Mittwoch, 31. August 2016

Mein Bedürfnis tut mir Gewalt an.


van Honthorst

Nun ist es zwar richtig, daß die [Beziehung der] Austauschenden nach der Seite der Motive, d. h. der natürlichen, ausserhalb des ökonomischen Processes / fallenden, auch auf einem gewissen Zwang beruht; aber diese ist nach der einen Seite selbst nur die Gleichgültigkeit des andren für mein Bedürfniß als solches, gegen meine natür-liche Individualität, also seine Gleichheit mit mir und Freiheit, die aber eben so sehr die Voraussetzung der meinigen ist; andrerseits, so weit ich bestimmt werde, forcirt durch meine Bedürfnisse, ist es nur meine eigne Natur, die ein Ganzes von Bedürfnissen und Trieben ist, das mir Gewalt anthut, nichts Fremdes (oder mein Interesse in allgemeiner, reflectirter Form gesezt). Aber es ist ja auch eben diese Seite, wodurch ich dem andren Zwang anthue, ihn in das Tauschsystem treibe. 
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Grundrisse, MEGA II/1.1, S. 168f.  [MEW 42, S. 170f.]


Nota. - Hier unterscheidet Marx mit aller Deutlichkeit, die man wünschen kann, zwischen einem jeweils gege-benen, empirischen Ich, das sich als durch seine Bedürfnisse bestimmt und 'leidend' vorfindet, und dem Ich als Subjekt der bürgerlichen Gesellschaft, das Subjekt des allgemeinen Austauschs, das freie und gleiche, das sich als ein solches setzt durch Tätigkeit. 

Noch nicht wird an dieser Stelle die Tätigkeit gesetzt als selber das neue Bedürfnis erzeugend. Denn als seine Bedürfnisse selber Schaffendes greift das tätige Ich wohl weit über den lediglich Austauschenden hinaus und wird zum sich-selbst-Bestimmenden.
JE



Dienstag, 30. August 2016

Freiheit und Gleichheit als Idee.



Ballhausschwur

Wenn also die ökonomische Form, der Austausch, nach allen Seiten hin die Gleichheit der Subjekte sezt, so der Inhalt, der Stoff, individueller sowohl wie sachlicher, der zum Austausch treibt, die Freiheit. Gleichheit und Freiheit sind also nicht nur respectirt im Austausch, der auf Tauschwerthen beruht, sondern der Austausch von Tauschwerthen ist die productive, reale Basis aller Gleichheit und Freiheit. 

Als reine Ideen sind sie blos idealisirte Ausdrücke desselben; als entwickelt in juristischen, politischen, socialen Beziehungen sind sie nur diese Basis in einer andren Potenz. Dieß hat sich denn auch historisch bestätigt. Die Gleichheit und Freiheit in dieser Ausdehnung sind grade das Gegentheil der antiken Freiheit und Gleichheit, die eben den entwickelten Tauschwerth nicht zur Grundlage haben, vielmehr an seiner Entwicklung caput gehn. 

Sie setzen Productionsverhältnisse voraus, die in der alten Welt noch nicht realisirt waren; auch nicht im Mittel-alter. Direkte Zwangsarbeit ist die Grundlage der ersten; das Gemeinwesen ruht auf dieser als existirender Un-terlage; Arbeit selbst als Privilegium, als noch in ihrer Besonderung, nicht als allgemein Tauschwerthe produci-rend, geltend die Grundlage des zweiten. Weder ist die Arbeit Zwangsarbeit; noch, wie im 2ten Fall, findet sie statt mit Rücksicht auf ein Gemeinsames als ein Höhres (Corporationen). 
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Grundrisse, MEGA II/1.1, S. 168  [MEW 42, S. 170]


Montag, 29. August 2016

Das allgemeine Interesse ist die Allgemeinheit der selbstsüchtigen Interessen.



Aber dieß ist nicht alles: Das Individuum A dient dem Bedürfnisse des Individuums B vermittelst der Waare a, nur insofern und weil das Individuum B dem Bedürfniß des Individuums A vermittelst der Waare b dient und vice versa. Jedes dient dem andren um sich selbst zu dienen; jedes bedient sich des andren wechselseitig als seines Mittels. 

Es ist nun beides in dem Bewußtsein der beiden Individuen vorhanden: 1) daß jedes nur seinen Zweck erreicht, soweit es dem andren als Mittel dient; 2) daß jedes nur Mittel für das andre (Sein für andres) wird als Selbst-zweck (Sein für sich); 3) daß die Wechselseitigkeit, wonach jedes zugleich Mittel und Zweck, und zwar nur seinen Zweck erreicht, insofern es Mittel wird, und nur Mittel wird, insofern es sich als Selbstzweck sezt, daß jeder sich also als Sein für andres sezt, insofern er Sein für sich, und der andre als Sein für ihn, insofern er Sein für sich – daß diese Wechselseitigkeit ein nothwendiges fact ist, vorausgesezt als natürliche Bedingung des Austauschs, daß sie aber als solche jedem der beiden Subjekte des Austauschs gleichgültig ist, und ihm diese Wechselseitigkeit nur Interesse hat, so weit sie sein Interesse als das des andren ausschliessend, ohne Beziehung darauf befriedigt. 

D. h. das gemeinschaftliche Interesse, was als Motiv des Ge-/sammtakts erscheint, ist zwar als fact von beiden Seiten anerkannt, aber als solches ist es nicht Motiv, sondern geht so zu sagen nur hinter dem Rücken der in sich selbst reflectirten Sonderinteressen, dem Einzelinteresse im Gegensatze zu dem des andren vor. Nach dieser lezten Seite kann das Individuum höchstens noch das tröstliche Bewußtsein haben, daß die Befriedigung seines gegensätzlichen Einzelinteresses grade die Verwirklichung des aufgehobnen Gegensatzes, des gesell-schaftlichen allgemeinen Interesses ist. 

Aus dem Akt des Austauschs selbst ist das Individuum, jedes derselben in sich reflectirt als ausschließliches und herrschendes (bestimmendes) Subject desselben. Damit ist also die vollständige Freiheit des Individuums gesezt: Freiwillige Transaction; Gewalt von keiner Seite; Setzen seiner als Mittel, oder als dienend, nur als Mittel um sich als Selbstzweck, als das Herrschende und Uebergreifende zu setzen; endlich das selbstsüchtige Inter-esse, kein darüber stehendes verwirklichend; der andre ist auch als ebenso sein selbstsüchtiges Interesse ver-wirklichend anerkannt und gewußt, so daß beide wissen, daß das gemeinschaftliche Interesse eben nur in der Doppelseitigkeit, Vielseitigkeit, und Verselbstständigung nach den verschiednen Seiten der Austausch des selbstsüchtigen Interesses ist. Das allgemeine Interesse ist eben die Allgemeinheit der selbstsüchtigen Inter-essen.
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Grundrisse, MEGA II/1.1 S.  167f.  [MEW 42, S. 169f.]



