Dienstag, 17. Januar 2017

Und wenn die Profitrate tatsächlich fiele?



Die Profitrate, d. h. der verhältnißmäßige Kapitalzuwachs ist vor allem wichtig für alle neuen, sich selbständig gruppirenden Kapitalableger. Und sobald die Kapitalbildung ausschließlich in die Hände einiger wenigen, ferti- gen Großkapitale fiele, für die die Masse des Profits die Rate aufwiegt, wäre überhaupt das belebende Feuer der Produktion erloschen. Sie würde einschlummern. 

Die Profitrate ist die treibende Macht in der kapitalistischen Produktion, und es wird nur producirt, was und soweit es mit Profit producirt werden kann. Daher die Angst der englischen Oekonomen über die Abnahme der Profitrate. Daß die bloße Möglichkeit Ricardo beunruhigt, zeigt gerade sein tiefes Verständniß der Beding- ungen der kapitalistischen Produktion. Was ihm vorgeworfen wird, daß er, um die „Menschen“ unbekümmert, bei Betrachtung der kapitalistischen Produktion nur die Entwicklung der Produktivkräfte im Auge hat - mit welchen Opfern an Menschen und Kapitalwerthen immer erkauft – ist gerade das Bedeutende an ihm. 

Die Entwicklung der Produk-/tivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit ist die historische Aufgabe und Berechti- gung des Kapitals. Eben damit schafft es unbewußt die materiellen Bedingungen einer höhern Produktions- form. Was Ricardo beunruhigt, ist daß die Profitrate, der Stachel der kapitalistischen Produktion, und Beding- ung wie Treiber der Akkumulation, durch die Entwicklung der Produktion selbst gefährdet wird. 

Und das quantitative Verhältniß ist hier alles. Es liegt in der That etwas Tieferes zu Grunde, das er nur ahnt. Es zeigt sich hier in rein ökonomischer Weise, d. h. vom Bourgeoisstandpunkt, innerhalb der Grenzen des kapitali- stischen Verstandes, vom Standpunkt der kapitalistischen Produktion selbst, ihre Schranke, ihre Relativität, daß sie keine absolute, sondern nur eine historische, einer gewissen beschränkten Entwicklungsepoche der materiel- len Produktionsbedingungen entsprechende Produktionsweise ist.
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Das Kapital III, MEGA II/15,  S. 255f. [MEW 25, S. 269f.]
 



Nota. - Der Kapitalist braucht den Profit, weil er mit andern konkurriert und wachsen muss, und er braucht mehr Profit als sie, weil sonst sie auf seine Kosten wachsen; braucht mehr als der Durchschnitt; mehr als die gewöhnliche Rate.

Soviel für den einzelnen Kapitalisten. Für das Kapital insgesamt gilt, dass sich neues Kapital nur ab einem be- stimmten Quantum bilden kann: Je höher die "organische Zusammensetzung", d. h. der konstante, hier vor allem: der fixe Anteil in einem Industriezweig oder der ganzen Industrie ist, umso mehr Geld ist auszulegen, um einen neuen Betrieb überhaupt eröffnen zu können. Schließlich können überhaupt nur noch Industrieriesen, die so große Geschäft machen, dass sie auch bei niedriger Rate noch eine zureichende Masse an Profit erzielen, ihre Produktion ausweiten. Sobald sie unter sich wären, spielte die Rate keine Rolle mehr und könnte gegen 0 sinken. "Sie würde einschlummern."
JE 

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