineswegs selber Realie;

— als empirische Realität ist es bloß faktische Addition  (p r o z e s s i e r e n d e:  also nichteimal endliche  S u m m e )  individuell Gegebner; als solche nicht handelnd (‘wirkend’), sondern lediglich ‘leidend’; also   g a r   k e i n  ’Subjekt‘ — zur “Arbeiterklasse” wird diese empirische Menge nur, sofern sie handelnd sich als solche setzt; wirkliches, weil wirkendes Subjekt wird nur durch  E n t g e g e n setzung, nämlich effektive.



Montag, 14. November 2016

Arbeitsmittel und Arbeitsvermögen.

 
aus Les très riches heures...

Nicht die Arbeit ist Substanz 'der Werte', sondern lediglich die Vermittlung zwischen 'den Bedürfnissen' und 'den Gegenständen'. Instrument der Vermittlung ist das Kapital = Arbeitsmittel. Dem Arbeitsmittel gegenüber steht nicht die Arbeit, sondern das Arbeitsvermögen; die Arbeit ist vielmehr ihre Synthesis: prozessierende Vermittlung, Betätigung des einen durch Betätigung des andern.

5) die drei Gestalten des ’Arbeitsvermögens‘ 

Das ‘Arbeitsvermögen überhaupt’  kann also auch nicht der real wirkende  G r u n d  hinter der empirischen Geschichte sein: denn es ist ja selber ein geschichtliches Produkt. Und das nicht einmal als ein ‚Sein’, sondern wiederum nur als Geltung. 

1. Denn es hat gar keine empirische Existenz, ist auch nicht analytisch aufgefunden durch die Anwendung der ökonomischen Kategorien auf das empirische Material, sondern ist synthetisch  e r s c h l o s s e n   aus der phänomenal gegebnen ‘lebendigen Arbeit’ als dem durch es Begründeten. Es ist noch reine Reflexions- bestimmung ohne eigne Realität, ist dýnamis,  n i c h t  wirkende Kraft; es ist rein formal bestimmt als das vermittelnde Glied zwischen dem eigentlich setzenden Vermögen (‘Bedürfnis’) und den gegen ihn gleich- gültigen Gegenständen.

2. Als transzendentaler Grund der wirklichen lebendigen Arbeiten ist es dasjenige  ’a n’  den empirischen Ar- beitern, was sie  a l s  einander gleich  g e l t e n  macht: nämlich Besitzer eines Quantums von diesem all- gemeinen Vermögen zu sein, das sie als Ware zum Tausch anbieten können.

3. Die Abstraktion ‘Arbeitsvermögen’ steht der andern Abstraktion ‘Arbeits m i t t e l’  gegenüber (=‘das’ Kapital); dagegen der einzelne Arbeiter ist stets nur Besitzer eines individuellen Arbeitsvermögens, und gilt lediglich gegenüber dem Kapital als Individuation eines allgemeinen Vermögens, nämlich als ein bestimmtes Quantum davon: eine Arbeits k r a f t;  d. h. weder an, noch für sich selbst ist der einzelne Arbeiter Repräsen- tant eines Allgemeinen (‚Erscheinung‘ eines ‚Wesens‘), sondern immer nur fürs Kapital; und umgekehrt steht ihm immer nur ein bestimmter  K a p i t a l i s t  gegenüber, nie ‚das‘ Kapital (d. h.  s o f e r n   es ihm gegenübersteht, nämlich ihn ‚anwendet‘;  ‚das’ Kapital tritt ihm allenfalls negativ gegenüber, nämlich… wenn es ihm  n i c h t  gegenübertritt, wenn es  n i c h t   d a  ist, um ihn anzuwenden…)


Sonntag, 13. November 2016

Substanz oder Medium?

 

Stoff der Ökonomie ist, was dem Bedürfnis zugeführt werden soll. Es ist das, was als Wert bestimmbar ist. Aber nicht die Bestimmbarkeit ist natürlich Gegenstand der Ökonomie, sondern der Akt des Bestimmens selbst. Die Vermittlung zwischen Bedürfnis und Stoff, die Bestimmung des Stoffs zu dieser Brauchbarkeit, ist die Arbeit. Sie ist also das, was 'Wert schafft'. Ist sie daher selber Quelle und Substanz des Werts?

