Samstag, 31. Oktober 2015

Gemeindeland bei den Römern und bei den Germanen.

Ullastret in Katalonien

Zwar kommt auch bei den Germanen der ager publicus, das Gemeindeland vor oder Volksland, im Unterschied von dem Eigenthum des Einzelnen. Er ist Jagdgrund, Weidegrund, Holzungsgrund etc, der Theil des Landes, der nicht getheilt werden kann, wenn er in dieser bestimmten Form als Productionsmittel dienen soll. Indeß erscheint nicht, wie bei den Römern z. B. dieser ager publicus als das besondre ökonomische Dasein des Staats neben den Privateigenthümern, so daß diese eigentlich Privateigenthümer als solche sind, so weit sie ausgeschlos-sen waren, privirt waren, wie die Plebejer [von] der Benutzung des ager publicus. 

Der ager publicus erscheint vielmehr nur als Ergänzung des individuellen Eigenthums bei den Germanen und figurirt als Eigenthum nur, so weit er gegen feindliche Stämme als Gemeinbesitz des einen Stammes verfochten wird. Das Eigenthum des Einzelnen erscheint nicht vermittelt durch die Gemeinde, sondern das Dasein der Gemeinde und des Gemeindeeigenthums als vermittelt d. h. als Beziehung der selbstständigen Subjecte auf einander. Das ökonomische Ganze ist au fond in jedem Einzelnen Hause enthalten, das für sich ein selbststän-diges Centrum der Production bildet (Manufactur rein als häusliche Nebenarbeit der Weiber etc). 

In der antiken Welt ist die Stadt mit ihrer Landmark das ökonomische Ganze; in der germanischen der einzelne Wohnsitz, der selbst nur als Punkt in dem zu ihm gehörigen Land erscheint, keine Concentration vieler Eigen-thümer ist, sondern Familie als selbstständige Einheit. In der asiatischen (wenigstens vorherrschenden) Form, kein Eigenthum, sondern nur Besitz des Einzelnen; die Gemeinde der eigentliche wirkliche Eigenthümer – also Eigenthum nur als gemeinschaftliches Eigenthum an dem Boden.
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Grundrisse, MEGA II/1.2  S. 388 [MEW 42, S. 391f.] 

Nota. - Im Mittelmeerraum bestehen die Gemeinwesen unmittelbar im Zusammenwohnen - synoikismós - in einer befestigten Siedlung: Stadt, polis, Staat, res publica. Bei den Germanen entsteht es unmittelbar immer wieder neu - im Thing und in der Heerschar. War das Leben am Mittelmeer generell kriegerischer? War die Sesshaftig-keit bei den Germanen noch geringer? Waren Landnahme und Urbarmachung am Mittelmeer mühseliger? Usw.
JE


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