Mittwoch, 5. Dezember 2018

Adam Smith über produktive Arbeit II.


Die zweite, verkehrte Ansicht, die Smith von produktiver Arbeit ent- wickelt, ist so verflochten mit der richti- gen, daß sie sich in demselben Passus Schlag auf Schlag einander folgen. Wir müssen daher zur Illustration der ersten Ansicht die Zitate stückweis auseinanderreißen. 

(b. II, ch. III - vol.II, ed.McCulloch-,p. 93 sq.) „Es gibt eine Art von Arbeit, die den Wert des Gegenstands, auf den sie verwendet wird, erhöht; es gibt eine andere, die keine solche Wirkung hat. Die erstere kann, da sie einen Wert produziert, als produktive, die letztere als unproduktive Arbeit bezeichnet werden. So fügt die Arbeit eines Manu- fakturarbeiters in der Regel dem Wert des von ihm verarbeiteten Materials noch den Wert seines eigenen Unterhalts und den Profit seines Herrn hinzu. Dagegen fügt die Arbeit eines Dienstboten keinen Wert hinzu. Obwohl der Ma- nufakturarbeiter seinen Lohn von seinem Herrn vorgeschossen erhält, kostet er ihm in Wirklichkeit nichts, da der Wert dieses Lohns gewöhnlich zusammen mit einem Profit durch den erhöhten Wert des Gegenstands, auf den er seine Arbeit verwendet hat, zurückerstattet wird. Aber der Unterhalt eines Dienstboten wird nie zurückerstattet. Ein Mann wird reich durch die Beschäftigung einer Vielzahl von Manufakturisten; er wird arm durch den Unterhalt einer Vielzahl von Dienstboten." /

In dieser Stelle - und in ihrem Fortgang, der später zu zitieren, laufen die widersprechenden Bestimmungen noch mehr zusammen - ist hauptsächlich, eminement unter productive labour die verstanden, die einen Mehr- wert - „its master's profit"- produziert, außer der Reproduktion of the value „of his" (the labourer's) „own maintenance". Auch könnte der manufacturer nicht grow rieh „by employing a multitude of manufacturers" (working men), wenn diese außer der value, die ihre eigne maintenance kostet, nicht auch eine surplus value hinzufügten. 

Zweitens aber versteht A.Smith hier unter productive labour eine solche, die überhaupt „produces a value". Diese letztre Erklärung einst- weilen außer acht lassend, wollen wir zunächst andre Stellen zitieren, worin die erste Ansicht teils wiederholt, teils schärfer formuliert, namentlich aber auch weiterentwickelt wird. 

„Wenn die Menge an Lebensmitteln und Kleidung, die ... von den unproduktiven konsumiert wurden, unter die produktiven Arbeiter verteilt worden wäre, hätten sie den vollen Wert ihres Konsums zusammen mit einem Profit reproduziert." (1. c. p. 109; III, ch.III.) 

Hier ganz ausdrücklich productive labourer der, der dem Kapitalisten nicht nur die full value der im Salair ent- haltnen Lebensmittel reproduziert, sondern sie ihm reproduziert „with a profit". 

Nur die Arbeit, die Kapital produziert, ist produktive Arbeit. Kapital aber wird Ware oder Geld dadurch, daß sie direkt gegen Arbeitsvermögen ausgetauscht wird und nur ausgetauscht wird, um durch mehr Arbeit, als in ihr selbst enthalten ist, ersetzt zu werden. Denn der Gebrauchswert des Arbeitsvermögens besteht für den Ka- pitalisten als solchen nicht in seinem wirklichen Gebrauchswert, in der Nützlichkeit dieser besondren konkreten Arbeit, daß sie Spinnarbeit, Webarbeit usw., sowenig wie ihm an dem Ge- brauchswert des Produkts dieser Ar- beit als solchem liegt, indem das Produkt für ihn Ware (und zwar vor ihrer ersten Metamorphose), nicht Kon- sumtionsartikel ist. Was ihn an der Ware interessiert, ist, daß sie mehr Tauschwert besitzt, als er für sie zahlte, und so ist der Gebrauchswert der Arbeit für ihn, daß er ein größres Quantum Arbeitszeit zurückerhält, als er in der Form des Salairs gezahlt hat. Unter diese produktiven Arbeiter gehören natürlich alle, die zur Produktion der Ware d'une manière ou d'une autre / mitarbeiten, vom eigentlichen Handarbeiter bis zum manager, engi- neer (als unterschieden vom Kapitalisten). Und so zählt auch der letzte englische offizielle Report über die fac- tories „ausdrücklich" alle in der Fabrik und den zugehörigen Comptoirs angewandten Personen, mit Ausnahme der Fabrikanten selbst, unter der Kategorie der beschäftigten Lohnarbeiter auf. (Sieh vor Schluß dieser Scheiße die Worte des report.) 

