Donnerstag, 31. Dezember 2015
Wandernde Hirtenvölker und ihr Eigentum.
Die gemeinschaftliche Production und das Gemeineigenthum, wie es z. B. in Peru vorkommt, ist offenbar eine sekundäre Form; eingeführt und übertragen von erobernden Stämmen, die bei sich selbst das Gemeineigenthum und Gemeinschaftliche Production in der alten einfachern Form kannten, wie sie in Indien und bei den Slawen vorkommt. Eben so scheint die Form die wir bei den Celten in Wales z. B. finden eine übertragne in dieselben, sekundäre, von Eroberern bei den niedriger stehenden eroberten Stämmen eingeführt. Die Vollendung und systematische Ausarbeitung dieser Systeme von einem obersten Centrum aus, zeigt ihre spätere Entstehung. Ganz wie der in England eingeführte Feudalismus vollendeter war in der Form, wie der in Frankreich naturwüchsig ent-/standne.
Bei wandernden Hirtenstämmen – und alle Hirtenvölker sind ursprünglich wandernd – erscheint die Erde gleich den andren Naturbedingungen in elementarischer Unbegrenztheit, z. B. in den asiatischen Steppen und der asiatischen Hochebne. Sie wird abgeweidet etc consumirt durch die Heerden, an denen wieder die Heerdenvölker existiren. Sie verhalten sich zu ihr als ihrem Eigenthum, obgleich sie dieß Eigenthum nie fixiren.
Der Jagdgrund so bei den wilden Indianerstämmen in America; der Stamm betrachtet eine gewisse Region als sein Jagdgebiet und behauptet es gewaltsam gegen andre Stämme, oder sucht andre Stämme aus dem von ihnen behaupteten zu vertreiben. Bei den wandernden Hirtenstämmen ist die Gemeinde in der That stets vereinigt, Reisegesellschaft, Carawane, Horde, und die Formen der Ueber- und Unterordnung entwickeln sich aus den Bedingungen dieser Lebensweise. Angeeignet und reproducirt wird in der That hier nur die Heerde, nicht die Erde; die aber stets temporär gemeinschaftlich benuzt wird an dem jedes maligen Aufenthaltsplatz. [Folgt: Ist der Krieg...?]
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Grundrisse, MEGA II/1.1 S. 394f. [MEW 42, S. 398f.]
Mittwoch, 30. Dezember 2015
Die Biene und der Baumeister.
Eine Spinne verrichtet Operationen, die denen des Webers ähneln, und eine Biene beschämt durch den Bau ihrer Wachszellen manchen menschlichen Baumeister. Was aber von vorn herein den schlechtesten Baumeister vor der besten Biene auszeichnet, ist, daß er die Zelle in seinem Kopf gebaut hat, bevor er sie in Wachs baut. Am Ende des Arbeitsprozesses kommt ein Resultat / heraus, das beim Beginn desselben schon in der Vorstellung des Arbeiters, also schon ideell vorhanden war.
Nicht daß er nur eine Formveränderung des Natürlichen bewirkt, verwirklicht er im Natürlichen zugleich seinen Zweck, den er weiß, der die Art und Weise seines Thuns als Gesetz bestimmt und dem er seinen Willen unterordnen muß. Und diese Unterordnung ist kein vereinzelter Akt. Außer der Anstrengung der Organe, die arbeiten, ist der zweckgemäße Wille, der sich als Aufmerksamkeit äußert, für die ganze Dauer des Arbeitsprozesses erheischt, und um so mehr, je weniger die Arbeit durch ihren eignen Inhalt und ihre Art und Weise der Ausführung den Arbeiter mit sich fortreißt, je weniger er sie daher als Spiel seiner eignen körperlichen und geistigen Kräfte genießt. ...
Der Arbeitsprozeß ist also ein Prozeß, worin die Thätigkeit des Menschen durch das Arbeitsmittel eine von vorn herein bezweckte Veränderung im Arbeitsgegenstand bewirkt. Dieser Prozeß erlischt im Produkt. Sein Produkt ist ein Gebrauchswerth, ein durch Formveränderung menschlichen Bedürfnissen assimilirter Naturstoff. Durch den Prozeß hat sich die Arbeit mit ihrem Gegenstand verbunden. Die Arbeit ist vergegenständlicht und der Gegenstand ist verarbeitet. Was auf Seiten des Arbeiters in der Form der Unruhe erschien, erscheint nun als ruhende Eigenschaft, in der Form des Seins, auf Seiten des Produkts. Er hat gesponnen und das Produkt ist ein Gespinst.
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Das Kapital I, MEGA II/5, S. 129f.; 132
Dienstag, 29. Dezember 2015
Das ist der Mehrwert!
Der Tageswerth der Arbeitskraft betrug 3 sh., weil in ihr selbst ein halber Arbeitstag vergegenständlicht ist, d. h. weil die täglich zur Produktion der Arbeitskraft nöthigen Lebensmittel einen halben Arbeitstag kosten. Aber die vergangene Arbeit, die in der Arbeitskraft steckt, und die lebendige Arbeit, die sie leisten kann, ihre täglichen Erhaltungskosten und ihre tägliche Verausgabung, sind zwei ganz verschiedne Größen. Die erstere bestimmt ihren Tauschwerth, die andere bildet ihren Gebrauchswerth. Daß ein halber Arbeitstag nöthig, um ihn während 24 Stunden am Leben zu erhalten, hindert den Arbeiter keineswegs einen ganzen Tag zu arbeiten.
Der Werth der Arbeitskraft und ihre Verwerthung im Arbeits- prozeß sind also zwei verschiedne Größen. Diese Werthdifferenz hatte der Kapitalist im Auge, als er die Arbeitskraft kaufte. Ihre nützliche Eigenschaft, Garn oder Stiefel zu machen, war nur eine conditio sine qua non, weil Arbeit in nützlicher Form verausgabt werden muß, um Werth zu bilden. Was aber entschied, war der spezifische Gebrauchswerth dieser Waare, Quelle von Tauschwerth zu sein und von mehr Tauschwerth als sie selbst hat. Dieß ist der spezifische Dienst, den der Kapitalist von ihr erwartet.
Und er verfährt dabei den ewigen Gesetzen des Waarenaustausches gemäß. In der That, der Verkäufer der Arbeitskraft, wie der Verkäufer jeder andern Waare, realisirt ihren Tauschwerth und veräußert ihren Gebrauchswerth. Er kann den einen nicht erhalten, ohne den andern wegzugeben. Der Gebrauchswerth der Arbeitskraft, die Arbeit selbst, gehört eben so wenig ihrem Verkäufer, wie der Gebrauchswerth des verkauften Oels dem Oelhändler.