Nota. - Die "dialektische Form der Darstellung" dient hier offenkundig einem sarkastischen, einem kritischen Zweck, nicht einem dogmatisch mystifizierenden.
JE



Sonntag, 28. August 2016

Freiheit und Anerkennung als Gleiche.


G. ter Borch, Westfälischer Frieden, 1648

Dieß ist nicht alles. Daß das Bedürfniß des einen durch das Product des andren und vice versa befriedigt werden kann, und der eine fähig ist den Gegenstand dem Bedürfniß des andren zu produciren und jeder dem andren als Eigenthümer des Objekts des Bedürfnisses des andren gegen- übersteht, zeigt, daß jeder als Mensch über sein eignes besondres Bedürfniß / etc übergreift, und daß sie sich als Menschen zu einander verhalten; daß ihr gemeinschaftliches Gattungswesen von allen gewußt ist. 

Es kömmt sonst nicht vor, daß Elephanten für Tiger oder Thiere für andre Thiere produciren. Z. B. Ein Bienenschwarm bildet au fond nur eine Biene, und sie produciren alle dasselbe. Ferner. So weit nun diese natürliche Verschiedenheit der Individuen und der Waaren derselben (Producte, Arbeit etc sind hier noch gar nicht verschieden; sondern existiren nur in der Form von Waaren oder wie Herr Bastiat nach Say will Diensten; Bastiat bildet sich ein indem er die ökonomische Bestimmung des Tauschwerths auf den natürlichen Inhalt desselben, Waare oder Dienst reducirt, also unfähig ist das ökonomische Verhältniß des Tauschwerths als solchen festzuhalten, habe er einen grossen Fortschritt gemacht über die klassischen Oekonomen der englischen Schule, die fähig sind, die Productionsverhältnisse in ihrer Bestimmtheit als solche festzuhalten, in ihrer reinen Form) das Motiv bildet zur Integrirung dieser Individuen, zu ihrer gesellschaftlichen Beziehung als Austauschende, worin sie sich als Gleiche vorausgesezt sind und bewähren, kömmt zur Bestimmung der Gleichheit noch die der Freiheit hinzu. 

Obgleich das Individuum A Bedürfniß fühlt nach der Waare des Individuums B, bemächtigt es sich derselben nicht mit Gewalt, noch vice versa, sondern sie erkennen sich wechselseitig an als Eigenthümer, als Personen, deren Willen ihre Waaren durchdringt. Danach kommt hier zunächst das juristische Moment der Person herein und der Freiheit, so weit sie darin enthalten ist. Keines bemächtigt sich des Eigenthums des andren mit Gewalt. Jedes entäussert sich desselben freiwillig. 
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Grundrisse, MEGA II/1.1 S.  166f.  [MEW 42, S. 168f.]



Nota. - Das klingt wieder so, als hätte er es von Hegel. Der hatte es aber von Fichte.
JE



Samstag, 27. August 2016

Ihre materiale Verschiedenheit ist Bedingung ihrer formalen Gleichheit.

kultor, pixelio.de

Was nun den Inhalt angeht ausserhalb dem Akt des Austauschs, der sowohl Setzen als Bewähren der Tausch-werthe, wie der Subjekte als Austauschender ist, so kann dieser Inhalt der ausserhalb der ökonomischen Form-bestimmung fällt, nur sein: 1) Die natürliche Besonderheit der Waare, die ausgetauscht wird. 2) Das besondre natürliche Bedürfniß der Austauschenden, oder beides zusammengefaßt, der verschiedene Gebrauchswerth der auszutauschenden Waaren. 

Dieser der Inhalt des Austauschs, der ganz ausserhalb seiner ökonomischen Bestimmung liegt, so weit entfernt die sociale Gleichheit der Individuen zu gefährden, macht vielmehr ihre natürliche Verschiedenheit zum Grund ihrer socialen Gleichheit. Wenn das Individuum A dasselbe Bedürfniß hätte wie das Individuum B und in dem-selben Gegenstand seine Arbeit realisirt hätte, wie das Individuum B, so wäre gar keine Beziehung zwischen ihnen vorhanden; sie wären gar nicht verschiedne Individuen, nach der Seite ihrer Production hin betrachtet. 

Beide haben das Bedürfniß zu athmen; für beide existirt die Luft als Atmosphäre; dieß bringt sie in keinen socialen Contact; als athmende Individuen stehn sie nur als Naturkörper zu einander in Beziehung, nicht als Personen. Die Verschiedenheit ihres Bedürfnisses und ihrer Production giebt nur den Anlaß zum Austausch und zu ihrer socialen Gleichsetzung in ihm; diese natürliche Verschiedenheit ist daher die Voraussetzung ihrer socialen Gleichheit im Akt des Austauschs und dieser Beziehung überhaupt, worin sie zu einander als produc-tiv treten. 

Nach dieser natürlichen Verschiedenheit betrachtet ist das Individuum [A] als Besitzer eines Gebrauchswerths für B, und B als Besitzer eines Gebrauchswerths für A. Nach dieser Seite sezt die natürliche Verschiedenheit sie wieder wechselseitig in das Verhältniß der Gleichheit. Demnach sind sie aber nicht gleichgültig gegen einander, sondern integriren sich, bedürfen einander, so daß das Individuum B als objectivirt in der Waare ein Bedürfniß für das Individuum A ist und vice versa; so daß sie nicht nur in gleicher, sondern auch in gesellschaftlicher Be-ziehung zu einander stehn.
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Grundrisse, MEGA II/1.1 S.  166  [MEW 42, S. 168]


Nota. - Stoff und Form, Sein und Geltung, unterscheiden sich erst im Akt des Austauschs. Geltung gilt immer erst und nur für Handelnde (und handelten sie auch zuerst nur im Denken).
JE


Freitag, 26. August 2016

Geltende Form und gleichgültiger Stoff.



In der That, soweit die Waare oder die Arbeit nur noch als Tauschwerth bestimmt ist und die Beziehung wo-durch die verschiednen Waaren auf einander bezogen werden als Austausch dieser Tauschwerthe gegen ein-ander, ihre Gleichsetzung, sind die Individuen, die Subjekte, zwischen denen dieser Process vorgeht, nur ein-fach bestimmt als Austauschende. Es existirt absolut kein Unterschied zwischen ihnen, soweit die Formbestim-mung in Betracht kommt, und dieß ist die ökonomische Bestimmung, die Bestimmung worin sie in dem Ver-kehrsverhältniß zu einander stehn; der indicator ihrer gesellschaftlichen Funktion oder gesellschaftlichen Bezie-hung zu einander. 