4) ‘Arbeit’ : Substanz oder Medium

Wenn also die Substanz des ‘Werts‘ seine gesellschaftliche Nützlichkeit, und wenn deren Stoff   B e d ü r f n i s, also gesellschaftliches Bedürfnis ist, dann… kann nicht, wie in der klassischen Nationalökonomie, ”d i e A r b e i t” der immanente Bestimmungsgrund des ‘Werts’ sein; denn die Arbeit ist dann lediglich   v e r m i -tt e l n d e  Tätigkeit, die den ‘an sich‘ indifferenten Gegenstand dem Bedürfnis   a n e i g n e t,   ihn zum Ge- brauch tauglich macht; sie ist F o r m gebung (“bestimmte nützliche Tätigkeit”, zweck m ä ß i g, nicht zweck s e t z e n d!);   M e d i u m, nicht Substanz; und vor allem: sie ist noch gar nicht “Arbeit überhaupt”, sondern immer nur  d i e s e  oder  j e n e   bestimmte Arbeit, die eine bestimmte Nützlichkeit setzt, nicht ‘Nützlic keit überhaupt’. Denn daß die einzelnen Arbeiten gelten können als ‘Arbeit im Allgemeinen’, setzt wiederum voraus, daß die individuellen Bedürfnisse ihrerseits zu ‘Bedürfnis überhaupt‘, allgemein gelten- dem gesellschaftlichem Bedürfnis  v e r a l l g e m e i n e r t   worden sind: als   N a c h f r a g e  auf dem (allgemeinen!) M a r k t.

Und das ist, siehe oben, eine    r e a l e  Voraussetzung, die empirisch gegeben sein muß,  b e v o r  sie logisch ‘gelten’ kann, und ist folglich nicht abzuleiten aus der Bewegung der Kategorien (und insofern hat “die dia- lektische Form der Darstellung“ ihre “Grenzen”…). Vorausgesetzt ist das historische Faktum verallgemeiner- ten Austauschs (der Markt als ‚übergreifende‘ Instanz), und also verallgemeinerte  T e i l u n g   d e r  A r b e i t   (die ihrerseits einen gewissen Entwicklungsgrad der Produktivkräfte = Stand der Technik voraussetzt), und endlich: das Vorhandensein des formsetzenden V e r m ö g e n s   als eine veräußerliche, austauschbare Sache (Ware): Durch das Gleich-Gelten der Arbeits k r ä f t e — als bloßer Individuationen eines schon gesellschaftlich bestimmten ‘Allgemeinen Arbeitsvermögens' — f ü r  das verselbständigte ‚Arbeitsmittel überhaupt‘ (hier schon = K a p i t a l)   werden die individuellen Arbeiten allererst als ‘Arbeit im Allgemei- nen’ gesetzt.

Also: erst wenn “die Arbeit” selber Tauschwert  b e k o m m e n   hat, kann sie ihrerseits zum   M a ß  des Tauschwerts werden.



Samstag, 12. November 2016

Stoff ist das durch Bedürfnis Bestimmbare.


 

Gegenstand der ökonomischen Wissenschaft ist der Reichtum. Woraus oder worin besteht aber der Reichtum? Was ist sein "Stoff"?
3) Der ‘Stoff’
 
Gegenstand der nationalökonomischen Wissenschaft ist das Kapital als die spezifisch  bürgerliche Form des  “R e i c h t u m s”; und da sie es eben mit den Formen des Reichtums zu tun hat, geht sie, wie gesagt, der ‘Stoff‘, aus dem der Reichtum ‘gemacht’ ist, an und für sich nichts an. Jedoch, um  w i s s e n s c h a f t l i c h  zu sein — und als  K r i t i k  zumal —, muß sie sich ihrer logischen Voraussetzungen vergewissern: als dem theoretischen  P r i n z i p, von dem aus das empirische Material zu  o r d n e n  und zu  d e u t e n  ist. Aber dies Prinzip ist nicht ‘gewiß’, sondern erst noch problematisch, solange ein caput mortuum von ‘Stoff’ übrig- bleibt, das nicht in die Tätigkeit des Subjekts aufgelöst wurde…

(Aber der naheliegende Rückgriff auf die  A r b e i t  als Substanz des stofflichen Reichtums führt in die Irre: Ein Gegenstand muß keineswegs Arbeitsprodukt sein, um nützlich sein zu können; und außerdem ergäbe sich eine abgeschmackte Tautologie: die Nützlichkeit des bestimmten Gegenstandes ergäbe sich aus der be- stimmtem Nützlichkeit der ihn produzierenden Arbeit; und was machte die bestimmte Nützlichkeit jener Arbeit aus? Nichts als die Nützlichkeit ihres Produkts…)
 