Der Geldbesitzer hat den Tageswerth der Arbeitskraft gezahlt; ihm gehört daher ihr Gebrauch während des Tages, die tagelange Arbeit. Der Umstand, daß die tägliche Erhaltung der Arbeitskraft nur einen halben Arbeitstag kostet, / obgleich die Arbeitskraft einen ganzen Tag wirken, arbeiten kann, daß daher der Werth, den ihr Gebrauch während eines Tags schafft, doppelt so groß ist als ihr eigner Tageswerth, ist ein besondres Glück für den Käufer, aber durchaus kein Unrecht gegen den Verkäufer.
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Das Kapital I, MEGA II/5, S. 143f.
Montag, 28. Dezember 2015
Das ganze Produkt gehört rechtmäßig dem Kapitalisten.
Der Kapitalist zahlt z. B. den Tageswerth der Arbeitskraft. Ihr Gebrauch, wie der jeder andern Waare, z. B. eines Pferdes, das er für einen Tag gemiethet, gehört ihm also für den Tag. Dem Käufer der Waare gehört der Gebrauch der Waare, und der Besitzer der Arbeitskraft giebt in der That nur den von ihm verkauften Gebrauchswerth, indem er seine Arbeit giebt. Von dem Augenblicke, wo er in die Werkstätte des Kapitalisten trat, gehörte der Gebrauchswerth seiner Arbeitskraft, also ihr Gebrauch, die Arbeit, dem Kapitalisten.
Der Kapitalist hat durch den Kauf der Arbeitskraft die Arbeit selbst als lebendigen Gährungsstoff den todten von ihm gleichfalls besessenen Bildungselementen des Produkts einverleibt. Von seinem Standpunkt ist der Arbeitsprozeß nur die Konsumtion der von ihm gekauften Waare Arbeitskraft, die er jedoch nur konsumiren kann, indem er ihr Produktionsmittel zusetzt.
Der Arbeitsprozeß ist ein Prozeß zwischen Dingen, die der Kapitalist gekauft hat, zwischen ihm gehörigen Dingen. Das Produkt dieses Prozesses gehört ihm daher ganz eben so sehr als das Produkt des Gährungspro-zesses in seinem Weinkeller.
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Das Kapital I, MEGA II/5, S. 136
Sonntag, 27. Dezember 2015
Der Gebrauch der Arbeitskraft ist die Arbeit selbst.
Der Gebrauch der Arbeitskraft ist die Arbeit selbst. Der Käufer der Arbeitskraft konsumirt sie, indem er ihren Verkäufer arbeiten läßt. Letztrer wird hierdurch actu sich bethätigende Arbeitskraft, Arbeiter, was er früher nur potentia war. Um seine Arbeit in Waaren darzustellen, muß er sie vor allem in Gebrauchswerthen darstellen, Sachen, die zur Befriedigung von Bedürfnissen irgend einer Art dienen. Es ist also ein besondrer Gebrauchs-werth, ein bestimmter Artikel, den der Kapitalist vom Arbeiter anfertigen läßt. Die Produktion von Gebrauchs-werthen, oder Gütern, ändert ihre allgemeine Natur nicht dadurch, daß sie für den Kapitalisten und unter sei-ner Kontrole vorgeht. Der Arbeitsprozeß ist daher zunächst in seinen abstrakten Momenten, unabhängig von jeder bestimmten gesellschaftlichen Form zu betrachten.
Der Arbeitsprozeß ist zunächst ein Prozeß zwischen dem Menschen und der Natur, ein Prozeß, worin er seinen Stoffwechsel mit der Natur durch seine eigne That vermittelt, regelt und kontrolirt. Der Mensch tritt dem Naturstoff selbst als eine Naturmacht gegenüber. Die seiner Leiblichkeit angehörigen Naturkräfte, Arme und Beine, Kopf und Hand, setzt er in Bewegung, um sich den Naturstoff in einer für sein eignes Leben brauchbaren Form zu assimiliren. Indem er durch diese Bewegung auf die Natur außer ihm wirkt und sie verändert, verändert er zugleich seine eigne Natur. Er entwickelt die in ihr schlummernden Potenzen und unterwirft das Spiel ihrer Kräfte seiner eignen Botmäßigkeit.
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Das Kapital I, MEGA II/5, S. 129
Samstag, 26. Dezember 2015
Der Durchschnitt ist's, der gilt.
Es ist nun entscheidend wichtig, daß während der Dauer des Prozesses, d. h. der Verwandlung von Baumwolle in Garn, nur die gesellschaftlich nothwendige Arbeitszeit verzehrt wird. Müssen unter normalen, d. h. durchschnittlichen gesellschaftlichen Produktionsbedingungen, a Pfund Baumwolle während einer Arbeitsstunde in b Pfund Garn verwandelt sein, so gilt nur der Arbeitstag als Arbeitstag von 12 Stunden, der 12 × a Pfund Baumwolle in 12 × b Pfund Garn verwandelt. Denn nur die gesellschaftlich nothwendige Arbeitszeit zählt als werthbildend.
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Das Kapital I, MEGA II/5, S. 140
Nota. – In der bürgerlichen Gesellschaft gilt, was zählt; und das ist der Durchschnitt: für den sorgt der Markt.
JE
Freitag, 25. Dezember 2015
'Gesellschaftlich notwendige' Arbeit ist ein Durchschnitt.
Sie zählt jedoch nur, soweit die zur Produktion des Gebrauchswerths verbrauchte Zeit gesellschaftlich noth-wendig ist. Es umfaßt dieß Verschiednes. Die Arbeitskraft muß unter normalen Bedingungen funktioniren. Ist die Spinnmaschine das gesellschaftlich herrschende Arbeitsmittel für die Spinnerei, so darf dem Arbeiter nicht ein Spinnrad in die Hand gegeben werden. Statt Baumwolle von normaler Güte muß er nicht Schund erhalten, der jeden Augenblick reißt. In beiden Fällen würde er mehr als die gesellschaftlich nothwendige Arbeitszeit zur Produktion eines Pfundes Garn verbrauchen, diese überschüssige Zeit aber nicht Werth oder Geld bilden. Der normale Charakter der gegenständlichen Arbeitsfaktoren hängt jedoch nicht vom Arbeiter, sondern vom Kapi-talisten ab.