Die produktive Arbeit wird hier bestimmt vom Standpunkt der kapitalistischen Produktion aus, und A. Smith hat die Sache selbst begrifflich erschöpft, den Nagel auf den Kopf getroffen - es ist dies eines seiner größten wissenschaftlichen Verdienste (es bleibt, wie Malthus richtig bemerkt hat, die Grundlage der ganzen bürger- lichen Ökonomie, diese kritische Unterscheidung zwischen produktiver und unproduktiver Arbeit), daß er die produktive Arbeit als Arbeit bestimmt, die sich unmittelbar mit dem Kapital austauscht, d.h. durch Austausch; womit die Produktionsbedin- gungen der Arbeit und Wert überhaupt, Geld oder Ware, sich erst in Kapital verwandeln (und die Arbeit in Lohnarbeit im wissenschaftlichen Sinn). 

Damit ist auch absolut festgesetzt, was unproduktive Arbeit ist. Es ist Arbeit, die sich nicht gegen Kapital, son- dern unmittelbar gegen Revenue austauscht, also gegen Salair oder Profit (natürlich auch gegen die verschiednen Rubriken, die als copartners am Profit des Kapitalisten partizipieren, wie Zins und Renten). Wo alle Arbeit teil- weis sich noch selbst bezahlt (wie die Agrikulturarbeit des Fronbauern z.B.), teilweis sich direkt gegen die Reve- nue austauscht (wie die Manufakturarbeit der Städte in Asien), existiert kein Kapital und keine Lohnarbeit im Sinne der bürgerlichen Ökonomie. Diese Bestimmungen sind also nicht genommen aus der stofflichen Bestim- mung der Arbeit (weder der Natur ihres Produkts noch der Bestimmtheit der Arbeit als konkreter Arbeit), son- dern aus der bestimmten gesellschaftlichen Form, den gesellschaftlichen Produktionsverhältnissen, worin sie sich verwirklicht. Ein Schauspieler z.B., selbst ein Clown, ist hiernach ein produktiver Arbeiter, wenn er im Dienst eines Kapitalisten arbeitet (des entrepreneur), dem er mehr Arbeit zurückgibt, als er in der Form des Salairs von ihm erhält, während ein Flickschneider, der zu dem Kapitalisten ins Haus kommt und ihm seine Hosen flickt, ihm einen bloßen Gebrauchswert schafft, ein unproduktiver Arbeiter ist. Die Arbeit des erstren tauscht sich gegen Kapital aus, die des zweiten gegen Revenue. Die erstre schafft einen Mehrwert; in der zwei- ten verzehrt sich eine Revenue. /

Produktive und unproduktive Arbeit hier immer vom Standpunkt des Geldbesitzers, des Kapitalisten aus, nicht des Arbeiters, und daher der Blödsinn bei Ganilh etc., die so wenig die Sache verstehn, daß sie fragen, ob Ar- beit oder Dienst oder Funktion der Hure, Lakai etc. Geld einbringt. 

Ein Schriftsteller ist ein produktiver Arbeiter, nicht insofern er Ideen produziert, sondern insofern er den Buchhändler bereichert, der den Verlag seiner Schriften betreibt, oder sofern er der Lohnarbeiter eines Ka- pitalisten ist. 

Der Gebrauchswert der Ware, worin sich die Arbeit eines produktiven Arbeiters verkörpert, mag von der fu- tilsten Art sein. Diese stoffliche Bestimmung hängt mit dieser ihrer Eigenschaft gar nicht zusammen, die viel- mehr nur ein bestimmtes gesellschaftliches Produktionsverhältnis ausdrückt. Es ist eine Bestimmung der Ar- beit, die nicht aus ihrem Inhalt oder ihrem Resultat, sondern aus ihrer bestimmten gesellschaftlichen Form stammt. 