Jedes der Subjekte ist ein Austauschender; d. h. jedes hat dieselbe gesellschaftliche Beziehung zu dem andren, die das andre zu ihm hat. Als Subjekte des Austauschs ist ihre Beziehung daher die der Gleichheit. Es ist un-möglich irgendeinen Unterschied oder gar Gegensatz unter ihnen auszuspüren, nicht einmal eine Verschieden-heit. 

Ferner die Waaren, die sie austauschen, sind als Tauschwerthe Equivalente oder gelten wenigstens als solche (es könnte nur subjektiver Irrthum in der wechselseitigen Schätzung stattfinden, und sofern das eine Individuum etwa das andre prellte, geschähe es nicht durch die Natur der socialen Funktion, in der sie einander gegenüber-stehn, denn diese ist dieselbe; in ihr sind sie gleich; sondern nur [durch] die natürliche Schlauheit, Ueberredungs-kunst etc, kurz nur die rein individuelle Ueberlegenheit des einen Individuums über das andre. Der Unterschied wäre ein natürlicher, der die Natur des Verhältnisses als solchen nichts angeht, und der, wie mit Hinsicht auf weitre Entwicklung gesagt werden kann, sogar durch die Concurrenz etc noch abgeschwächt und seiner origi-nellen Potenz beraubt wird). 

Soweit die reine Form, die ökonomische Seite des Verhältnisses betrachtet wird – der Inhalt ausserhalb dieser Form fällt hier eigentlich noch ganz ausserhalb der Oekonomie, oder ist als von dem ökonomischen unter- schiedner natürlicher Inhalt gesezt, von dem gesagt werden kann, daß er noch ganz von dem ökonomischen Verhältniß getrennt ist, weil er noch un- mittelbar mit ihm zusammenfällt – so treten nur 3 Momente hervor, die formell unterschieden sind: Die Subjekte des Verhältnisses, die Austauschenden; in derselben Bestimmung gesezt; die Gegenstände ihres Austauschs, Tauschwerthe, Equivalente, die nicht nur gleich sind, sondern aus-drücklich gleich sein sollen und als gleich gesezt sind; endlich der Akt des Austauschs selbst, die Vermittlung, wodurch die Subjekte eben als Austauschende, Gleiche, und ihre Objekte als Equivalente, gleiche gesezt wer-den. 

Die Equivalente sind die Vergegenständlichung des einen Subjekts für andre; d. h. sie selbst sind gleich viel werth und bewähren sich im Akt des Austauschs als Gleichgeltende und zugleich als Gleichgültige gegen-/ein-ander. Die Subjekte sind im Austausch nur für einander durch die Equivalente, als gleichgeltende und bewäh-ren sich als solche durch den Wechsel der Gegenständlichkeit, worin das eine für andre ist. 

Da sie nur so als Gleichgeltende, als Besitzer von Equivalenten, und Bewährer dieser Equivalenz im Austau-sche für einander sind, sind sie als Gleichgeltende zugleich Gleichgültige gegen einander; ihr sonstiger indivi-dueller Unterschied geht sie nichts an; sie sind gleichgültig gegen alle ihre sonstigen individuellen Eigenheiten. Die Subjekte sind im Austausch nur für einander durch die Equivalente, als gleichgeltende und bewähren sich als solche durch den Wechsel der Gegenständlichkeit, worin das eine für andre ist. 
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Grundrisse, MEGA II/1.1 , S.  165f.  [MEW 42, S. 166ff.]




Nota. - Hier geht es nicht um Sachen - Personen, Dinge... -, sondern um Verhältnisse. Wenn Sachen als Substanzen gedacht werden, sind ihre Verhältnisse zu einander Form. Diese Verhältnisse bestimmen heißt Formbestimmung.
JE


Donnerstag, 25. August 2016

Das Schillern des Geldes.



Das Geld in seiner lezten, vollendeten Bestimmung erscheint nun nach allen Seiten als ein Widerspruch, der sich selbst auflöst; zu seiner eignenAuflösung treibt. Als allgemeine Form des Reichthums steht ihm die ganze Welt der wirklichen Reichthümer gegenüber. Es ist die reine Abstraction derselben, – daher so festgehalten blose Einbildung. Wo der Reichthum in ganz materieller, handgreiflicher Form als solcher zu existiren scheint, hat er seine Existenz blos in meinem Kopf, ist ein reines Hirngespinst. Midas. 

Andrerseits als materieller Repräsentant des allgemeinen Reichthums wird es blos verwirklicht, indem es wieder in Circulation geworfen, gegen die einzelnen besondren Weisen des Reichthums verschwindet. In der Circulation bleibt es als Circulationsmittel; aber für das aufhäufende Individuum geht es verloren und dieß Verschwinden ist die einzig mögliche Weise es als Reichthum zu versichern. Die Auflösung des Aufgespeicherten in einzelnen Genüssen ist seine Verwirklichung. Es kann nun wieder von andren Einzelnen aufgespeichert werden, aber dann fängt derselbe Prozeß von neuem an. 

Ich kann sein Sein für mich nur wirklich setzen, indem ich es als bloses Sein für andre hingebe. Will ich es festhalten, so verdunstet es unter der Hand in ein bloses Gespenst des wirklichen Reichthums. Ferner: Das Vermehren desselben durch seine Aufhäufung, daß seine eigne Quantität das Maaß seines Werths ist, zeigt sich wieder als falsch. Wenn die andren Reichthümer sich nicht aufhäufen, so verliert es selbst seinen Werth in dem Maaß in dem es aufgehäuft wird. Was als seine Vermehrung erscheint, ist in der That seine Abnahme. Seine Selbstständigkeit ist nur Schein; seine Unabhängigkeit von der Circulation besteht nur in Rücksicht auf sie, als Abhängigkeit von ihr. 

Es giebt vor allgemeine Waare zu sein, aber ihrer Natürlichen Besonderheit wegen, ist es wieder eine besondre Waare, deren Werth sowohl von Nachfrage und Zufuhr abhängt, als er wechselt mit seinen spezifischen Pro-ductionskosten. Und da es selbst in Gold und Silber sich incarnirt, wird es in jeder wirklichen Form einseitig; so daß wenn das eine als Geld das andre als besondre Waare und vice versa erscheint und so jedes in beiden Be-stimmungen erscheint. Als der absolut Sichre, ganz von meiner Individualität unabhängige Reichthum, ist es zugleich als das mir ganz äusserliche, das Absolut Unsichre, das durch jeden Zufall von mir getrennt werden kann. 