Fernere Bedingung ist der normale Charakter der Arbeitskraft selbst. In dem Fach, worin sie verwandt wird, muß sie das herrschende Durchschnittsmaß von Geschick, Fertigkeit und Raschheit besitzen. Aber unser Ka-pitalist kaufte auf dem Arbeitsmarkt Arbeitskraft von normaler Güte. Diese Kraft muß in dem gewöhnlichen Durchschnittsmaß der Anstrengung, mit dem gesellschaftlich üblichen Grad von Intensivität verausgabt wer-den. Darüber wacht der Kapitalist eben so ängstlich, als daß keine Zeit ohne Arbeit vergeudet wird. Er hat die Arbeitskraft für bestimmte Zeitfrist gekauft. Er hält darauf das Seine zu haben. Er / will nicht bestohlen sein. Endlich – und hierfür hat derselbe Herr einen eignen code pénal – darf kein zweckwidriger Consum von Roh-material und Arbeitsmitteln stattfinden, weil vergeudetes Material oder Arbeitsmittel überflüssig verausgabte Quanta vergegenständlichter Arbeit darstellen, also nicht zählen und nicht in das Produkt der Werthbildung eingehn.
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Das Kapital I, MEGA II/5, S. 145f.
Nota. - Was als 'gesellschaftlich notwendig' zu gelten hat, lässt sich gar nicht so leicht in einen Begriff fassen. Dabei ist es reell ziemlich simpel: Es zeigt sich als Durchschnitt; nämlich auf dem Markt.
JE
Donnerstag, 24. Dezember 2015
Wie der Wert erhalten bleibt, III.
Indem die produktive Arbeit Produktionsmittel in Bildungselemente eines neuen Produkts verwandelt, geht mit deren Tauschwerth eine Seelenwanderung vor. Er geht aus dem verzehrten Leib in den neu gestalteten Leib über. Aber diese Seelenwanderung ereignet sich gleichsam hinter dem Rücken der wirklichen Arbeit.
Der Arbeiter kann neue Arbeit nicht zusetzen, also nicht neuen Werth schaffen, ohne alte Werthe zu erhalten, denn er muß die Arbeit immer in bestimmter nützlicher Form zusetzen, und er kann sie nicht in nützlicher Form zusetzen, ohne Produkte zu Produktionsmitteln eines neuen Produkts zu machen, und dadurch ihren Werth auf das neue Produkt zu übertragen.
Es ist also eine Naturgabe der sich bethätigenden Arbeitskraft, der lebendigen Arbeit, Werth zu erhalten, indem sie Werth zusetzt, eine Naturgabe, die dem Arbeiter nichts kostet, aber dem Kapitalisten viel einbringt, die Er-haltung des vorhandnen Kapitalwerths.
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Das Kapital I, MEGA II/5, S. 154
Nota. - Hier ist in specie die Rede von der Übertragung des Wertes von verschlissenem fixen Kapital, und das Argument heißt nicht: Der Wert dieses bestimmten Werkzeugs kann nur erhalten werden, indem – ja doch nicht ihm! – neue Arbeit zugesetzt wird, sondern umgekehrt: Die zugesetzte neue Arbeit kann nicht anders, als den Wert des verschlissenen Werkzeugs zu erhalten.
Die Druckfassung von Band I aus den Jahre 1867 ist später entstanden als das Manuskript von Band III, aus dem der gestrige Eintrag entnommen war; verbliebene Unsicherheiten waren inzwischen überwunden.
JE
Mittwoch, 23. Dezember 2015
Wie der Wert erhalten bleibt, II.
Denn es ist schon Buch I, Kap. V (Arbeitsproceß und Verwerthungsproceß)* nachgewiesen worden, wie durch bloßen Zusatz neuer Arbeit, obgleich sie den alten Werth nicht reproducirt, sondern nur Zusatz zu demselben schafft, nur zusätzlichen Werth schafft, / doch gleichzeitig der alte Werth im Produkt erhalten bleibt; daß dies aber geschieht von der Arbeit, nicht soweit sie werthschaffende, also Arbeit überhaupt ist, sondern in ihrer Funktion als bestimmte produktive Arbeit.
Es war also keine zusätzliche Arbeit nöthig, um den Werth des konstanten Theils in dem Produkt, worin die Revenue, d. h. der ganze während des Jahres geschaffne Werth, verausgabt wird, fortzuerhalten. Wohl aber ist neue zusätzliche Arbeit nöthig, um das während des vergangnen Jahrs nach seinem Werth und Gebrauchs-werth aufgezehrte konstante Kapital zu ersetzen, ohne welchen Ersatz die Reproduktion überhaupt unmöglich ist.
*)[in der Druckfassung von 1867: 3. Kapitel, 2; MEGA II/5, S. 154]
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Das Kapital III, MEGA II.15; S. 809f. [MEW 25, S. 843]
Nota. – So ganz ist Marx über den ungegenständlichen, gesellschaftlichen und quasi übersinnlichen Charakter des 'Werts' doch noch nicht mit sich im Reinen. – Das halbfertige Produkt wurde zwecks Fertigstellung von dem Kapitalisten B dem Kapitalisten A abgekauft. Es stellte bis dahin einen bestimmten Anteil an der 'gesell-schaftlich notwendigen' Gesamtarbeit dar = Wert. Was hätte dich daran geändert, bloß weil dieser Wert schon einmal 'realisiert', nämlich gegen Geld veräußert worden ist? Er hat ja dadurch nur die Hände gewechselt, ist aber nicht 'verbraucht' worden, indem sein Gebrauchswert aufgezehrt worden wäre. Er ist vielmehr 'erhalten' worden, indem das Produkt durch die Fertigstellung zu einem wirklicher Gebrauchswert überhaupt erst gewor-den ist. Es bleibt der Tauschwert (virtuell) erhalten, weil der intendierte Gebrauchswert vollendet wird.
JE
Dienstag, 22. Dezember 2015
Die Konkurrenz stellt den Durchschnitt her - nicht als Datum, sondern als Prozess.
Wir hatten in Buch II* diese Cirkulationssphäre natürlich nur darzustellen in Bezug auf die Formbestimmun-gen, die sie erzeugt, die Fortentwicklung der Gestalt des Kapitals nachzuweisen, die in ihr vorgeht. In der Wirk-lichkeit aber ist diese Sphäre die Sphäre der Konkurrenz, die, jeden einzelnen Fall betrachtet, vom Zufall be-herrscht ist; wo also das innere Gesetz, das in diesen Zufällen sich durchsetzt und sie regulirt, nur sichtbar wird, sobald diese Zufälle in großen Massen zusammengefaßt werden, wo es also den einzelnen Agenten der Produk-tion selbst unsichtbar und unverständlich bleibt.
Weiter aber: der wirkliche Produk-/tionsproceß, als Einheit des unmittelbaren Produktionsprocesses und des Cirkulationsprocesses, erzeugt neue Gestaltungen, worin mehr und mehr die Ader des innern Zusammenhangs verloren geht, die Produktionsverhältnisse sich gegen einander verselbständigen, und die Werthbestandtheile sich gegen einander in selbständigen Formen verknöchern.