Andrerseits, vorausgesetzt, daß das Kapital sich der ganzen Produktion bemächtigt hat - daß also Ware (zu unterscheiden von bloßem Gebrauchswert) nicht mehr produziert wird von irgendeinem Arbeiter, der die Produktionsbedingungen zur Produktion dieser Ware selbst besitzt -, daß also nur noch der Kapitalist Pro- duzent von Waren ist (die einzige Ware, das Arbeitsvermögen, ausgenommen), so muß sich die Revenue aus- tauschen aut gegen Waren, die das Kapital allein produziert und verkauft, aut gegen Arbeiten, die ebenso wie jene Waren gekauft werden, um konsumiert zu werden, also bloß ihrer stofflichen Bestimmtheit, ihres Ge- brauchswerts halber, der Dienste halber, die sie in ihrer stofflichen Bestimmtheit ihrem Käufer und Konsu- menten leisten. Für den Produzenten dieser Dienste sind diese Dienstleistungen Waren. Sie haben einen be- stimmten Gebrauchswert (eingebildeten oder wirklichen) und einen bestimmten Tauschwert. Für den Käufer aber sind diese Dienste bloße Gebrauchswerte, Gegenstände, worin er seine Revenue konsumiert. Diese unpro- duktiven Arbeiter erhalten ihren Anteil an der Revenue (den Salairen und Profiten) nicht umsonst, ihre copart- nership an den von der produktiven Arbeit produzierten Waren; sie müssen ihren share an denselben kaufen; aber sie haben mit der Produktion derselben nichts zu tun. 

Es ist aber unter allen Umständen klar: Je mehr von der Revenue (Salair und Profit) in den von dem Kapital produzierten Waren verausgabt wird, desto weniger davon kann in den Dienstleistungen der unproduktiven Ar- beiter verausgabt werden, und umgekehrt. /  

Die stoffliche Bestimmtheit der Arbeit und daher ihres Produkts hat an und für sich nichts mit dieser Unter- scheidung zwischen produktiver und unproduktiver Arbeit zu tun. Z.B. die Köche und waiters in einem öffent- lichen Hotel sind produktive Arbeiter, sofern ihre Arbeit sich in Kapital für den Hotelbesitzer verwandelt. Die- selben Personen sind unproduktive Arbeiter als menial servants, insofern ich in ihrem Dienst nicht Kapital ma- che, sondern Revenue verausgabe. In der Tat sind aber auch dieselben Personen für mich, den Konsumenten, unproduktive Arbeiter in dem Hotel. 

„Der Teil des jährlichen Produkts von Boden und Arbeit irgendeines Landes, der ein Kapital ersetzt, wird unmittelbar nur für den Unterhalt produktiver Arbeiter angewendet. Er zahlt nur die Löhne der produktiven Arbeit. Der Teil, der unmittelbar für die Bildung einer Revenue bestimmt ist, sei es als Profit oder als Rente, kann in gleicher Weise sowohl zum Unterhalt produktiver als auch unproduktiver Arbeiter dienen." (1. c. p. 98.) „Welchen Teil seines Fonds jemand auch als Kapital anlegen mag, er erwartet immer, daß er ihm mit einem Profit wieder ersetzt wer- de. Er verwendet ihn deshalb ausschließlich für den Unterhalt produktiver Arbeiter; und nachdem er ihm in der Funktion als Kapital gedient hat, bildet er für diese letzteren eine Revenue. Sobald er einen Teil davon zum Un- terhalt improduktiver Arbeiter irgendeiner Art verwendet, ist vom gleichen Augenblick an seinem Kapital dieser Teil entzogen und in seinen Fonds übergegangen, der der unmittelbaren Konsumtion vorbehalten ist." (1. c.) 

In demselben Umfang, wie sich das Kapital der ganzen Produktion bemächtigt, also die häusliche und kleine, kurz, auf den Selbstverzehr [gerichtete], nicht Waren produzierende Form der Industrie verschwindet, ist es klar, daß die unproduktiven Arbeiter, die, deren Dienste direkt gegen Revenue ausgetauscht werden, zum größten Teil nur noch persönliche Dienste verrichten werden, und nur der geringste Teil derselben (wie Koch, Nähterin, Flickschneider usw.) sachliche Gebrauchswerte produzieren werden. Daß sie keine Waren produzieren, liegt in der Natur der Sache. Denn die Ware als solche ist nie unmittelbar Gegenstand des Konsums, sondern Träger des Tauschwerts. Ein nur ganz unbedeutender Teil dieser unproduktiven Arbeiter kann daher bei entwickelter kapitalistischer Produktionsweise unmittelbar an der materiellen Produktion beteiligt sein. Nur durch Aus- tausch seiner Dienste gegen die Revenue nimmt er Anteil an derselben. Es hindert dies nicht, wie A. Smith bemerkt, daß der Wert der Dienste dieser unproduktiven Arbeiter in derselben (oder analogen) Weise bestimmt wird und bestimmbar ist wie der der produktiven Arbeiter. Nämlich durch die Produktionskosten, die die Erhaltung oder Produktion derselben kostet. 