Ebenso die ganz widersprechenden Bestimmungen desselben als Maaß, Circulationsmittel, und Geld als solches. Endlich in der lezten Bestimmung widerspricht es sich noch, weil es den Werth als solchen / repräsen-tiren soll; in der That aber nur ein identisches Quantum von veränderlichem Werth repräsentirt. Es hebt sich daher auf als vollendeter Tauschwerth. 
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Grundrisse, MEGA II/1.1 , S.  157f.  [MEW 42, S. 160]



Mittwoch, 24. August 2016

Arbeitsteilung - Mühsal - freie Arbeit.


W. Busch, Balduin Bählamm

Du sollst arbeiten im Schweiß deines Angesichts! war Jehovas Fluch, den er Adam mitgab. Und so als Fluch nimmt A. Smith die Arbeit. Die „Ruhe“ erscheint als der adaequate Zustand, als identisch mit „Freiheit“ und „Glück“. Daß das Individuum „in seinem normalen Zustand von Gesundheit, Kraft, Thätigkeit, Geschicklich-keit, Gewandtheit“ auch das Bedürfniß einer normalen Portion von Arbeit hat, und von Aufhebung der Ruhe, scheint A. Smith ganz fern zu liegen. Aller- dings erscheint das Maaß der Arbeit selbst äusserlich gegeben, durch den zu erreichenden Zweck und die Hindernisse, die zu seiner Erreichung durch die Arbeit zu über-winden. Daß aber diese Ueberwindung von Hindernissen an sich Bethätigung der Freiheit – und daß ferner die äusseren Zwecke den Schein blos äusserer Naturnothwendigkeit abgestreift erhalten und als Zwecke, die das Individuum selbst erst sezt, gesezt werden – also als Selbstverwirklichung, Vergegenständlichung des Subjects, daher reale Freiheit, deren Action eben die Arbeit ahnt A. Smith ebenso wenig. 

Allerdings hat er Recht, daß in den historischen Formen der Arbeit als Sklaven- Frohnde-Lohnarbeit die Arbeit stets repulsiv, stets als äussere Zwangsarbeit erscheint und ihr gegenüber die Nichtarbeit als „Freiheit, und Glück“. Es gilt doppelt: von dieser gegensätzlichen Arbeit; und was damit zusammenhängt der Arbeit, die sich noch nicht die Bedingungen, subjektive und objektive, geschaffen hat (oder auch gegen den Hirten- etc Zustand, der sie verloren hat), damit die Arbeit travail attractif, Selbstverwirklichung des Individuums sei, was keineswegs meint, daß sie bloser Spaß sei, bloses amusement, wie Fourier es sehr grisettenmässig naiv auffaßt. Wirklich freie Arbeiten z. B. Componiren ist grade zugleich verdammtester Ernst, intensivste Anstrengung. 

Die Arbeit der materiellen Production kann diesen Charakter nur erhalten, dadurch daß 1) ihr gesellschaftlicher Charakter gesezt ist, 2) daß sie wissenschaftlichen Charakters, zugleich allgemeine Arbeit ist, nicht Anstrengung des Menschen als bestimmt dressirter Naturkraft, sondern als Subject, das in dem Productionsprocess nicht in blos natürlicher, naturwüchsiger Form, sondern als alle Naturkräfte regelnde Thätigkeit erscheint. Uebrigens denkt A. Smith nur an die Sklaven des Capitals. Z. B. selbst der halbkünstlerische Arbeiter des Mittelalters ist nicht zu rangiren unter seine Definition. Was wir aber hier zunächst wollen, ist nicht auf seine / nicht auf seine Ansicht von der Arbeit eingehn, seine philosophische, sondern das ökonomische Moment. 

Die Arbeit blos als Opfer betrachtet und darum werthsetzend, als Preiß der für die Dinge bezahlt wird und ihnen daher Preiß giebt, je nachdem sie mehr oder weniger Arbeit kosten, ist rein negative Bestimmung. Daher konnte denn Herr Senior z. B. das Capital zu einer Productionsquelle im selben Sinn wie die Arbeit, sui generis machen, eine Productionsquelle von Werth, weil auch der Capitalist ein Opfer bringe, das Opfer der abstinence, indem er sich bereichert, statt sein Product direct aufzuessen. Ein blos negatives schafft nichts. Wenn die Arbeit dem Arbeiter z. B. Vergnügen macht – wie sicher dem Geizigen Senior's abstinence – so verliert das Product nichts an seinem Werth. Die Arbeit allein producirt; sie ist die einzige Substanz der Producte als Werthe. ❲Wie wenig Proudhon die Sache verstanden hat, geht aus seinem Axiom hervor, daß jede Arbeit ein Surplus läßt. Was er bei dem Capital verneint, verwandelt er in natürliche Eigenschaft der Arbeit. 

Der Witz ist vielmehr, daß die zur Fristung der absoluten Bedürfnisse nothwendige Arbeitszeit freie Zeit läßt (verschieden auf den verschiednen Stufen der Entwicklung der Productivkräfte) und daher Surplusproduce geschaffen werden kann, wenn Surplusarbeit gearbeitet wird. Das Verhältniß selbst aufzuheben ist der Zweck; so daß das Surplusproduce selbst als nothwendiges erscheint. Schließlich die materielle Production jedem Menschen Surpluszeit zu andrer Thätigkeit läßt. 

Darin nun nichts Mystisches mehr. Ursprünglich die freiwilligen Gaben der Natur reich, oder wenigstens nur anzueignen. Von vornherein naturwüchsig Association (Familie) und ihr entsprechende Theilung der Arbeit und Cooperation. Denn ebenso ursprünglich die Bedürfnisse arm. Sie entwickeln sich selbst erst mit den Productivkräften.

Ihr Maaß, die Arbeitszeit – gleiche Intensivität vorausgesezt – ist daher das Maaß der Werthe. Der qualitative Unterschied der Arbeiter, soweit er nicht naturwüchsig ist, durch Geschlecht, Alter, Körperkraft etc gesezt, also au fond nicht den qualitativen Werth der Arbeit, sondern die Theilung der Arbeit, ihre Differenzirung ausdrückt – ist selbst erst historisches Resultat und wird für die grosse Masse der Arbeit wieder aufgehoben, indem diese einfache ist; die qualitativ höhre aber ihr Maaß an der einfachen ökonomisch erhält.
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Grundrisse, MEGA II/1.2, S. 499/599   [MEW 42, S. 512f.]  


