Montag, 22. Oktober 2018
Wie zirkuliert Kapital?
Es gilt als ein Hauptunterschied des fixen und des circulirenden Capi- tals, daß das letztre beständige Metamor- phosen durchläuft, das erstre nicht. Dieser Unterschied ist hier näher zu untersuchen.
Erstens: So weit beide Product sind und Waare, machen sie beide die- selbe Metamorphose durch. Sie werden von ihren Producenten verkauft und die zu ihrer Reproduction nöthigen Elemente werden mit dem aus ihrem Verkauf gelösten Gelde, wieder gekauft. Dieß ist die eigentliche, formelle Metamorphose des Capitals, die bei- den gemeinsam ist.
Zweitens: Sobald aber das Product, das seiner Bestimmung und seinem Gebrauchswerth nach, als Arbeitsmit- tel, die stoffliche Gestalt des fixen Capitals bildet, als solches in den Productionsproceß eingegangen, und als solches functionirt, fährt es fort in dieser bestimmten Gestalt und Anwendungsart vernutzt zu werden, (mit gleich zu erwähnenden Modificationen) und nur sein Werth wird von dem Product, in dessen Production es assistirt, circulirt. Dagegen wird das Product selbst, der Träger des circulirenden Capitals, aus dem Productions- proceß abgestossen und geht über in die Circulationssphäre, worin es die Hände wechselt und entweder als Consumtion mittel in den Consumtionsfonds übergeht oder als Rohmaterial, matière instrumentale, unferti- ges Fabrikat auf einer beliebigen Stufe, das auch als / Arbeitsmittel in den Productionsproceß eintritt, als Ele- ment des productiven Capitals functionirt.
Während das fixe Capital, als permanent fort- functionirender Bestandtheil des productiven Capitals physisch in der Hand des industriellen Capitalisten bleibt (was nicht hindert, daß Capitalist A durch Capitalist B ersetzt wird, der Eigenthümerwechsel am fixen Capital ändert nichts an dieser seiner Bestimmtheit), muß das circuli- rende Capital in der Form des Waarencapitals veräussert werden etc. Indeß, wenn der Proceß continuirlich ist, der Productionsproceß sich zugleich als fortlaufender Reproductionsproceß darstellen soll, ist der Wechsel auch ein monotoner. Es bezieht sich dieß auf die reelle Metamorphose, die das Capi- tal durchläuft. In der Form des fertigen Products wird es Waare, und als solche in die Circulationssphäre geworfen; aber, nach seiner formellen Verwandlung in Geld, tauscht es sich wieder aus gegen, verwandelt es sich wieder in seine ursprünglichen Pro- ductions- oder Existenzelemente.
Das Garn verwandelt sich wieder in seine Bestandtheile Baumwolle, Kohle, Spindel etc. Die ganze Metamor- phose löst sich also auf in Vereinigung der Productionselemente zum Product und in die Wiederverwandlung des Products in dieselben (der Art nach) Productionselemente, so daß das besondre circulirende Capital, ganz wie das fixe Capital, sich stets in derselben Form im Productionsproceß befindet: nur daß diese Continuität derselben Existenzform innerhalb des Productionsprocesses vermittelt ist durch den beständigen Austausch zwischen dem Product und den Elementen des Products, während mit Bezug auf das fixe Capital, während der ganzen Dauer seiner Reproductionsperiode, keine solche Vermittlung stattfindet.
Drittens: Seiner stofflichen Gestalt nach betrachtet, als Gebrauchswerth, ist dasselbe Rohmaterial, Eisen, Ge- treide, Pflanzenstoffe, Holz etc sehr verschiedner Nutzanwendung fähig. Dasselbe gilt von dem größten Theil der matières instrumentales; z. B. Kohle, Gas, Talg etc können in ganz verschiednen Productionsprocessen die- nen u. s. w. Mit denselben Nahrungsstoffen können Thiere verschiedner Art gefüttert und Arbeiter aller Arten in Bewegung gesetzt werden. Die stofflichen Träger des circulirenden Capitals können also mehr oder minder zu sehr mannigfaltigen Productionsprocessen dienen und so sich in verschiedne Form von productivem Capital (oder auch mehr dieselbe von verschiednen Elementen des Consumtionsfonds) verwandeln. Von den unferti- gen Fabrikaten, Halbfabrikaten u. s. f. gilt dieß in mindrem Grad, und nur theilweise. So weit sie transportirbar sind, und nicht lokal weiter verwerthet werden müssen, können sie aber ins Ausland geschickt und gegen andre Producte ausgetauscht, daher in eine Gestalt verwandelt werden, die mit ihrer eignen Bestimmung nichts ge- mein hat, was bei einem grossen Theil des fixen Capitals unmöglich ist.
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Ökonomisches Manuskript 1863-1865, MEGA II/4.1, S. 282f.
Nota. - Die Zirkulation des Kapitals bedeutet den Stellenwechsel einer Wert größe, die immer einem bestimmten Gebrauchswert entspricht, im Prozess der materiellen Produktion. Nicht gemeint ist der eventuelle Wechsel des Eigentümers, der real keine Rolle spielt.
JE
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