Es kommen hier noch andre Umstände hinzu, deren Betrachtung nicht hierher gehört. Das Arbeitsvermögen des produktiven Arbeiters ist eine Ware für ihn selbst. 

So ist das des unproduktiven Arbeiters. Aber der produktive Arbeiter produziert Ware für den Käufer seines Arbeitsvermögens. Der unproduktive Arbeiter produziert ihm einen bloßen Gebrauchswert, keine Ware, einen eingebildeten oder wirklichen Gebrauchswert. Daß der un- produktive Arbeiter keine Ware für seinen Käufer produziert, wohl aber Ware von ihm erhält, ist charakteristisch für ihn. 

„Die Arbeit einiger der angesehensten Stände der Gesellschaft ist, ebenso wie die der Dienstboten, nicht wert- bildend ... So sind zum Beispiel der Souverän mit allen seinen Justizbeamten und Offizieren, die unter ihm die- nen, die ganze Armee und Flotte unproduktive Arbeiter. Sie sind die Diener der Gesellschaft und werden von einem Teil des jährlichen Produkts des Fleißes anderer Leute erhalten ... In die gleiche Klasse gehören ... Geist- liche, Juristen, Ärzte, Literaten und Gelehrte aller Art; Schauspieler, Possenreißer, Musiker, Opernsänger, Bal- lettänzer usw." (1. c. p. 94, 95.) 

An und für sich hat, wie gesagt, diese Unterscheidung zwischen produktiver und unproduktiver Arbeit nichts zu schaffen weder mit der besondren Spezialität der Arbeit noch mit dem besondren Gebrauchswert, worin sich diese Spezialität verkörpert. In dem einen Fall tauscht sich die Arbeit mit Kapital aas, in dem andren mit Revenue. In dem einen Fall verwandelt sich die Arbeit in Kapital und schafft dem Kapitalisten einen Profit; in dem andren Fall ist sie eine Ausgabe, einer der Artikel, worin die Revenue verzehrt wird. Z.B. der Arbeiter eines Klaviermachers ist ein produktiver Arbeiter. Seine Arbeit ersetzt nicht nur das Salair, das er verzehrt, sondern in dem Produkt, dem Klavier, der Ware, die der Klaviermacher verkauft, ist ein Surpluswert über den Wert des Salairs hinaus enthalten. Setze dagegen, ich kaufe alles Material, das zu einem Klavier nötig ist (oder meinetwe- gen mag es auch der Arbeiter selbst besitzen), und lasse mir, statt das Klavier im Laden zu kaufen, es in mei- nem Hause machen. Der Klaviermacher ist jetzt unproduktiver Arbeiter, weil seine Arbeit sich direkt gegen meine Revenue austauscht. 
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Theorien über den Mehrwert, MEW 26.1, Berlin (O) 1965, S. 125-130  



Nota. - Das ist noch heute anstößig: Dass der Professor der Philosophie (und sein Nachfolger in seinem Hörsaal) ökonomisch auf derselben Stufe stehe wie der Jahrmarktsclown. Das hat Adam Smith erkannt, wo noch keines- wegs der Lohnarbeiter der typische Otto Normalverbraucher war, sondern die Manufakturarbeiter noch eine kleine gesellschaftliche Ausnahme bildeten. 

Inzwischen wird er zusehends wieder zur Ausnahme. Es fragt sich, ob der Begriff es aushält, wenn er in der Wirklichkeit nur noch als exotischer Sonderling vorkommt. Als er aufkam, war er Vorbote und Bahnbrecher. Heute ist er ein Nachhall vergangener Zeiten. Der zeitgenössiche Arbeiter, der die lernenden Maschinen mehr wartet als in Gang setzt, kann selbst kaum glauben, dass allen Wert er allein schafft. Der Begriff ist - wie wir oben sehen, unter Mühen - aus der Sache selbst entstanden. Wie sollte er sie überdauern? Doch kann er auch nicht ab- treten, solange ein Nachfolger nicht in Sicht ist.
JE 





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