Also wie ist der Stoff des Reichtums ‘an sich’ bestimmt? “Stofflich betrachtet, ist der Reichtum nichts anders als der Reichtum der Bedürfnisse”, und so ist der ‘Stoff’ allerdings  i m   S u b j e k t  gesetzt; denn sein ‘Be- dürfnis’ hat das Subjekt  s e l b s t   e r z e u g t: das war jene “erste geschichtliche Tat” (‘Tathandlung’, “ge- neratio aequivoca”), mit der ‘der Mensch’ aus seiner Naturbestimmtheit heraus-, und in die Geschichte — als dem Selbsterzeugungsakt seiner ‘Gattung’ — eingetreten ist. Mit der Produktion seines Bedürfnisses setzt ‘das Subjekt’ sich als solches — und  b e w ä h r t  sich als solches nicht in der Befriedigung, sondern in der unablässigen (‘unendlicher Progreß‘)  N e u s c h ö p f u n g  der Bedürfnisse. 

Die “erste geschichtliche Tat“ ist dabei n.b. nicht als der Bericht von einer tatsächlichen Begebenheit, son- dern als  S i n n behauptung aufzufassen: das historische Geschehen  s o l l  so aufgefaßt werden,    a l s   o b  in ihm ‘das Subjekt sich selbst setzt’;  das ist die transzendentale Voraussetzung, der ‘Standpunkt’, die (‘fun- damental’-) ontologische  S t e l l u n g n a h m e,  über (hinter) die kein Begriff hinaus-(zurück-)führt, son- dern der im Gegenteil allem Begreifen zu  G r u n d e  liegt — als theoretisches ‘Prinzip’, d.h. aus der realen Wissenschaft nicht  a b g e l e i t e t,  sondern ihr  v o r a u s g e s e t z t.

(Soviel über “Materialismus”; aber übrig bleibt immerhin als unbegriffner Rest der Gegenstand des Bedürf- nisses  a l s   s o l c h e r,  sein ‘dingliches Substrat’. Indes, was ist “das Gegenständliche am Gegenstand“?! Es ist seine „G l e i c h g ü l t i g k e i t   g e g e n   d i e   Z w e c k e   d e r   A r b e i t“ -   und wird im Akt der Produktion (= A n e i g n u n g  an diese Zwecke) "als  v e r s c h w i n d e n d gesetzt"; also: er  i s t  be- griffen, aber negativ, d.h. nicht als das, was er  i s t,  sondern als das, was er   n i c h t   ist; als   u n bestimmt, d a s   h e i ß t  als bestimm b a r.  Also selbst seine Gegenständ l i c h k e i t  ‚ist’ nur, sofern sie dem Be- dürfnis  g i l t  als Bestimmbarkeit überhaupt.

 

Freitag, 11. November 2016

Auflösung der Abstraktionen in realen Handlungen.



Der Standpunkt ist inzwischen gegeben: Es ist der des sich-sellbst-setzenden Subjekts. Doppelt gegeben ist der Gegenstand: Einmal als reales System der bürgerlichen Produktionsweise, ein andermal gegeben als theoretisches System der Politischen Ökonomie; eigentlich: das Verhältnis der beiden gegen einander. Die anzuwendende Methode ergibt sich daraus 'wie von selbst': Es ist das 'analytisch-synthetische' Verfahren der Kritik; nämlich die Zerstreu- ung der fetischisierten Begrifflichkeit und Freilegung der in ihr verborgenen realen Tätigkeiten.

2 ) „Realabstraktion“

 Des ‘Subjekt des Austauschs’ (=‘Individuum‘  im allgemeinen)  ist eine  A b s t r a k t i o n,  die durch die  Z i r k u l a t i o n,  in einer auf verallgemeinertem Austausch beruhenden Form des gesellschaftlichen Verkehrs, tatsächlich hervorgebracht wird (sie ist  ’w i r k l i c h’, weil sie im Handeln der empirischen Individuen als dessen Bestimmungsgrund  w i r k t.)

Und dieser reellen Abstraktion “Subjekt des Austauschs” auf der Formseite entspricht die Abstraktion ‘Gebrauchswert überhaupt’ auf der Stoffseite. Es ist die Abstraktion von allem  b e s t i m m t e n   Gebrauch, allem bestimmten Verzehr durch ein bestimmtes Individuum:   g e s e l l s c h a f t l i c h e r   Gebrauchswert, sofern er nämlich für den reellen allgemeinen Zusammenhang der Individuen,  i n   ihrem wirklichen, d. h. tätigen Zusammen w i r k e n,  a l l g e m e i n  als Gebrauchswert  g i l t  — nämlich als  N a c h f r a g e  auf dem M a r k t.