Nota. - Nur dies zum Schlussabsatz: Die Arbeitsteilung führt historisch zur Ausbildung von Arbeiten unter-schiedlichster Qualität. Aber die Maschinerie reduziert sie "für die große Masse" wieder auf einfache Arbeit - und an ihr, nur an ihr kann die qualitativ höhere Arbeit gemessen werden.


Die Mechanisierung der Arbeit tendiert dahin, eine "durchschnittliche, gesellschaftlich notwendige" Arbeit faktisch entstehen zu lassen. Automation und Digitalisierung tendieren dagegen dahin, die einfachen Arbeiten abzuschaffen - und mit ihnen das Maß für die qualitativ höheren!

Eine weitere Stelle, an der sichtbar wird, dass mit der digitalen Revolution der Tauschwert unmöglich werden muss.
JE



Dienstag, 23. August 2016

Warum die Arbeitszeit nicht selber zum Tauschmittel taugt.



Weil der Preiß nicht gleich dem Werth ist, kann das Werthbestimmende Element – die Arbeitszeit – nicht das Element sein, worin die Preisse ausgedrückt werden, weil die Arbeitszeit sich zugleich als das Bestimmende und das Nichtbestimmende, als das Gleiche und Ungleiche ihrer selbst auszudrücken hätte. Weil die Arbeitszeit als Werthmaaß nur ideal existirt, kann sie nicht als Materie der Vergleichung der Preisse dienen. 
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Grundrisse, MEGA II/1.1 , S. 75 [MEW 42, S. 75]

Nota. - Die Grundidee von P. J. Proudhon war, das Geld aus dem Wirtschaftskreislauf auszuschließen, weil er in ihm die Quelle der Ausbeutung sah. Wenn der Wert der Arbeitsprodukte nichts anderes war als die in ihnen materialisierte Arbeitszeit, dann musste man nur die Arbeiter mit Gutscheinen auf die von ihnen eingebrachte Arbeitszeit bezahlen, die sie im genossenschaftlichen Kaufladen gegen in Arbeitszeit ausgezeichnete Waren tauschen, um den Kapitalgewinn und mit ihm die Ausbeutung abzuschaffen.

Die Arbeitszeit ist nur als 'durchschnittliche, gesellschaftlich Notwendige' Wertmaß; aber als solche wird sie nur gedacht, nicht einmal errechnet. 'Es gibt' sie nur in Gestalt der tatsächlichen und sehr unterschiedlichen besonde-ren Arbeiten der sehr unterschiedlichen Individuen; ebenso wie 'es' den Wert nicht als solchen 'gibt', sondern nur in der Gestalt der wechselnden Preise. -

Marx hat nach zwei misslungenen Anläufen zur Niederschrift 'seiner Ökonomie' nicht weiter nach einem ordentlichen Anfang gesucht. Stattdessen hat er pragmatisch unmittelbar mit der Kritik an seinem unmittel-barsten wissenschaftlichen Widersacher begonnen, der zugleich auch sein unmittelbarster politischer Gegner war - Proudhon mit seinem Projekt der genossenschaftlichen Tauschbanken, dessen unmittelbares - und einziges - Ergebnis war, die französische Arbeiterklasse von der Politik fernzuhalten.

Da aber andererseits das Kapital unmittelbar 'aus Geld besteht', konnte es nicht falsch sein, bei der Darstellung der kapitalistischen Wirtschaftsweise - denn dass er eine Kritik der Politischen Ökonomie vor sich hatte, war Marx zu dem Zeitpunkt noch längst nicht klar - von dieser Stelle aus den Zugang zu seinem Thema zu suchen.
 


Nota II. - Seine Realität findet der Durchschnitt in dem durch die Konkurrenz ausgemittelten Preis; je an die- sem Ort, je an diesem Tag. Wären die tatsächliche Arbeitszeit und die tatsächliche Arbeitsqualität nicht verschieden, gäbe es gar keine Konkurrenz und suchte der eine nicht den andern zu unterbieten; gäbe es keinen Ausgleich der Profiraten und - gäbe es keinen Profit. Dann gäbe es kein Kapital und dann gäbe es keine Industrie. Dann gäbe es kein Proletariat und keinen Mehrwert.

Im pp. Realexistierenden gab es all dies wirklich nicht. Die Preise entsprachen keinem Durchschnitt, sondern der freien Phantasie der Planungsbehörde. Und was in Ostdeutschland nach dem Krieg an wettbewerbsfähiger Industrie übriggeblieben war, war nach vierzig Jahren so ziemlich desakkumuliert.
JE

Montag, 22. August 2016

Gegen den naturalistischen Wertbegriff.



Der Ochse* ist einfach darum kein "Arbeiter", weil er... seine Arbeitskraft nicht austauscht - genausowenig wie der Sklave: der ist auch kein "Arbeiter".

Es ist also nicht die 'immanente' Qualität der - tatsächlichen - Arbeit: formative Energie -, die Arbeit im öko-nomischen Sinn bestimmt, sondern das Faktum eines allbereits bestehenden gesellschaftlichen Zusammenhangs, in dem a) alle 'Produkte' zu Waren werden (=der Austausch universell ist), und darum b) nur jene Dinge als Produkte (nämlich der Arbeit) gelten, sofern sie Waren [geworden] sind: nämlich sofern sie Tauschwert "haben", d. h. sofern sich dieser als ein solcher "bewährt" im aktuellen Tausch.

Also der Zusammenhang des ökonomischen 'Arbeits'-Begriffs mit der "Freiheit" des tätigen Subjekts ist ein realer, aber kein umittelbarer; denn er liegt nicht schon darin, daß der(Lohn-)Arbeiter "frei" ist über seinen "Willen", der Sklav und Ochse aber nicht; sondern darin, daß der Lohnarbeiter in dem allgemeinen gesell-schaftlichen Vermittlungszusammenhang der Zirkulation "Subjekt des Austauschs" ist - und als solches "Subjekt" natürlich freier Arbeiter sein muß. Voraussetzung der "Arbeit"(1) ist der Austausch(2); Voraussetzung des Aus-tauschs aber ist: die freie Disposition über die Arbeitskraft (3); also der Zusammenhang ist vermittelt.

In der Vorstellung eines unmittelbaren Bestimmungsverhältnisses Arbeit(1) - Freiheit(2) ist der Zusammenhang mystifiziert, nämlich Arbeit als Ausdruck der "Freiheit" - d. h. "Vergegenständlichung" des "Wesens"; so z. B. Marx in den Pariser Manuskripten.

