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A. Smith spricht den wahren Geist der capitalistischen Production aus, indem er die Accumulation (Reproduction auf stets erweiterter Stufenleiter)
als das oberste Gesetz proclamirt, aber er thut dieß noch in einer Weise
(ge- wissermaassen wohlmeinenden und altväterlichen Weise), die einem
Entwicklungsgrad der Gesellschaft ent- spricht, worin die capitalistische Productionsweise ihre specifischen Productionsmittel (Maschinerie etc) erst
zu schaffen begann, der Staat ihr noch nicht völlig unterjocht war, und die
zur Betreibung der grossen Industrie nöthigen Capitalien erst in ihrer
Kinderzeit waren; ihr Wachsthum daher als das sine qua non erschien; zu
einer Zeit, wo ausserdem noch der kaufmännische Capitalist ein grosses
Uebergewicht über den industriellen Capi- talist besaß.
Er predigt Sparsamkeit. Er zetert gegen Staatsverschwendung. Er betrachtet die größtmöglichste Vermehrung der productiven Arbeiter als den letzten Zweck aller gesunden Oekonomie. Es läuft damit unter Wohlwollen für den productiven
Arbeiter, das sich bis hinab auf den Ochsen als einen productiven Arbeiter
erstreckt. Er glaubt nämlich, und dieß zum Theil richtig für den damaligen
Stand der Entwicklung, daß im Maaße, wie surpluspro- duce in productives
Capital verwandelt wird, im Verhältniß zur Accumulation also, die Nachfrage nach Arbeit wächst, daher der Arbeitslohn steigt, daher die Lage der
productiven Arbeiter sich verbessert, während der Capitalist entschädigt
wird durch die stets steigende Productivkraft der Arbeit.
Wenn A. Smith der Oekonom der Manufacturperiode in ihrem Ueber-/gang zur grossen Industrie und daher die Accumulation mehr vom mittelbürgerlichen Standpunkt ansieht, ist Ricardo der Oekonom der grossen In- dustrie und schaut sich die Dinge vom großbürgerlichen Standpunkt an.
Production um der Production willen, möglichstes Wachsen der Reproduction und namentlich der Productivkraft der Arbeit, ist der letzte und bestim- mende Zweck.
Aber zu diesem Behufe hält Ricardo es für überflüssig,
Sparsamkeit zu predigen. Da ihm die capitalistische Productionsweise die
natürliche und absolute Form der gesellschaftlichen Production ist, Consumtion aber der natürliche Zweck aller Production ist, schließt diese un-
gebundne Entwicklung der Production nothwendig die der Consumtion in
allen Formen ein, und wie das Capital sich daher vertheilt in Luxus und
andre Production, ist durch die Natur der capitalistischen Production, d. h.
die Ausgleichung der Profitrate unter den verschied- nen Capitalien bestimmt.
Er theilt nicht mehr das Vorurtheil A. Smiths, daß die Nachfrage
nach Arbeit steigt im Verhältniß zur Accumu- lation, und daher wages und
daher im selben Verhältniß sich die Lebenslage der arbeitenden Klasse verbessert. Er weiß umgekehrt, daß wenn mit der Accumulation und der sie
begleitenden Entwicklung der grossen Indu- strie, die Nachfrage nach Arbeit absolut wächst, sie relativ abnimmt und eine beständige surpluspopulation producirt wird. (people are made redundant.) Die productive Arbeiterklasse existirt hier überhaupt nur als Productionsmaschine of surplus
value or surplus produce für die Besitzer der Arbeitsbedingungen, d. h. für
capitalists und landlords privately, und als rent collectively, d. h. für den
disponiblen nationalen Reichthum.
Im Unterschied von A. Smith, der den
Reichthum in der größtmöglichsten Masse productiver Arbeiter befin- det,
sieht Ricardo umgekehrt im möglichst kleinen productiven Theil der Bevölkerung im Verhältniß zum selben Surplusproduce und dem von ihr lebenden andren Theil der Bevölkerung nur das Zeichen der größt- möglichsten Entwicklung der Productivkraft der Arbeit. Er beweist sogar, was die
Luxusverausgabung selbst betrifft, daß die der landlords den Arbeitern
günstiger ist als die der capitalists, weil ihre Consumtion gleich viel Arbeiter in Bewegung setzt, der landlord sie aber mit grössrer Masse von retainers, Bedienten etc verzehrt, wäh- rend der Sobre Capitalist sie mehr in dauerbaren Luxuswaaren auslegt. Der erstre wirkt also durch seine Nach- frage
für unproductive Arbeiter auf den Arbeitsmarkts, steigert die Nachfrage
nach Arbeit mehr durch seine Consumtion als der andre. A. Smith's Angst,
daß ein ungebührlicher Theil der productiven Arbeiter in unpro- ductive
verwandelt werde, existirt nicht mehr für Ricardo, der weiß, daß die great
industry makes constantly people redundant; der also beständig einen
überfüllten Arbeitsmarkt vor sich hat.
Andrerseits aber entwickelt sich mit der Accumulation die Rente, das / Einkommen der landlords und dieß hindert die Reproduction und Entwicklung der Productivkraft der Arbeit. Es ist namentlich (im England Ricardo's) die nationale Beschränkung (durch Korngesetze) der Agricultur,
welche diesen Effekt der Accumu- lation künstlich steigert. Es ist also erstes
Gebot diese nationale Grundlage des Steigens der Rente niederzu- brechen
und freetrade in Korn etc einzuführen. Ricardo bekämpft in dieser Weise
das Grundeigenthum im Namen des Capitals und sucht so das surplusproduce möglichst in die Hand der industriellen Capitalisten zu bringen. Der
Profit ist der Stachel der Production und mit dem Steigen der Rente fällt
die Profitrate. Es muß also durch die Beseitigung ihrer künstlichen Steigerungsmittel der Accumulationstrieb angefeuert und à sa hauteur erhalten werden.
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Ökonomisches Manuskript
1863-1865, MEGA II/4.1, 375ff.
Nota. - Adam Smith ist als Anwalt der beginnenden kapitalistischen Produktionsweise ein Gegner der Merkanti- listen, denen die Anhäufung von Geld Zweck und Motor des Wirtschaftens war. Ihnen gegenüber hebt er den Fortschritt hervor, den die materielle Produktion für die Menschen bedeutet. Die Arbeiter sind für ihn Teilhaber dieses Fortschritts.
Ricardo ist unsentimental; er kennt schon die industrielle Revolution. Seine Gegner sind die Grundbestitzer und die Getreidezölle, die ihnen dienen, und wo es gegen die geht, bedient er sich auch schonmal der Wohl- fahrt der arbeitenden Klasse als Argunent.
JE
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