*) Das Kapital II
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Das Kapital III, MEGA II.15; S. 803f. [MEW 25, S. 836]
Nota. - Die Wirklichkeit ist das, was geschieht und was man sieht: Das ist die Konkurrenz, und in der herrscht der Zufall. Erst die Gesamtschau des Wissenschaftlers lässt durchblicken, was in politisch-ökonomischer Hin-sicht das Bedeutende daran ist, und das sind nicht die vielen Zufälle, sondern die eine Durchschnittsregel.
JE
Montag, 21. Dezember 2015
Vorkapitalistische Herrschaftsformen mussten sich nicht verschleiern.
In frühern Gesellschaftsformen tritt diese ökonomische Mystifikation nur ein hauptsächlich in Bezug auf das Geld und das zinstragende Kapital. Sie ist der Natur der Sache nach ausgeschlossen, erstens wo die / Produk-tion für den Gebrauchswerth, für den unmittelbaren Selbstbedarf vorwiegt; zweitens wo, wie in der antiken Zeit und im Mittelalter, Sklaverei oder Leibeigenschaft die breite Basis der gesellschaftlichen Produktion bildet: die Herrschaft der Produktionsbedingungen über die Producenten ist hier versteckt durch die Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnisse, die als unmittelbare Triebfedern des Produktionsprocesses erscheinen und sichtbar sind.
In den ursprünglichen Gemeinwesen, wo naturwüchsiger Kommunismus herrscht, und selbst in den antiken städtischen Gemeinwesen, ist es dies Gemeinwesen selbst mit seinen Bedingungen, das als Basis der Produk-tion sich darstellt, wie seine Reproduktion als ihr letzter Zweck. Selbst im mittelalterlichen Zunftwesen er-scheint weder das Kapital noch die Arbeit ungebunden, sondern ihre Beziehungen durch das Korporationswe-sen und mit demselben zusammenhängende Verhältnisse und ihnen entsprechende Vorstellungen von Berufs-pflicht, Meisterschaft etc. bestimmt. Erst in der kapitalistischen Produktionsweise … [Hier bricht das Ms. ab.]
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Das Kapital III, MEGA II.15; S. 805f. [MEW 25, S. 839]
Nota. - Genauer gesagt, vorkapitalistische Herrschaftsformen konnten sich gar nicht verschleiern. Sie waren das, als was sie erschienen und erschienen als was sie waren. Die Grundherrschaft der Feudalen beruhte auf ihrer Zugehörigkeit zur Klasse des kriegführenden Adels oder einer geweihten Priesterschaft - was weitgehend auf dasselbe hinauslief. Sie war nicht durch ökonomische Abhängigkeiten "vermittelt", sondern sie begründeten dieselben. Dass ökonomische Abhängigkeiten politische Herrschaft begründen, ist vielmehr das auszeichnende Merkmal der bürgerlichen Verkehrsweise. Es ist dieser Umstand, der ideologisch verklärt werden muss, denn gerechtfertigt erscheint er nur im Sinne geltenden Rechts, nicht aber im Sinne höherer Gerechtigkeit.
So war hingegen die Feudalherrschaft als begründet - nämlich in höherer, überirdischer Ordnung. Nicht der Um- stand, dass sie herrschen, muss vertuscht werden, sondern die überzeitliche Gültigkeit jener Ordnung muss ze- lebriert und repräsentiert werden. Pracht und Luxus, die die Bourgeoisie vor den Augen des Publikums verstecken muss, sind in der Feudalordnung nicht Vergeudung, sondern werden als Verschwendung zu unverzichtbaren Attri- buten des Herrschens, und werden öffentlich zur Schau gestellt. Ihre Zurschaustellung ist fast das einzige Stück Öffentlichkeit, das sich mit der Feudalität verträgt.
JE
Sonntag, 20. Dezember 2015
Die ökonomische Grundmystifikation, alias Die Trinitarische Formel.
Im Kapital – Profit oder noch besser Kapital – Zins, Boden – Grundrente, Arbeit – Arbeitslohn, in dieser ökonomischen Trinität als dem Zusammenhang der Bestandtheile des Werths und des Reichthums überhaupt mit seinen Quellen, ist die Mystifikation der kapitalistischen Produktionsweise, die Verdinglichung der gesell-schaftlichen Verhältnisse, das unmittelbare Zusammenwachsen der stofflichen Produktionsverhältnisse mit ihrer geschichtlich-socialen Bestimmtheit vollendet: die verzauberte, verkehrte und auf den Kopf gestellte Welt, wo Monsieur le Capital und Madame la Terre als sociale Charaktere, und zugleich unmittelbar als bloße Dinge ihren Spuk treiben.
Es ist das große Verdienst der klas-/sischen Oekonomie, diesen falschen Schein und Trug, diese Verselbständi-gung und Verknöcherung der verschiednen gesellschaftlichen Elemente des Reichthums gegen einander, diese Personificirung der Sachen und Versachlichung der Produktionsverhältnisse, diese Religion des Alltagslebens aufgelöst zu haben, indem sie den Zins auf einen Theil des Profits, und die Rente auf den Ueberschuß über den Durchschnittsprofit reducirt, sodaß beide im Mehrwerth zusammenfallen; indem sie den Cirkulationsproceß als bloße Metamorphose der Formen darstellt, und endlich im unmittelbaren Produktionsproceß Werth und Mehrwerth der Waaren auf die Arbeit reducirt.
Dennoch bleiben selbst die besten ihrer Wortführer, wie es vom bürgerlichen Standpunkt nicht anders möglich ist, mehr oder weniger in der von ihnen kritisch aufgelösten Welt des Scheins befangen, und fallen daher alle mehr oder weniger in Inkonsequenzen, Halbheiten und ungelöste Widersprüche. Es ist dagegen andrerseits ebenso natürlich, daß die wirklichen Produktionsagenten in diesen entfremdeten und irrationellen Formen von Kapital – Zins, Boden – Rente, Arbeit – Arbeitslohn, sich völlig zu Hause fühlen, denn es sind eben die Gestal-tungen des Scheins, in welchem sie sich bewegen und womit sie täglich zu thun haben.
Es ist daher ebenso natürlich, daß die Vulgärökonomie, die nichts als eine didaktische, mehr oder minder dok-trinäre Uebersetzung der Alltagsvorstellungen der wirklichen Produktionsagenten ist, und eine gewisse verstän-dige Ordnung unter sie bringt, grade in dieser Trinität, worin der ganze innere Zusammenhang ausgelöscht ist, die naturgemäße und über allen Zweifel erhabene Basis ihrer seichten Wichtigthuerei findet. Diese Formel entspricht zugleich dem Interesse der herrschenden Klassen, indem sie die Naturnothwendigkeit und ewige Berechtigung ihrer Einnahmequellen proklamirt und zu einem Dogma erhebt.
