Freitag, 27. Juli 2018

Intensität der Arbeit und Ausbeutungsgrad.

 
Insofern die Intensivität der Arbeit – bei sonst gleichen Umständen – gemessen wird durch die Masse Product, die der Arbeiter in einer bestimmten Zeit liefert, muß man, wenn man die Zeitlöhne (z. B. den Lohn des Ar- beitstags von gegebner Länge) in verschiednen Ländern vergleicht, zugleich vergleichen, wie sich diese Löhne verhalten, wenn als Stücklohn ausgedrückt. Man erhält erst dadurch das wahre Verhältniß zwischen nothwen- diger und Mehrarbeit, oder zwischen Arbeitslohn und Mehrwerth. 

Es wird sich dann oft finden, daß obgleich der scheinbare Zeitlohn höher in reichen Ländern, der Stücklohn höher in armen Ländern ist, der Arbeiter hier also in der That einen grössern Theil des Arbeitstags zur Repro- duction seines Salairs erheischt als dort, also die Rate des Mehrwerths hier kleiner ist als dort und der verhält- nißmässige Arbeitslohn daher grösser. In der That also der reale Preiß der Arbeit hier höher ist als dort. 

Verschiedne Nationen betrachtet macht ausser der Dauer und der vom einzelnen Arbeiter unabhängigen Pro- ductivität die Intensivität eben so grossen Unterschied wie die Dauer des Arbeitstags. Der intensivere Nationale Arbeitstag gilt = dem weniger intensiven + x. Nimmt man den Arbeitstag der Gold und Silber producirenden Länder als das Maaß des internationalen Arbeitstags an, so wird sich der intensivere englische Arbeitstag von 12 Stunden z. B. in mehr Gold ausdrücken als der weniger intensive spanische; d. h. er wird höher im Verhältniß zu dem mittleren im Gold und Silber realisirten Arbeitstag stehn. 

Ein höhrer nationaler Arbeitslohn, den gesammten Tag von einer gegebnen Länge betrachtet, höher nicht nur dem Gebrauchswerth, sondern dem Tauschwerth nach und daher auch im Geldausdruck (gegebnen Werth von Gold und Silber vorausgesezt, muß höhrer Geldausdruck immer mehr Werth und niedrigrer immer minder Werth ausdrücken; die Geldlöhne der Arbeiter bei verschiednen Nationen gleichzeitig betrachtet ist der Werth von Gold und Silber stets als gegeben vorausgesetzt, da selbst ein Wechsel in diesem Werth für die verschied- nen Nationen gleichzeitig, also so weit ihr wechselseitiges Verhältniß angeht, kein Wechsel vorhanden ist.) un- terstellt also in der That keinen höhren Preiß der Arbeit, als Preiß für bestimmtes Arbeitsquantum. 

Bei längrer Arbeitsdauer, wie, was international dasselbe, bei größrer Intensivität der Arbeit, kann der Arbeits- lohn in dem einen Land höher sein als in dem andren, aber erstens dennoch einen kleinren Theil des Gesamt- tags ausmachen, also re- lativ kleiner sein und zweitens selbst einen geringren Preiß der Arbeit darstellen. Z. B. erhält der Arbeiter täglich 3 sh. für 12 Stunden, so ist das weniger als wenn sein Taglohn 2 1/2 sh. für 11 Stun- den beträgt. Denn die /  eine Stunde Mehrarbeit schließt eine viel grössere Abnutzung, also raschre Reproduc- tion des Arbeitsvermögens ein. Noch grösser wäre der Unterschied wenn die 2 1/2 sh. für 10, und die 3 für        2 1/2  d. h. aus der Production einen höhren Werth zurückzuerhalten als die Summe der Werthe beträgt, die der Capitalist in ihm und für ihn (den Productionsproceß) vorschoß. 

Die Production der Waaren selbst erscheint nur als ein Mittel für diesen Zweck, wie überhaupt der Arbeits- proceß nur als Mittel des Verwerthungsprocesses erscheint. Verwerthungsproceß ist hier zu nehmen nicht in dem frühren Sinn als Werthbildungsproceß, sondern als Proceß für die Bildung von Mehrwerth. Dieß Resultat wird aber zu Wege gebracht, so weit die lebendige Arbeit, die der Arbeiter zu leisten hat, und die sich daher auch in dem Product seiner Arbeit vergegenständlicht, grösser ist als die im variablen Capital enthaltne oder in Arbeitslohn ausgelegte Arbeit oder, was dasselbe, als die zur Reproduction des Arbeitsvermögens erheischte Arbeit.
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Ökonomisches Manuskript 1863-1865, MEGA II/4.1, S. 17f.



Nota. - In den späten sechziger Jahren griff an den geisteswisssenschaftlichen Fakultäten der westlichen Uni- versitäten eine Bewusstseinsverfassung um sich, in der sich kanonische Marx-Vokabeln mit Dritte-Welt-Folk- lore verbanden. Es wurde die Frage gestellt, ob, und gar behauptet, dass die hohen Löhne in den westlichen Industrieländern der Ausbeutung der Völker der Dritten Welt geschuldet wären und die westlichen Arbeiter Kostgänger und Komplizen des Imperialismus seien.

Sie haben damals noch nicht verstanden, dass es sich  längst um einen Weltmarkt handelte. 

Dass Marx noch in Gold und Silber als festem Wertmaß umrechnen konnte, während wir damals am Dollar- kurs hingen, macht sachlich gar keinen Unterschied.
JE




Nota - Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und ihre Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Ihre Nachricht auf diesem Blog.  
JE

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