Also produktiv ist nur die Arbeit, die Wert setzt, weil sie Ware schafft; weil nämlich umgekehrt nur diejenigen Dinge als Arbeitsprodukte gelten, die Tauschwert haben: und darum eben nur diejenige "Verausgabung von Lebenskraft" als Arbeit gilt, die... Waren erzeugt: dem gesellschaftlichen Bedürfnis seinen Gegenstand schafft.

So vermittelt über das System gesellschaftlicher Geltungen ist der Zusammenhang 'produktive Arbeit'/'freier Willen' ein rationeller; unvermittelt ist er dagegen Mystifikation.

Also kurz und gut und immer wieder: Die Formulierung des "Wertgesetzes" bezeichnet nicht die immanente Qualität (Wesen", Substanz) von menschlicher Tätigkeit, Arbeit usw., sondern bezeichnet ein in der Zeit, historisch gewordenes System gesellschaftlicher Geltung; bezeichnet jenes "Allgemeine", wonach sich die empirischen Individuen im Verlaufe ihres tatsächlichen Vermittlungsprozesses als dessen Resultat, d. h. im Durchschnitt tatsächlich richten; bezeichnet - identifizeirt - durch einen Namen ein reales GEschehen, wie es sich in seinem durchnittlichen Resultat "darstellt"; und behauptet keineswegs einen "wirkenden Grund";

der "Wert" kommt nach dem realen Prozeß, als dessen Resultat, und liegt ihm nicht als seine wirkende Ursache zu Grunde; nur für die abstrahierende Reflexion "erscheint" dieses reale Aposteriori als ein logisches ("ideales") Apriori - so mit allen "Kategorien"...

*) Marx mokiert sich über Ricardo, bei dem gelegentlich der Ochse als "Arbeiter" auftaucht: Theorien... MEW 26.1, S. 235; 26.2, S. 181

aus meinen Notizen, 22. 12. 1987


Nota. - Ich hatte mich längere Zeit mit der Kritik der Politischen Ökonomie beschäftigt; schließlich ging ich dazu über, einzelne Einsichten aufzuschreiben, weniger um sie zu 'behalten', als um sie mir selber klarer zu machen. Manches erscheint mir heute trivial, doch damals war es das nicht. 

Wieso gebe ich es heute zum Besten? Nachdem Marx zwei Jahrzehnte lang eine Unperson geworden war, erfreut er sich heute wieder wachsender Beliebtheit. Allerdings nicht als der revolutionäre Wissenschaftler, der er war, sondern als ein antikapitalistischer Ideologe wie viele andere, und das hat er nicht verdient. Es wäre mir lieb, wenn ich ein bisschen dagegen wirken könnte.

Ein wichtigerer Grund ist aber der: Wer öfter in meine Blogs schaut, soll erkennen können, dass meine These über den Zusammenhang von Kritik der Politischen Ökonomie und Wissenschaftslehre keine an den Haaren herbeigezogene Schnapsidee war, für die ich nachträglich "Stellen" zusammenklaube, sondern Ergebnis eines ernsthaften Studiums mindestens der ersten. Und mit der zweiten bin ich inzwischen auch etwas gründlicher zugange

- Den Ausdruck naturalistischer Wertbegriff habe ich übrigens von Eugen Preobraschenski.
JE

Sonntag, 21. August 2016

Produktion ist nicht ursprünglich Austausch von Arbeiten.


 Asagirt, Äthiopien

Es ist eine delusion als beruhte in allen Productionszuständen die Production und daher die Gesellschaft auf dem Austausch von bloser Arbeit gegen Arbeit. In den verschiednen Formen, worin die Arbeit sich zu ihren Produc-tionsbedingungen als ihrem Eigenthum verhält, ist die Reproduction des Arbeiters keineswegs durch blose Arbeit gesezt, denn sein Eigenthumsverhältniß ist nicht das Resultat, sondern die Voraussetzung seiner Arbeit. 

Im Grundeigenthum ist es klar; im Zunftwesen muß es auch klar werden, daß die besondre Art Eigenthum, die die Arbeit constituirt, nicht auf bloser Arbeit oder Austausch der Arbeit beruht, sondern auf einem objektiven Zusammenhang des Arbeiters mit einem Gemeinwesen und Bedingungen, die er vorfindet, von denen er als seiner Basis ausgeht. Sie sind auch Producte / einer Arbeit, der weltgeschichtlichen; der Arbeit des Gemein-wesens – seiner historischen Entwicklung, die nicht von der Arbeit der Einzelnen noch dem Austausch ihrer Arbeiten ausgeht. 

Es ist daher auch nicht die blose Arbeit Voraussetzung der Verwerthung. Ein Zustand in dem blos Arbeit gegen Arbeit ausgetauscht wird – sei es in der Form unmittelbarer Lebendigkeit, sei es in der Form des Pro-ducts – unterstellt die Loslösung der Arbeit von ihrem ursprünglichen Zusammengewachsensein mit ihren objektiven Bedingungen, weßwegen sie auf der einen Seite als blose Arbeit erscheint, andrerseits ihr Product als vergegenständlichte Arbeit ihr gegenüber ein durchaus selbstständiges Dasein als Werth erhält. Der Austausch von Arbeit gegen Arbeit – scheinbar die Bedingung des Eigenthums des Arbeiters – beruht auf der Eigen-thumslosigkeit des Arbeiters als ihrer Basis.
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Grundrisse, MEGA II/1.2, S. 416f.   [MEW 42, S. 422f.]  



Samstag, 20. August 2016

Die Zukunft der Arbeit als Wissenschaft und Kunst.

 Leonardo

Jener irreduzible Grundbestand an menschlicher Arbeit, auf die noch die vollkommene Entwicklung der Maschinerie =Automation nicht verzichten kann; und die als Arbeit stets nicht "freie", sondern gebundene, bedingte, von ihrem Gegenstand bestimmte, zweck-mäßige, nicht zweckfreie, zweckerfindende Tätigkeit ist..., diese Arbeit ist am Ende die Wissenschaft selbst. Sie ist nicht frei, sondern bestimmt von ihrem Gegenstand: dem gegebenen Zweck hie, der Welt der Dinge, "Natur", da; Wissenschaft als Theorie, "erkennend", dienstbar der "Praxis": der bedürfniserzeugenden Tätigkeit.

"Wissenschaft" ist Produktion; aber nicht Produktion von Gegenständen, "Dingen"; sondern von Begriffen: Bildern, die funktional sind: nämlich zu anderen, vorgegebenen Bildern passen.