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Das Kapital III, MEGA II.15; S. 804f. [MEW 25, S. 838f.]
Samstag, 19. Dezember 2015
Der ideale Durchschnitt als Begriff.
In der Darstellung der Versachlichung der Produktionsverhältnisse und ihrer Verselbständigung gegenüber den Produktionsagenten gehn wir nicht ein auf die Art und Weise, wie die Zusammenhänge durch den Weltmarkt, seine Konjunkturen, die Bewegung der Marktpreise, die Perioden des Kredits, die Cyklen der Industrie und des Handels, die Abwechslung der Prosperität und Krise, ihnen als übermächtige, sie willenlos beherrschende Na-turgesetze erscheinen und sich ihnen gegenüber als blinde Nothwendigkeit geltend machen. Deßwegen nicht, weil die wirkliche Bewegung der Konkurrenz außerhalb unsers Plans liegt, und wir nur die innere Organisation der kapitalistischen Produktionsweise, sozusagen in ihrem idealen Durchschnitt, darzustellen haben.
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Das Kapital III, MEGA II.15; S. 805 [MEW 25, S. 839]
Nota. - Alfred Sohn-Rethel (in Geistige und körperliche Arbeit)hat für den 'Wert' den Begriff Realabstraktion geprägt; das ist gut, weil es paradox klingt. Allerdings nur dann gut, wenn man sich klarmacht, dass der Begriff für jeden statistischen Durchschnitt gilt: Er erscheint nirgends, er muss, wenn es überhaupt möglich ist, errechnet werden. Aber er wirkt doch. (Oder bessere gesagt: Alles, was wirklich wirkt, 'erscheint' gemeinsam nur als errechneter Durchschnitt.)
JE
Freitag, 18. Dezember 2015
Verdinglichung und Begriffe.
Die Arbeit als solche, in ihrer einfachen Bestimmtheit als zweckmäßige produktive Thätigkeit, bezieht sich auf die Produktionsmittel, nicht in deren gesellschaftlicher Formbestimmtheit, sondern in ihrer stofflichen Sub-stanz, als Material und Mittel der Arbeit, die sich ebenfalls nur stofflich, als Gebrauchswerthe von einander unterscheiden, die Erde als unproducirtes, die andren als producirte Arbeitsmittel.
Fällt also die Arbeit mit der Lohnarbeit zusammen, so fällt auch die bestimmte gesellschaftliche Form, worin die Arbeitsbedingungen nun der Arbeit gegenüberstehn, zusammen mit ihrem stofflichen Dasein. Die Arbeits-mittel sind dann als solche Kapital, und die Erde als solche ist Grundeigenthum. Die formale Verselbständi-gung dieser Arbeitsbedingungen gegenüber der Arbeit, die besondre Form dieser Verselbständigung, die sie gegenüber der Lohnarbeit besitzen, ist dann eine von ihnen als Dingen, als materiellen Produktionsbedingun-gen untrennbare Eigenschaft, ein ihnen als Produktionselementen nothwendig zukommender, immanent eingewachsener Charakter.
Ihr durch eine bestimmte Geschichtsepoche bestimmter socialer Charakter im kapitalistischen Produktionspro-ceß ist ein ihnen naturgemäß, und sozusagen von Ewigkeit her, als Elementen des Produktionsprocesses einge-borner dinglicher Charakter.
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Das Kapital III, MEGA II.15; S. 800 [MEW 25, S. 833]
Donnerstag, 17. Dezember 2015
Das Wucherkapital spielt keine selbstständige Rolle.
Beides, sowohl der Ruin der reichen Grundeigenthümer durch den Wucher, wie die Aussaugung der kleinen Producenten führt zur Bildung und Koncentration großer Geldkapitalien.
Wie weit aber dieser Proceß die alte Produktionsweise aufhebt, wie dies im modernen Europa der Fall war, und ob er an ihrer Stelle die kapitalistische Produktionsweise setzt,/ hängt ganz von der historischen Entwicklungs-stufe und den damit gegebnen Umständen ab.
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Das Kapital III, MEGA II.15; S. 584f. [MEW 25, S. 608]
Mittwoch, 16. Dezember 2015
Das Wucherkapital gehört zur Kleinproduktion.
Das Wucherkapital als charakteristische Form des zinstragenden Kapitals entspricht dem Vorherrschen der kleinen Produktion, der selbstarbeitenden Bauern und kleinen Handwerksmeister.
Wo dem Arbeiter, wie in der entwickelten kapitalistischen Produktionsweise, die Arbeitsbedingungen und das Produkt der Arbeit als Kapital gegenübertreten, hat er als Producent kein Geld zu borgen. Wo er es borgt, ge-schieht es wie im Pfandhaus für persönliche Nothdurft. Wo der Arbeiter dagegen Eigenthümer, wirklicher oder nomineller, seiner Arbeitsbedingungen und seines Produkts ist, steht er als Producent im Verhältniß zum Kapi-tal des Geldverleihers, das ihm als Wucherkapital gegenübertritt.
Newman drückt die Sache fad aus, wenn er sagt, daß der Bankier angesehn ist, während der Wucherer verhaßt und verachtet ist, weil jener den Reichen leiht, dieser den Armen. (J. W. Newman, Lectures on Pol. Econ. Lon-don 1851. p. 44.) Er übersieht, daß hier der Unterschied zweier gesellschaftlicher Produktionsweisen und der ihnen entsprechenden gesellschaftlichen Ordnungen dazwischenliegt, und die Sache nicht mit dem Gegensatz von Arm und Reich abgemacht ist.
Vielmehr geht der Wucher, der den armen Kleinproducenten aussaugt, Hand in Hand mit dem Wucher, der den reichen Großgrundbesitzer aussaugt. Sobald der Wucher der römischen Patricier die römischen Plebejer, die Kleinbauern, völlig ruinirt hatte, hatte diese Form der Ausbeutung ein Ende, und trat die reine Sklaven-wirthschaft an die Stelle der kleinbäuerlichen.
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Das Kapital III, MEGA II.15; S. 585 [MEW 25, S. 608f.]
Dienstag, 15. Dezember 2015
Der Wucher wirkt nur zersetzend.
flickr
Der Wucher wirkt so einerseits untergrabend und zerstörend auf den antiken und feudalen Reichthum und auf das antike und feudale Eigenthum. Andrerseits untergräbt und ruinirt er die kleinbäuerliche und kleinbürgerli-che Produktion, kurz alle Formen, worin der Producent noch als Eigenthümer seiner Produktionsmittel er-scheint. In der ausgebildeten kapitalistischen Produktionsweise ist der Arbeiter nicht Eigenthümer der Produk-tionsbedingungen, des Ackers, den er bebaut, des Rohstoffs, den er verarbeitet, etc.
