Sonntag, 4. Dezember 2016
Freiheit ist Setzen von Zwecken.
Du sollst arbeiten im Schweiß deines Angesichts! war Jehovas Fluch, den er Adam mitgab. Und so als Fluch nimmt A. Smith die Arbeit. Die „Ruhe“ erscheint als der adaequate Zustand, als identisch mit „Freiheit“ und „Glück“. Daß das Individuum „in seinem normalen Zustand von Gesundheit, Kraft, Thätigkeit, Geschicklich- keit, Gewandtheit“ auch das Bedürfniß einer normalen Portion von Arbeit hat, und von Aufhebung der Ruhe, scheint A. Smith ganz fern zu liegen.
Allerdings erscheint das Maaß der Arbeit selbst äusserlich gegeben, durch den zu erreichenden Zweck und die Hindernisse, die zu seiner Erreichung durch die Arbeit zu überwinden. Daß aber diese Ueberwindung von Hindernissen an sich Bethätigung der Freiheit – und daß ferner die äusseren Zwecke den Schein blos äusserer Naturnothwendigkeit abgestreift erhalten und als Zwecke, die das Individuum selbst erst sezt, gesezt werden – also als Selbstverwirklichung, Vergegenständlichung des Subjects, daher reale Freiheit, deren Action eben die Arbeit ahnt A. Smith ebenso wenig.
Allerdings hat er Recht, daß in den historischen Formen der Arbeit als Sklaven- Frohnde-, Lohnarbeit die Arbeit stets repulsiv, stets als äussere Zwangsarbeit erscheint und ihr gegenüber die Nichtarbeit als „Freiheit, und Glück“. Es gilt doppelt: von dieser gegensätzlichen Arbeit; und was damit zusammenhängt der Arbeit, die sich noch nicht die Bedingungen, subjektive und objektive, geschaffen hat (oder auch gegen den Hirten- etc Zu- stand, der sie verloren hat), damit die Arbeit travail attractif, Selbstverwirklichung des Individuums sei, was keineswegs meint, daß sie bloser Spaß sei, bloses amusement, wie Fourier es sehr grisettenmässig naiv auffaßt.
Wirklich freie Arbeiten z. B. Componiren ist grade zugleich verdammtester Ernst, intensivste Anstrengung. Die Arbeit der materiellen Production kann diesen Charakter nur erhalten, dadurch daß 1) ihr gesellschaftlicher Charakter gesezt ist, 2) daß sie wissenschaftlichen Charakters, zugleich allgemeine Arbeit ist, nicht Anstrengung des Menschen als bestimmt dressirter Naturkraft, sondern als Subject, das in dem Productionsprocess nicht in blos natürlicher, naturwüchsiger Form, sondern als alle Naturkräfte regelnde Thätigkeit erscheint.
Uebrigens denkt A. Smith nur an die Sklaven des Capitals. Z. B. selbst der halbkünstlerische Arbeiter des Mittelalters ist nicht zu rangiren unter seine Definition. Was wir aber hier zunächst wollen, ist nicht auf seine Ansicht von der Arbeit eingehn, seine philosophische, sondern das ökonomische Moment. Die Arbeit blos als Opfer betrachtet und darum werthsetzend, als Preiß der für die Dinge bezahlt wird und ihnen daher Preiß giebt, je nachdem sie mehr oder weniger Arbeit kosten, ist rein negative Bestimmung.
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Grundrisse, MEGA II/1.2 S. 499 [MEW 42, S. 512f.]
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