Die andere, die "freie" Produktion nicht-funktionaler Bilder ist Kunst - und als solche (Schiller) Spiel. Also die fortschreitende Erübrigung menschlicher Arbeit in der Produktion der Gegenstände durch Entwicklung der Maschinerie 'reduziert' Arbeit auf ihre beiden "eigentlichen" Bestandteile: Kunst/"Spiel" als die Erfindung neuer Bedürfnisse,* und Wissenschaft als Erkenntnis dessen, was ist, um es der "Kunst" dienstbar zu machen.

*) dessen, was "sein soll"!

aus meinen Notizen, 22. 12. 1987


Nachtrag. Das ist eine früher Vorgriff auf die pp. digitale Revolution.




Freitag, 19. August 2016

Arbeit ist Vermittlung; nicht Substanz noch Rechtsgrund.




Der Versuch, der Arbeit einen materialen Gehalt zuzuschreiben über ihre bloß formale Rolle als Vermittlung und ihre rein formale Bestimmung als Zeit hinaus, drückt das Bedürfnis aus, hinter der unendlichen Reihe der relativen Wertausdrücke = Gleichungen von Warenwerten einen 'letzten', d. h. in Wahrheit einen ersten Wert zu finden, den man als aitía der Reihe, recht eigentlich als archê auffassen, als reelle Ursache und zugleich den logi-schen Grund erfassen kann: "Substanz", "Wesen": Der Begriff, die logische Form, in der die Sache dargestellt ist, soll uns etwas verraten darüber, was die Sache ist: nämlich welches ihre causa prima (donc: causa sui). Das Woher  der unendlichen Reihe der Warengleichungen als Antwort auf das Warum.

Und wenn "die dialektische Form der Darstellung" ihre Grenzen nicht kennt, dann will sie die "unendliche Reihe", welche realiter ein Kreislauf ist: Zirkulation, in sich selber begründen - als wäre er schon immer da gewe-sen. Und da wird dann die Arbeit zu einer gleichermaßen materialen und qualitativen, d. h. schon (durch sich selbst) Form habenden Quelle; und da es "die Arbeit" eben auch "schon immer gegeben" hat, muß es wohl auch... den Wert schon immer gegeben haben. La boucle bouclée. So vor allem A. Smith, für den "Wert der Arbeit" dasselbe ist wie Wert ihres Produkts - und der also den Mehrwert nicht erklären kann. ...

Weigerung zu begreifen: daß die "unendliche Reihe" der Warengleichungen eben nur darstellt, in Begriffen vorstellbar macht die tatsächliche Zirkulation der Waren; nicht "erklärt" (d. h. 'auf Ursachen zurückführt'), sondern lediglich für die Vorstellung beschreibt, was "ist" ... 

17. 5. 1987


Dass "die Arbeit die Quelle allen Reihtums" sei, ist die bürgerliche Idee par excellence; denn sie heißt nichts anders als daß der Reichtum eo ipso "Wert" sei; er ist aber Gebrauchswert. 

Dem Entspricht die Vorstellung, daß die Arbeit der Rechtsgrund des Eigentums sei, ("Formation", vgl. Fichtes Polemik gg. Rousseau); der ist aber Okkupation, sonst nichts; hat alles nur seinen Sinn als Polemik gegen die Grund-rente, d. h. das Grundeigentum.  Daß am Beginn der Arbeiterbewegung die "sozialisitsichen Ricardianer" die Polemik umgedreht und gegen das Kapital gewendet haben, ist ebenso normal, wie daß die französische Arbeiterbewegung in ihrem Beginn auf die politischen Ideen der französischen Revolution  zurückgegriffen hat. Aber sich daran festzuhalten ist im einen Fall so reaktionär wie im andern; im andern landet es nämlich nirgends anders als in Lassalles "unverkürztem Arbeitsertrag",* den er - wie sein "ehernes Lohngesetz" - eben von Ricardo hat! 

*) obgleich eng verwandt mit Smith's Vorstellung, daß der "Wert der Arbeit konstant" sei - wogegen Ricardo wiederum polemisiert...

11. 4. 1987


Noch einmal so scharf wie möglich: Die Mystifikation der Arbeit als Substanz des Reichtums ist das Spezifi-kum der bürgerliche Gesellschaft; ihr "dialektischer Schein" kat' exochên. Sie hat den Sinn, das - bürgerliche - Eigentum als aus eigener Arbeit entsprossen erscheinen zu lassen, via "Äquivalenten-Tausch"; nicht aus bloßer "Aneignung"; nämlich das bürgerliche Eigentum im Unterscheid zum feudalen. (Rousseau: formation als Grund des Eigentums...)

So verbotenus in "Formen...", vor allem auf den folgenden Seiten [416f.

auch: Kritik des Gothaer Programms, Anfang! (MEW 19, S. 19f.)

3. 9. 1987


Der entschiedene Begründer des bürgerlichen Dogmas von der Arbeit als Rechtsgrund des Eigentums im Naturrecht, lange vor Jean-Jacques, ist John Locke - der insofern auch mit Sicherheit (?!) eine Hauptquelle für Fichtes Rechtslehre,  insbesondere die von 1812 ist: Some considerations of the conaequences of the lowering of interest, and raising the value of money, 1691; und v. a. Two Treatises on Government, 1690; darüber Marx in den Theorien über den Mehrwert, MEW 26.1, S. 341ff:

Lockes Auffassung umso wichtiger, da sie der klassische Ausdruck der Rechtsvorstellungen der bürgerlichen Gesellschaft im Gegensatz zur feudalen [ist], und seine Philosophie überdies der ganzen spätren englischen Ökonomie zur Grundlage aller ihrer Vorstellungen diente. ebd., S. 343

John Locke, der die neue Bourgeoisie in allen Formen vertrat, die Industriellen gegen die Arbeiterklasse und die Paupers, die Kommerziellen gegen die altmodischen Wucherer, die Finanzaristokraten gegen die Statsschuldner, wird in seinem eignen Werke sogar den bürgerlichen Verstand als menschlichen Normalverstand nachweisen. in Zur Kritik der politischen Ökonomie, MEW 13, S. 61

21. 1. 1988

aus meinen Notizen


Nota. - Zwar geschieht Aneignung technisch durch Formation; doch nicht auf sie kommt es an, sondern darauf, dass die gewählte Form den Gegenstand fürs Bedürfnis geeignet macht. Formation ist an-Eignung. Denn ist der Apfel am Baum von sich aus zum Verzehr geeignet, muss er nur noch ergriffen werden.





Donnerstag, 18. August 2016

Arbeit ist nicht das Wesen des Menschen.