Dieser Entfremdung der Produktionsbedingung vom Producenten entspricht hier aber eine wirkliche Umwäl-zung in der Produktionsweise selbst. Die vereinzelten Arbeiter werden in großer Werkstatt vereinigt zu getheil-ter, ineinander greifender Thätigkeit; das Werkzeug wird zur Maschine. Die Produktionsweise selbst erlaubt nicht mehr diese mit dem kleinen Eigenthum verbundne Zersplitterung der Produktionsinstrumente, so wenig wie die Isolirung der Arbeiter selbst. In der kapitalistischen Produktion kann der Wucher nicht mehr die Pro-duktionsbedingungen vom Producenten scheiden, weil sie bereits geschieden sind.
Der Wucher centralisirt Geldvermögen, wo die Produktionsmittel zersplittert sind. Er ändert die Produktions-weise nicht, sondern saugt sich an sie als Parasit fest und macht sie miserabel. Er saugt sie aus, entnervt sie, und zwingt die Reproduktion unter immer erbärmlichern Bedingungen vorzugehn. Daher der populäre Haß gegen den Wucher, am höchsten in der antiken Welt, wo das Eigenthum des Producenten an seinen Produktionsbe-dingungen zugleich Basis der politischen Verhältnisse, der Selbständigkeit des Staatsbürgers.
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Das Kapital III, MEGA II.15; S. 586 [MEW 25, S. 610]
Der Wucher wirkt so einerseits untergrabend und zerstörend auf den antiken und feudalen Reichthum und auf das antike und feudale Eigenthum. Andrerseits untergräbt und ruinirt er die kleinbäuerliche und kleinbürgerli-che Produktion, kurz alle Formen, worin der Producent noch als Eigenthümer seiner Produktionsmittel er-scheint. In der ausgebildeten kapitalistischen Produktionsweise ist der Arbeiter nicht Eigenthümer der Produk-tionsbedingungen, des Ackers, den er bebaut, des Rohstoffs, den er verarbeitet, etc.
Dieser Entfremdung der Produktionsbedingung vom Producenten entspricht hier aber eine wirkliche Umwäl-zung in der Produktionsweise selbst. Die vereinzelten Arbeiter werden in großer Werkstatt vereinigt zu getheil-ter, ineinander greifender Thätigkeit; das Werkzeug wird zur Maschine. Die Produktionsweise selbst erlaubt nicht mehr diese mit dem kleinen Eigenthum verbundne Zersplitterung der Produktionsinstrumente, so wenig wie die Isolirung der Arbeiter selbst. In der kapitalistischen Produktion kann der Wucher nicht mehr die Pro-duktionsbedingungen vom Producenten scheiden, weil sie bereits geschieden sind.
Der Wucher centralisirt Geldvermögen, wo die Produktionsmittel zersplittert sind. Er ändert die Produktions-weise nicht, sondern saugt sich an sie als Parasit fest und macht sie miserabel. Er saugt sie aus, entnervt sie, und zwingt die Reproduktion unter immer erbärmlichern Bedingungen vorzugehn. Daher der populäre Haß gegen den Wucher, am höchsten in der antiken Welt, wo das Eigenthum des Producenten an seinen Produktionsbe-dingungen zugleich Basis der politischen Verhältnisse, der Selbständigkeit des Staatsbürgers.
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Das Kapital III, MEGA II.15; S. 586 [MEW 25, S. 610]
Montag, 14. Dezember 2015
Der Wucher selbst macht noch kein Kapital.
Soweit Sklaverei herrscht, oder soweit das Mehrprodukt vom Feudalherrn und seiner Gefolgschaft aufgegessen wird, und Sklavenbesitzer oder Feudalherr dem Wucher verfallen, bleibt die Produktionsweise auch dieselbe; nur wird sie härter für die Arbeiter. Der verschuldete Sklavenhalter oder Feudalherr saugt mehr aus, weil er selbst mehr ausgesaugt wird.
Oder schließlich macht er dem Wucherer Platz, der selbst Grundeigenthümer oder Sklavenbesitzer wird, wie der Ritter im alten Rom. An die Stelle der alten Ausbeuter, deren Exploitation mehr oder minder patriarcha-lisch, weil großentheils politisches Machtmittel war, tritt ein harter, geldsüchtiger Emporkömmling. Aber die Produktionsweise selbst wird nicht verändert.
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Das Kapital III, MEGA II.15; S. 587 [MEW 25, S. 610]
Sonntag, 13. Dezember 2015
Rolle des Wuchers bei der Bildung des Kapitals.
Der Wucher ist gegenüber dem konsumirenden Reichthum historisch wichtig als selbst ein Entstehungsproceß des Kapitals. Wucherkapital und Kaufmannsvermögen vermitteln die Bildung eines vom Grundeigenthum un-abhängigen Geldvermögens. Je weniger der Charakter des Produkts als Waare sich entwickelt, je weniger sich der Tauschwerth der Produktion in ihrer ganzen Breite und Tiefe bemächtigt hat, desto mehr erscheint Geld als der eigentliche Reichthum als solcher, als der allgemeine Reichthum, gegenüber seiner beschränkten Dar-stellungsweise in Gebrauchswerthen. Darauf beruht die Schatzbildung.
Abgesehn vom Geld als Weltgeld und Schatz, ist es namentlich die Form des Zahlungsmittels, worin es als absolute Form der Waare auftritt. Und es ist namentlich seine Funktion als Zahlungsmittel, die den Zins und damit das Geldkapital entwickeln. Was der verschwenderische und korrumpirende Reichthum will, ist Geld als Geld, Geld als Mittel alles zu kaufen. (Auch zum Schuldenzahlen.)
Wozu der kleine Producent vor allem Geld braucht, ist zum Zahlen. (Die Verwandlung der Naturalleistungen und Lieferungen an Grundherrn und Staat in Geldrente und Geldsteuern spielt hier eine große Rolle.) In bei-den Fällen wird das Geld als Geld gebraucht. Auf der andren Seite wird die Schatzbildung erst real, erfüllt ihren Traum im Wucher.
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Das Kapital III, MEW 25, S. 611f. [ MEGA II.15, S. 588]
Nota. - Nicht das Geld selber, soviel es auch sein mag, ist Kapital. Zu Kapital wird es erst, indem es gegen Arbeit ausgetauscht wird. Dazu muss einerseits Arbeit regelmäßig als Ware zum Kauf angeboten werden, und muss die Technik Unternehmungen von solchem Umfang erlauben, die den regelmäßigen Ankauf von Arbeit lukrativ machen. Dafür wiederum musste eine gewisse Menge von Geld zuvor angehäuft worden sein; und sei es zunächst als Schatz.