‚Allgemeiner’ Gebrauchswert,  Gebrauchswert für  ‚d e n‘  Andern — das ist schlechthin Wert: das, was ‚den Andern’ “wert” ist…

Daß sich der so bestimmte W e r t  darstellt als  Ä q u i v a l e n z  —  noch ganz abgesehen von deren immanenter Bestimmung als “Arbeit überhaupt” —, ist eine s p e z i f i s c h e Bestimmung einer auf dem  T a u s c h,  dem Austausch von  W a r e n  beruhenden Verkehrsform: der kapitalistischen Form des gesellschaftlichen Zusammenhangs als  K o n k u r r e n z;  ist eine zusätzliche,  a k z e s s o r i s c h e   Bestimmung, die zur allgemeinen Bestimmung der  Wert s u b s t a n z  (=allgemeiner Gebrauchswert)  h i n z u t r i t t.

(Also: keineswegs ‘schlagen‘ die gegensätzlichen Bestimmungen’ — Gebrauchswert und Tauschwert — ‘ineinander um’, keineswegs ’bestimmen’ sie einander ‘wechselseitig’; und keineswegs ist ‘der Wert’ das substante Prius (‘Wesen’, ‘Idee’), das sich in der ‘Erscheinung’ in die ‘Antithesen’ Gbw./Tw. auseinander- legte; also keineswegs die “Selbstbewegung des Begriffs”…)

…sondern diese Formen sind ebensoviele Handlungsweisen, Formen realer Tätigkeiten empirischer Subjekte. Der ‘Wert’ ist das  P r o d u k t  (also nicht ein ‘Prinzip’!) der  A b s t r a k t i o n  von der Individualität der empirisch gegebenen mannigfaltigen Gebrauchsgegenstände;  ist eine gesellschaftlich reale, historisch gewordene Form über einem empirisch Gegebenen. (( Natürlich läßt sie sich nachträglich als Kategorie auch von dieser ihren realen gesellschaftlichen Voraussetzung — nämlich daß die Individuen wirklich in allgemeinem Zusammenhang stehen — abstrahieren und dann rückwärts auf Gesellschafts- formen applizieren, in denen diese empirische Voraussetzung eben nicht gegeben war —  wie es die klassische politische Ökonomie ja auch reichlich getan hat; freilich muß man dabei dann im Auge behalten, daß es sich allenfalls um ein regulatives Prinzip handeln kann, Erkenntnis m i t t e l, nicht selber Inhalt der Erkenntnis: andernfalls ist die Vorstellung einer in der Endlichkeit erscheinenden ’Idee’ schlechterdings nicht abzuhalten…))

Diese Abstraktion, die hier im Begriff vollzogen wird, wird in der kapitalistischen Gesellschaft tatsächlich und real vollzogen in dem Prozeß der Zirkulation, dem wirklichen allgemeinen Zusammenhang, der allgemeinen Vermittlung (oder vermittelten Allgemeinheit)…; diese reale Abstraktion  i s t  der Tausch- wert; sie ‘erscheint‘ nicht ‚als‘…, sondern  i s t   e s   s e l b s t: ‘Wert‘ ist die  l o g i s c h  vollzogene Abstraktion von der Individualität (besondern Nützlichkeit) der Gebrauchsgegenstände;  T a u s c h wert ist die täglich (reell, im empirischen Handeln der austauschenden Produzenten auf dem Markt.

Also der ‘Wert‘  i s t  Tauschwert (nämlich unter  kapitalistischen Verhältnissen); und der Tauschwert    i s t  Gebrauchswert. Und so handelt es sich allerdings um gegensätzliche Bestimmungen derselben identischen Sache. Aber nicht um Bestimmungen der Sache durch sie selbst, sondern um Bestimmungen durch die handelnden Subjekte: drücken aus die wechselnden, nämlich   a b wechselnden Verhaltungs- weisen des Subjekts zur Sache. (Die Ware X ist Tauschwert für A nur, sofern sie nicht Gebrauchswert für A ist, aber Gebrauchswert für B; und wenn Gebrauchswert für B, dann nicht Tauschwert für B: das eine nicht, wenn das andre; aber jedes nur, wenn abwechselnd — “prozessierend” — das eine sowohl als das andre!); und ‘die Sache selbst’ ist dann nicht die  K a t e g o r i e, der ’Oberbegriff‘ Wert; sondern ‘die Sache’ ist das zwar logisch unterste, aber empirisch erste: das Produkt als besonderer nützlicher Gegenstand — der unter bürgerlichen Verhältnissen zur W a r e wird…