Montag, 21. Mai 2018

Reichtum ist nichts anderes als...

 

Wir finden bei den Alten nie eine Untersuchung, welche Form des Grundeigenthums etc die productivste, den größten Reichthum schafft? Der Reichthum erscheint nicht als Zweck der Production, obgleich sehr wohl Cato untersuchen kann, welche Bestellung des Feldes die einträglichste, oder gar Brutus sein Geld zu den besten Zinsen ausborgen kann. Die Untersuchung ist immer, welche Weise des Eigenthums die besten Staatsbürger schafft. Als Selbstzweck erscheint der Reichthum nur bei den wenigen Handelsvölkern – Monopolisten des carrying trade –, die in den Poren der alten Welt leben, wie die Juden in der mittelaltrigen Gesellschaft. 

Nun ist der Reichthum einerseits Sache, verwirklicht in Sachen, materiellen Producten, denen der Mensch als Subject gegenübersteht; andrerseits als Werth ist er bloses Commando über fremde Arbeit nicht zum Zweck der Herrschaft, sondern des Privatgenusses etc. In allen Formen erscheint er in dinglicher Gestalt, sei es Sache, sei es Verhältniß vermittelst der Sache, die ausser und zufällig neben dem Individuum liegt. So erscheint die alte Anschauung, wo der Mensch, in welcher bornirten nationalen, religiösen, politischen Bestimmung auch immer als Zweck der Production erscheint, sehr erhaben zu sein gegen die moderne Welt, wo die Production als Zweck des Menschen und der Reichthum als Zweck der Production erscheint. 

In fact aber, wenn die bornirte bürgerliche Form abgestreift wird, was ist der Reichthum anders, als die im universellen Austausch erzeugte Universalität der Bedürfnisse, Fähigkeiten, Genüsse, Productivkräfte etc der Individuen? Die volle Entwicklung der menschlichen Herrschaft über die Naturkräfte, die der s. g. Natur sowohl, wie seiner eignen Natur? Das absolute Herausarbeiten seiner schöpferischen Anlagen, ohne andre Voraussetzung als die vorhergegangne historische Entwicklung, die diese Totalität der Entwicklung, d. h. der Entwicklung aller menschlichen Kräfte als solcher, nicht gemessen an einem vorhergegebnen Maaßstab, zum Selbstzweck macht? wo er sich nicht reproducirt in einer Bestimmtheit, sondern seine Totalität producirt? Nicht irgend etwas Gewordnes zu bleiben sucht, sondern in der absoluten Bewegung des Werdens ist? 

In der bürgerlichen Oekonomie – und der Productionsepoche der sie entspricht – erscheint diese völlige Herausarbeitung des menschlichen Innern als völlige Entleerung; diese universelle Vergegenständlichung als totale Entfremdung, und die Niederreissung aller bestimmten einseitigen Zwecke als Aufopferung des Selbst- zwecks unter einen ganz äusseren Zweck. Daher erscheint einerseits die kindische alte Welt als das Höhere. Andrerseits ist sie es in alle dem, wo geschloßne Gestalt, Form, und gegebne Begrenzung gesucht wird. Sie ist Befriedigung auf einem bornirten Standpunkt; während das Moderne unbefriedigt läßt, oder wo es in sich befriedigt erscheint, gemein ist. 
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Grundrisse, MEGA II/1.2  S. 391f. [MEW 42, S. 395]


Nota. - Arbeit ist nicht Praxis, sondern Poiesis: Die Gleichsetzung der Waren setzt einander gleich die unter- schiedlichen besonderen Arbeiten: Arbeit-überhaupt. In der Gleichsetzung aller Arbeiten werden einander gleichgesetzt die Bedürfnisse, die zu befriedigen sie bestimmt sind. Bedürfnis-überhaupt setzt Reichtum-überhaupt. Reichtum-überhaupt setzt schöpferisches Vermögen überhaupt.

Das sind nicht logische Gleichsetzungen, sondern historisch-reelle: nicht begrifflich-statisch, sondern dyna- misch-prozessierend. Wer prozediert? Die handelnden Subjekte. Realvermittlung. Realreduktion. Realabstrak- tion.
JE




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