Das sind historisch-faktische Bedingungen, die mit dem 'Begriff' des Geldes gar nichts zu tun haben. Sie gehen im wesentlichen auf Kosten der Landwirtschaft; auf Kosten der Bauern, die ihre in Geld verwandelten Feudal-lasten bezahlen müssen, ohne selber Geldeinkommen zu erzielen; und auf Kosten der Landadligen, die mehr verpulvern, als sie ihren Bauern abpressen können, und daher pumpen müssen.
JE
Freitag, 11. Dezember 2015
Die Arbeit des Herrschens und Leitens.
Daß die Herrschaft, wie im politischen, so im ökonomischen Gebiet, den Gewalthabern die Funktionen des Herrschens auflegt, d. h. auf ökonomischem Gebiet also, daß sie verstehn müssen, die Arbeitskraft zu konsu-miren – sagt Aristoteles mit dürren Worten und fügt hinzu, daß kein großes Wesen mit dieser Aufsichtsarbeit zu machen sei, weshalb der Herr, sobald er vermögend genug ist, die "Ehre" dieser Plackerei einem Aufseher überläßt. 375 / 398
Die Arbeit der Oberaufsicht und Leitung, soweit sie aus dem gegensätzlichen Charakter, aus der Herrschaft des Kapitals über die Arbeit entspringt, und daher allen auf dem Klassengegensatz beruhenden Produktionsweisen mit der kapitalistischen gemeinsam ist, ist auch im kapitalistischen System unmittelbar und unzertrennbar ver-quickt mit den produktiven Funktionen, die alle kombinirte gesellschaftliche Arbeit einzelnen Individuen als besondre Arbeit auferlegt. Der Arbeitslohn eines Epitropos oder régisseur, wie er im feudalen Frankreich hieß, trennt sich vollständig vom Profit und nimmt auch die Form des Arbeitslohns für geschickte Arbeit an, sobald das Geschäft auf hinreichend großer Stufenleiter betrieben wird, um einen solchen Dirigenten (manager) zu zahlen, obgleich deßwegen unsre industriellen Kapitalisten noch lange nicht "Staatsgeschäfte treiben oder phi-losophiren". 376 / 399f.
Dem Geldkapitalisten gegenüber ist der industrielle Kapitalist Arbeiter, aber Arbeiter als Kapitalist, d. h. als Exploiteur fremder Arbeit. Der Lohn, den er für diese Arbeit beansprucht und bezieht, ist genau gleich dem angeeigneten Quantum fremder Arbeit und hängt direkt ab, soweit er sich der nothwendigen Mühe der Exploi-tation unterzieht, vom Ausbeutungsgrad dieser Arbeit, nicht aber vom Grad der Anstrengung, die diese Exploi-tation ihm kostet, und die er gegen mäßige Zahlung auf einen Dirigenten abwälzen kann. Nach jeder Krisis kann man in den englischen Fabrikbezirken genug Ex-Fabrikanten sehn, die ihre eignen frühern Fabriken jetzt als Dirigenten der neuen Eigenthümer, oft ihrer Gläubiger, für einen billigen Lohn beaufsichtigen. 377/ 400f.
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Das Kapital III, MEGA II.15; S. 375; 376; 377 [MEW 25, S. 398; 399f.; 400f.]
Donnerstag, 10. Dezember 2015
Realer Gegensatz und logischer Widerspruch.
Gleichzeitig mit dem Fall der Profitrate wächst die Masse des Kapitals und geht Hand in Hand mit mit ihr eine Entwertung des vorhandnen Kapitals, welche diesen Fall aufhält und der Akkumulation von Kapitalwert einen beschleunigenden Antrieb gibt.
Gleichzeitig mit der Entwicklung der Produktivkraft entwickelt sich die höhere Zusammensetzung des Kapi-tals, die relative Abnahme des variablen Teils gegen den konstanten.
Diese verschiednen Einflüsse machen sich bad nebeneinander im Raum, bald mehr nacheinander in der Zeit geltend; periodisch macht sich der Konflikt der widerstreitenden Agentien in Krisen Luft. Die Krisen sind immer nur gewaltsame Lösungen der vorhandnen Widersprüche, gewaltsame Eruptionen, die das gestörte Gleichgewicht für den Augenblick wiederherstellen.
Der Widerspruch, ganz allgemein ausgedrückt, besteht darin, dass die kapitalistische Produktionsweise die Tendenz einschließt nach absoluter Entwicklung der Produktivkräfte, abgesehn vom Wert und dem in ihm eingeschlossenen Mehrwert, auch abgesehn von den gesellschaftlichen Verhältnissen, innerhalb deren die kapitalistische Produktion stattfindet; während sie andererseits die Erhaltung des existierenden Kapitalwerts und sein Verwertung im höchsten Maß (d. h. beschleunigten Anwachs dieses Werts) zum Ziel hat. Ihr spezi-fischer Charakter ist auf den vorhandnen Kapitalwert als Mittel zur größtmöglichen Verwertung dieses Werts gerichtet. Die Methoden, wodurch sie dies erreicht, schließen ein: Abnahme der Profitrate, Entwertung des vorhandnen Kapitals und Entwicklung der Produktivkräfte der Arbeit auf Kosten der schon produzierte Pro-duktivkräfte.
Die periodische Entwertung des vorhandnen Kapitals, die ein der kapitalistischen Produktionsweise immanen-tes Mittel ist, den Fall der Profitrate / aufzuhalten und die Akkumulation von Kapitalwert durch Bildung von Neuwert zu beschleunigen, stört die gegebnen Verhältnisse, worin sich der Zirkulationsprozess des Kapitals vollzieht, und ist daher begleitet von plötzlichen Stockungen und Krisen des Produktionsprozesses.
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Das Kapital III, MEW 25, S. 259f. [ MEGA II.15, S. 245f.]
Nota. – Die theoretische Bedeutung obiger Passage für die elementare Stellung des Falls der Profitrate in der Theorie des Kapitals ist offenkundig. –
Aber sie hat eine meta-theoretische Seite: Der buchstäblich Grund-legende Denkfehler der rationalistischen metaphysischen Systeme war die Identifizierung von logischem Grund mit realer Ursache (von Sein und Gel-tung). Die Vermengung von (logischem) Widerspruch und (realem) Gegensatz ist nur ihre Umkehrung. Und in dieser Gestalt taucht sie unverhofft bei Marx wieder auf: Es ist ein Überrest seines 'Kokettierens mit der Hegel' schen Ausdrucksweise', in dem sich allerdings eine andauernde Unsicherheit über die sog. dialektischen Methode verbirgt, die Marx immer wieder dazu verleitet, die logische Darstellung mit der reellen Beschreibung zu ver-mengen.