Velázquez, Triumph des Bacchus

Die Arbeit ist keine Naturbestimmung des Menschen, sondern ein historische; ist eine Selbstbestimmung - voll-ständig eben erst in der bürgerlichen Gesellschaft, wo die Menschen wirklich alle ihre Lebensmittel erst produ-zieren müssen, ehe sie sie verzehren, weil die Lebensmittel eben nicht mehr in der Natur einfach vorgefunden werden, Verzehr und Aneignung nicht mehr unmittelbar zusammenfallen - weil "das große Magazin der Natur, die Erde" erschöpft wäre? 

Nicht so sehr: vielmehr weil das Leben ein solches geworden ist, daß es bestimmterer Mittel bedarf  - "viel" Ar-beit, nämlich qualifiziertere, differenzierte, eben hoch-bestimmte -, die eine wertgebende Spezialisierung (=Quali-fikation) der Tätigkeit voraussetzen, d. h. Teilung der Arbeit - und diese macht den Tausch notwendig: Die Be-stimmung des Menschen als schlechthin Arbeitender, als allseitiger Produzent, Homo faber ist nicht bloß eine 'Idee' der bürgerlichen Gesellschaft ..., sondern ihre reale Schöpfung. Erst die bürgerliche, oder, wenn man so will, die industrielle Gesellschaft (was dasselbe ist) setzt die Arbeit als das Wesen des Menschen.

(Nachdem er lange Zeit vor allem - aber dann immer weniger - Homo ludens gewesen ist.)

"Die Setzung des Individuums als eines Arbeiters, in dieser Nacktheit, ist selbst historisches Product."
Grundrisse, MEGA II/1.2., S. 379

11. 4. 1987, aus meinen Notizen




Mittwoch, 17. August 2016

Arbeit ist nicht Formation, sondern Aneignung.



Arbeit ist nicht 'Tätigkeit überhaupt', nicht Produktion "überhaupt", sondern Zweck-mäßige Tätigkeit - im Begriff des Zwecks liegt eben schon ihre objektivierende Dimension - nicht umgekehrt!
24. 9. 1985

Es ist völliger Quatsch, daß bei Hegel die Arbeit "Entäußerung des Wesens" wäre - sie ist vielmehr, und zwar ganz richtig, Vermittlung zwischen den Bedürfnissen und den 'Natur'-Gegenständen: siehe § "Arbeit" in der Rechts-lehre...   
4. 6. 188

Stofflich betrachtet ist Arbeit nicht 'Verausgabung' einer 'Kraft' oder Realisierung eines Vermögens; sondern lediglich An-eignung, d. h. Subsumtion des Naturgegenstands unter das Bedürfnis - und zwar dies uneranchtet ihrer technischen Bestimmtheit, unerachtet auch - d. h. gerade! - des jeweiligen Quantums Energie, welches die reelle Subsumtion ("Fassung") dieses bestimmten Dings unter dieses bestimmte Bedürfnis (seine Geschickt-machung für den Verbrauch) erheischt. 

Aber auch bei der formalen Bestimmung der Arbeit als abstrakt-allgemeine, nämlich als Verausgabung (eines jeweiligen Quantums von) Arbeitskraft kommt es nicht an auf Materialisierung von Kraft strictu sensu, d. h. von Energie, sondern auf die Realisierung eines Vermögens: Aktualisierung von dynamis qua energeia; nicht stoffliche Konkretion, "Gerinnung" der Energie selbst (die ja dann zugleich ihre eigene Dynamis wäre). 

Die Vorstellung von "Arbeit im Allgemeinen" als Umsetzung, Vergegenständlichung von reeller Kraft, Energie expressis verbis abgewiesen von Engels - ausgerechnet! - in einem Brief an Marx vom 19. 2. 1882 über den Aufsatz des russischen Naturwissenschaftlers Podolinski in MEW 35, S. 133ff.: "Ökonomische Verhältnisse in physikalischen Maßen darstellen zu wollen ist meiner Ansicht nach rein unmöglich... Aber physikalische Arbeit ist darum noch lange keine ökonomische Arbeit." 

Vgl. Dialektik [in] der Natur, Bln. 1961, S. 84-99 und 330ff.; aber der Grund, warum ökonomische Arbeit nicht in physikalischer Arbeit darzustellen ist, ist Engels anscheinend nicht klargeworden! Für ihn scheint es mehr ein rechnerisches Problem zu sein: zu welcher Quote die vom Arbeiter verzehrte Energie in seinem Produkt repro-duziert und fixiert, und zu welcher Quote sie als "ausgegeben" gerechnet werden muss. Dass das Problem aber darin besteht, daß Arbeit als solche immer erst gebrauchswertsetzend, d. h. Bedürfnis-befriedigend sein muß, was eine qualitative Bestimmung ist, die sich als solche nicht in quantifizierende Bestimmungen umsetzen läßt; und daß in der quantitativen Bestimmung der Arbeit durch den Wert nicht auf eine Natureigenschaft, sondern auf eine soziale 'Eigenschaft' der Arbeit: die gleich-Geltung der von der Arbeit bedienten Bedürfnisse für die gesell-schaftliche Gesamtheit abgesehen ist - das mag ihm geschwant haben; aber begriffen hat er's nicht.
10. 1. 1987

Arbeit ist Aneignung; Arbeit im stofflichen Sinn ist: Tauglichmachung des Gegenstandes zum Gebrauch, Gebrauchs-'wert'. Verfügbarmachung für das Bedürfnis, Zurechtmachung ... Aufhebung, d. h. eine bestimmte Negation seiner 'Gleichgültigkeit gegen menschliche Zwecke, d. h. eben seiner Gegen-Ständ-lichkeit. (Das dabei erforderliche Quantum Energie 'tut nichts zur Sache', verbotenus; überhaupt: keine physische, keine physika-lische Betimmung, also auch nicht "Verausgabung von Kraft", nicht einmal 'Realisierung eines Vermögens'.)  
17. 1. 1987

Arbeit ist an und für sich nicht "Formation" - wie Rousseau es auffasst: als begründend das Eigentum - son-dern Aneignung, Okkupation - nämlich ursprünglich des Bodens (so wie Fichte - Naturrecht - das Eigentum auffaßt); der Akt des Aneignens der Naturdinge an sein Bedürfnis...

[vgl. "Formen"[-Kapitel] in den Grundrissen]

8. 7. 1987

aus meinen Notizen. 



Nota. - Realisierung eines Vermögens oder nicht Realisierung eines Vermögens? Nicht, wenn man unter Vermögen ein angestautes Quantum Kraft versteht. Wohl, wenn man darunter die Fähigkeit versteht, Absichten zu fassen. Darauf kommt es nämlich an: Das (physiologische?) Bedürfnis muß zu einer (mentalen) Absicht werden, damit Arbeit geschieht. Die Absicht ist dynamis.