Samstag, 24. September 2016

Gesellschaftlich notwendig, oder: Die Geltung des Durchschnitts.


Tinguely, Heureka

Es könnte scheinen, daß wenn der Werth einer Waare durch das während ihrer Produktion verausgabte Arbeitsquantum bestimmt ist, je fauler oder ungeschickter ein Mann, desto werthvoller seine Waare, weil er desto mehr Arbeitszeit zu ihrer Verfertigung braucht. Aber nur die gesellschaftlich nothwendige Arbeitszeit zählt als werthbildend. Gesellschaftlich nothwendige Arbeitszeit ist Arbeitszeit, erheischt um irgend einen Gebrauchswerth mit den vorhandnen gesellschaftlich-normalen Produktionsbedingungen und dem gesell- schaftlichen Durchschnittsgrad von Geschick und Intensivität der Arbeit herzustellen. 

Nach der Einführung des Dampfwebstuhls in England z. B. genügte vielleicht halb so viel Arbeit als vorher, um ein gegebenes Quantum Garn in Gewebe zu verwandeln. Der englische Handweber brauchte zu dieser Verwandlung in der That nach wie vor dieselbe Arbeits- zeit, aber das Produkt seiner individuellen Arbeits- stunde stellte jetzt nur noch eine halbe gesellschaftliche Arbeitsstunde dar und fiel daher auf die Hälfte seines früheren Werths. Es ist also nur das Quantum gesellschaftlich nothwendiger Arbeit oder die zur Herstellung eines Gebrauchswerths gesellschaftlich nothwendige Arbeitszeit, welche seine Werthgröße bestimmt. Die einzelne Waare gilt hier überhaupt als Durchschnittsexemplar ihrer Art. Waaren, worin gleich große Arbeits- quanta enthalten sind, oder die in derselben Arbeitszeit her- gestellt werden können, haben daher dieselbe Werthgröße. 

 Der Werth einer Waare verhält sich zum Werth jeder andern Waare, wie die zur Produktion der einen noth- wendige Arbeitszeit zu der für die Produktion der andern / nothwendigen Arbeitszeit. „Als Werthe sind alle Waaren nur bestimmte Maße festgeronnener Arbeitszeit“. Die Werthgröße einer Waare bliebe daher constant, wäre die zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit constant. Letztere wechselt aber mit jedem Wechsel in der Produktivkraft der Arbeit. Die Produktivkraft der Arbeit ist durch mannigfache Umstände bestimmt, unter andern durch den Durchschnittsgrad des Geschickes der Arbeiter, die Entwicklungsstufe der Wissenschaft und ihrer technologischen Anwendbarkeit, die gesellschaftliche Combination des Produktionsprozesses, den Um- fang und die Wirkungsfähigkeit der Produktionsmittel, und durch Naturverhältnisse. 
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Das Kapital I, MEGA II/5, S. 20f.



Nota. - Marx beschreibt im Kapital die Einheit von Produktions- und Zirkulationsprozess des Kapitals als ein System - als ein allgemeines Schema, in dem Raum und Zeit ausgelöscht sind; als 'Eine Gestalt'. Im System ge- schieht nicht nur alles gleichzeitig und überall, sondern ausgelöscht sind auch die Qualitäten der Individuen: Jedes gilt nur, soweit es Funktionsträger im systemischen Prozess ist, und da ist eins so gut wie das andere. Dass es funktioniert, ist seine einzige Bestimmtheit: der "Durchschnitt".
JE


 

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