Sonntag, 16. Oktober 2016

Kein automatischer Zusammenbruch. (Der tendenzielle Fall der Profitrate, II.)


beforeitsnews

Nachtrag zu gestern

Die Profitrate interessiert den Kapitalisten gar nicht; ihn interessiert, wieviel Profit er tatsächlich macht. Nicht aus Gier, sondern weil er in Konkurrenz steht. Er muss akkumulieren, weil er sonst von den andern desakku- muliert und geschluckt wird. Darum muss die Menge Profit, unerachtet irgendwelcher Raten, groß genug sein, um als neues Kapital fungieren zu können. Freilich, je höher die organische Zusammensetzung, je größer der Anteil des fixen Kapitals am Gesamtkapital ist, umso (relativ) geringer der Profit, aber umso größer die Geld- menge, die erforderlich ist, um als neues Kapital fungieren zu können.

Durch dieses Nadelör muss sich der Kapitalist schlängeln, doch solange es ihm gelingt, seinen absoluten Profit zu erhöhen, kann er weiter akkumulieren. Zum Beispiel kann er seine Produktion gewaltig ausdehnen; das geht aber nur auf Kosten der Marktanteile seiner Kokurrenten, er muss also billiger oder besser produzieren (oder mindestens billiger verkaufen - wie lang?). Und er braucht hohe Kredite. In jedem Fall trägt sein eigener Erfolg zum Absinken der Profitrate im Durchschnitt bei.

Technische Revolutionen wie die gegenwärtige Digitalisierung bescheren den Neuerern immense Extraprofite, indem sie zunächst mit wenig Kapital begonnen haben, aber dieselben Preise erzielen, wie die hochkapitalisier- ten alteingesessenen Konkurrenten, deren Industrieanlagen über Nacht veralten und entwertet werden. Es fin- det weltweit eine gewaltige Kapitalvernichtung statt, die den Anteil des fixen Kapitals am Weltkapital momen- tan abstürzen lässt - wodurch nicht nur der Profit der Neuerer, sondern die... durchschnittliche Profirate welt- weit wieder steigt!

Die Tendenz zum Fall der Profitrate bleibt davon unberührt. Sie findet täglich und ununterbrochen statt. Ob aber die realen Profite auch abnehmen oder bei diesem oder jenem Kapitalisten und womöglich gar im Durch- schnitt wachsen, hängt von tausend konkreten Marktumständen ab, die man im Modell voraussehen kann, nicht aber in der Realität. Es ist prinzipiell denkbar, dass ein akutes Sinken des Durchschnittsprofits niemals eintritt. Dem Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate geschähe dadurch keinerlei Eintrag.



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