Montag, 2. November 2015

Die Scheidung von Stadt und Land ist ursprünglich.


Turm von Jericho, erbaut um 8500 v. Chr.

Da der Patricier im höhern Grad das Gemeinwesen repräsentirt, ist er der possessor des ager publicus und benuzt ihn durch seine Clienten etc (eignet ihn sich auch nach und nach an). Die germanische Gemeinde concentrirt sich nicht in der Stadt; durch welche blose Concentration – der Stadt als Centrum des Landlebens, dem Wohn-sitz der Landarbeiter, wie ebenso dem Centrum der Kriegsführung – die Gemeinde als solche nun eine äusser-liche Existenz besizt, unterschieden von der des Einzelnen. 

Die klassische alte Geschichte ist Stadtgeschichte, aber von Städten gegründet auf Grundeigenthum und Agri-cultur; die asiatische Geschichte ist eine Art indifferenter Einheit von Stadt und Land; (die eigentlich grossen Städte sind blos als fürstliche Lager hier zu betrachten, als Superfötation über die eigentlich ökonomische Con-struction); das Mittelalter (germanische Zeit) geht vom Land als Sitz der Geschichte aus, deren Fortentwicklung dann im Gegensatz von Stadt und Land vor sich geht; die moderne [Geschichte] ist Verstädtischung des Lan-des, nicht wie bei den Antiken Verländlichung der Stadt. 
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Grundrisse, MEGA II/1.2  S. 387 [MEW 42, S. 390f.] 

Nota. – Nach dem athenischen Gründungsmythos hätten ihre Vorfahren zunächst zerstreut über die ganze Attika gelebt und seien erst nach vielen Kriegen im Schutz der Burg zusammengezogen: synoikismós. Wahr-scheinlicher ist aber, dass die ersten gemeinsamen Siedlungen schon mit dem Beginn des Ackerbaus selbst zusammenfallen; vgl. Jericho usw.

Den Niedergang der antiken Welt kennzeichnet auf der andern Seite der Niedergang des städtischen Lebens im Römischen Reich und die Verlagerung des wirtschaftlich-kulturellen Schwerpunkts aufs Land. Das System der Villen-Wirtschaft mit ihre zugehörigen Klienten bereitete den Boden, auf dem sich nach den germanischen Ero-berungen in Gallien und Norditalien die Feudalität ausbildete.
JE

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