Dass der Produktionsprozess und der Zirkulationsprozess nicht in derselben Geschwindigkeit und auch nicht am selben 'Platz' geschehen und ihre Synchronisierung periodisch durch Selbstvernichtung eines Teils des Kapitals wiederhergestellt werden muss, ist ein Realvorgang. Dass das unbegrenzte Wachstum der Produktion und ihre gleichzeitige Begrenzung durch die Verwertungsmöglichkeit im Begriff des Kapitals beieinander liegen, ist dagegen ein logischer Widerspruch. Es ist aber nicht die Logik, die den Prozesse antreibt – sie beschreibt ihn lediglich. Und dass etwas im Begriff widersprüchlich ist, bedeutet noch nicht, dass es in der Realität auf seine Auflösung hindrängt.
Das hat Marx auch nicht sagen wollen? Nein, sicher nicht. Aber er hat sich so ausgedrückt, dass epigonale Buchstabengelehrte es (in behördlichem Auftrag) so darstellen konnten.
JE
Dienstag, 8. Dezember 2015
Wie bei wachsendem Mehrwert der Profit sinkt.
Sobald die neue Produktionsweise anfängt sich auszubreiten, und damit der Beweis thatsächlich geliefert ist, daß diese Waaren wohlfeiler producirt werden können, müssen die Kapitalisten, die unter den alten Produkti-onsbedingungen arbeiten, ihr Produkt unter ihrem vollen Produktionspreis verkaufen, weil der Werth dieser Waare gefallen ist, die von ihnen zur Produktion erheischte Arbeitszeit über der gesellschaftlichen steht. Mit einem Wort – es erscheint dies als Wirkung der Konkurrenz – sie müssen ebenfalls die neue Produktionsweise einführen, worin das Ver- hältniß des variablen Kapitals zum konstanten vermindert ist.
Alle Umstände, die bewirken, daß die Anwendung der Maschinerie den Preis der damit producirten Waaren verwohlfeilert, reduciren sich stets auf Verringerung des Quantums Arbeit, das von einer einzelnen Waare ab-sorbirt wird; zweitens aber auf Verringerung des Verschleißtheils der Maschinerie, dessen Werth in die einzelne Waare eingeht. Je weniger rasch der Verschleiß der Maschinerie, auf desto mehr Waaren vertheilt er sich, desto mehr lebendige Arbeit ersetzt sie bis zu ihrem Reproduktionstermin. In beiden Fällen vermehrt sich Quantum und Werth des fixen konstanten Kapitals gegenüber dem variablen.
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Das Kapital III, MEGA II.15; S. 261 [MEW 25, S. 275f.]
Nota. – Der Mehrwert ist das Verhältnis des neu hinzugefügten Werts zum Wert der lebendigen Arbeit (=va-riables Kapital). Der Profit ist das Verhältnis dieses Mehrwerts zum eingesetzten Gesamtkapital; wenn der Wert des konstanten+fixen Kapitals absolut stärker wächst als der Mehrwert, vermindert sich die Profitrate. (Beden-kend immer: Der Profit erscheint als Gewinn in der Unternehmensbilanz; der Mehrwert lässt sich nicht einmal errechnen.)
JE
Montag, 7. Dezember 2015
Die Schranke des Fortschritts.
Eine Entwicklung der Produktivkräfte, welche die absolute Anzahl der Arbeiter verminderte, d. h., in der That die ganze Nation befähigte, in einem geringern Zeittheil ihre Gesammtproduktion zu vollziehn, würde Revolu-tion herbeiführen, weil sie die Mehrzahl der Bevölkerung außer Kurs setzen würde. Hierin erscheint wieder die specifische Schranke der kapitalistischen Produktion, und daß sie keineswegs eine absolute Form für die Ent-wicklung der Produktivkräfte und Erzeugung des Reichthums ist, vielmehr mit dieser auf einem gewissen Punkt in Kollision tritt.
Partiell erscheint diese Kollision in periodischen Krisen, die aus der Ueberflüssigmachung bald dieses bald je-nes Theils der Arbeiterbevölkerung in ihrer alten Beschäftigungsweise hervorgehn. Ihre Schranke ist die über-schüssige Zeit der Arbeiter. Die absolute Ueberschußzeit, die die Gesellschaft gewinnt, geht sie nichts an. Die Entwicklung der Produktivkraft ist ihr nur wichtig, sofern sie die Mehrarbeitszeit der Arbeiterklasse vermehrt, nicht die Arbeitszeit für die materielle Produktion überhaupt vermindert; sie bewegt sich so im Gegensatze.
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Das Kapital III, MEGA II.15; S. 260 [MEW 25, S. 274]
Nota. - Einstweilen sieht es immer noch so aus, als könne das kapitalistische System die Erübrigung menschli-cher Arbeit, die die digitale Revolution mit sich bringt, nicht verkraften. Überschüssige Zeit bedeutet auch weiterhin nur Arbeitslosigkeit; statt Reichtum wird Mangel erzeugt.
JE
Sonntag, 6. Dezember 2015
Der größte Teil des Bankkapitals ist rein fiktiv.
Die Reservefonds der Banken, in Ländern entwickelter kapitalistischer Produktion, drücken immer im Durchschnitt die Größe des als Schatz vorhandnen Geldes aus, und ein Theil dieses Schatzes besteht selbst wieder aus Papier, bloßen Anweisungen auf Gold, die aber keine Selbstwerthe sind. Der größte Theil des Bankierkapitals ist daher rein fiktiv und besteht aus Schuldforderungen (Wechseln), Staatspapieren (die ver-gangnes Kapital repräsentiren) und Aktien (Anweisungen auf künftigen Ertrag).
Wobei nicht vergessen werden muß, daß der Geldwerth des Kapitals, den diese Papiere in den Panzerschrän-ken des Bankiers vorstellen, selbst soweit sie Anweisungen auf sichre Erträge (wie bei den Staatspapieren) oder soweit sie Eigenthumstitel auf wirkliches Kapital (wie bei den Aktien), durchaus fiktiv ist und von dem Werth des wirklichen Kapitals, das sie wenigstens theilweise vorstellen, abweichend regulirt wird; oder wo sie bloße Forderung auf Erträge vorstellen und kein Kapital, die Forderung auf denselben Ertrag in beständig wechseln-dem fiktivem Geldkapital sich ausdrückt. Außerdem kommt noch hinzu, daß dies fiktive Bankierkapital gro-ßentheils nicht sein Kapital, sondern das des Publikums vorstellt, das bei ihm deponirt, sei es mit, sei es ohne Zinsen.
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Das Kapital III, MEGA II.15; S. 467. [MEW 25, S. 487]
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