Mittwoch, 14. Dezember 2016

Apagogische Dialektik II.



Kapital kann also nicht aus der Zirkulation entspringen, und es kann ebensowenig aus der Zirkulation nicht entspringen. Es muss zugleich in ihr und nicht in ihr entspringen. 
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Das Kapital I, MEW 23, S. 180 


Das ist ein di-lemma: ein Wegweiser, der zugleich in zwei direkt entgegengesetzte Richtungen zeigt. Oder eine a-porie - eine Kluft, wo es 'keine Brücke' gibt?

Man muss die Reflexionsebene wechseln: Vielleicht findet sich bei höherer Abstraktion ein Gesichtspunkt, unter dem sich beide Aussagen vereinigen lassen. Auf dem gegenwärtigen Gesichtspunkt erscheinen Produk- tion und Zirkulation als zwei getrennte Bereiche: Die einzelne Ware befindet sich zuerst in dem einen und dann in dem andern. Betrachten wir aber den Gesamtprozess, dann handelt es sich nicht um eine Reihe von 'Schrit- ten', sondern um einen Fluss, in jedem zu betrachtenden Moment geschieht alles gleichzeitig und auf einmal: In der Wirklichkeit des Zeitverlaufs ist die bürgerliche Gesellschaft Produktions- und Zirkulationprozess zugleich. Auf diesem Standpunkt kann das Kapital aus der Zirkulation entspringen und nicht aus ihr entspringen.

So kann auch einer räsonnieren, der von Hegelscher Dialektik imprägniert ist: 'Auflösung des Widerspruchs in einer höheren Einheit'. Allerdings muss er, wenn er das System der bürgerlichen Gesellschaft betrachtet, still- schweigend von der spiritualistischen ('idealistischen', sagt Marx) Prämisse Abstand genommen haben, dass dieser Aufstieg in eine höhere Einheit von den Begriffen selbst besorgt würde. Es ist 'der Ökonom', der Kritiker der Politischen Ökonomie, der sich auf einen höheren Standpunkt begibt - und den ökonomischen Dogmatikern vorwirft, es nicht zu tun.


Marx hat, wie er beabsichtigte, die Dialektik der "Mystifikationen" entkleidet, die sie unter Hegels Hand erfahren hatte; befreit von dem Zusatz, durch den jener verschleiern wollte, dass das Original... bei Fichte geklaut war. Bei Fichte sind es nicht die Vorstellungen (die 'Begriffe' schon gar nicht), die sich vorwärtsbe- wegen, sondern es ist immer der Vorstellende, der handelt; und es ist 'der Philosoph', der seinen Vorgang reflektierend begleitet - und dabei von einer Abstraktionsebene zur nächsten aufsteigen muss.

Ursprünglich, bei Fichte, war Dialektik kritisch. Unter Hegel wurde sie dogmatisch. Bei Marx wird sie wieder kritisch.






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